Shortlist Deutscher Buchpreis Welcher Roman ist der beste?
Marionetten, starke Frauen, depressive Väter: die sechs Kandidaten für den Deutschen Buchpreis stehen fest.
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Zwei Männer, vier Frauen: Thomas Hettche, Dorothee Elmiger, Deniz Ohde, Christine Wunnicke, Anne Weber, Bov Bjerg (von links oben im Uhrzeigersinn). In unserer Bildergalerie finden Sie die dazugehörigen Romane.
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Thomas Hettche: Herzfaden.Roman der Augsburger Puppenkiste. Kiepenheuer & Witsch. 288 Seiten, 24 Euro. Alles hängt am seidenen Faden. Thomas Hettche erzählt die Geschichte der Augsburger Puppenkiste als ein schwereloses Stück bundesdeutscher Mentalitätserkundung, das über dem Abgrund der Katastrophe von Krieg und Schuld schwebt. „Herzfaden“ handelt von der Magie der Puppen und dem Fluch der Geschichte. Schon mit seinem Roman „Pfaueninsel“ stand der Spezialist für das Zusammenwirken von Schönheit und Schrecken auf der Shortlist. Mit der Grazie einer Marionette könnte ihm diesmal der letzte Schritt glücken.
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Dorothee Elmiger: Aus der Zuckerfabrik. Hanser Verlag. 272 Seiten, 23 Euro. Auch Dorothee Elmiger verfolgt die unsichtbaren Fäden, an denen wir hängen, durch Orte und Jahrhunderte. Und sei es nur die Spur des Süßen von einer Haitianischen Zuckerrohrplantage bis in unsere Kaffeetasse. Fundstücke, Notate, Dialoge und Miniaturen verknüpfen sich zu einem kunstvollen Netzwerk, das man nicht mehr Roman nennen muss, das aber auf seine Weise leistet was seit je dieser Gattung vorbehalten war: ein Abbild der modernen Welt zu geben.
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Deniz Ohde: Streulicht.Roman. Suhrkamp Verlag. 284 Seiten, 22 Euro. Dass der Roman klarere Befunde liefern kann als jede soziologische Studie, zeigt sich im „Streulicht“ von Deniz Ohdes gleichnamigem Debüt. Die deutsch-türkische Ich-Erzählerin legt darin in Rückblenden noch einmal den mühevollen Weg aus der harten Welt eines Arbeiterviertels an die Universität zurück, und erlebt, um wie viel weiter und ausgesetzter dieser gewesen ist als bei ihren sozial privilegierten Freunden. „Streulicht“ ist der Bildungsroman eines gebrochenen gesellschaftlichen Bildungsversprechens.
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Christine Wunnicke. Die Dame mit der bemalten Hand.Berenberg Verlag. 168 Seiten, 22 Euro. In ganz andere Verhältnisse stößt Christine Wunnicke in „Dame mit der bemalten Hand“ vor. Ein fieberkranker bremischer Forschungsreisender auf der Suche nach theologischen Quellen und ein persischer Astronom treffen Mitte des 18. Jahrhunderts auf einer lausigen Insel zusammen. Sie radebrechen über Sternbilder, grillen wilde Ziegen und reden gehörig aneinander vorbei. Sonst passiert nicht viel. Aber genau das setzt dieser west-östliche Gelehrtenaustausch in absurder Schönheit und bizarrer Komik in ein Bild, das sämtlichen interkulturellen Missverständnissen zur ewigen Orientierung dienen kann.
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Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos.Matthes & Seitz. 208 Seiten, 22 Euro. Die vierte Frau im Bund der sechs Nominierten ist Anne Weber. Und um eine starke Frau dreht sich auch „Annette“, ein Buch, das auf jeden Fall schon einmal den Titel des besten „Heldinnenepos“ des Jahres für sich beanspruchen darf. Denn um die Taten der 1923 geborenen Anne Beaumanoirs zu würdigen, wählt die Autorin just diese Form. In Versen wird besungen wie das bretonische Fischermädchen zur Kommunistin wird, während der deutschen Besatzung Juden rettet, und sich später in der algerischen Unabhängigkeitsbewegung engagiert. Schöner sind sich hohe Dichtung und geschichtliche Wahrhaftigkeit selten begegnet.
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Bov Bjerg: Serpentinen.Roman. Claassen Verlag. 272 Seiten, 22 Euro. Mit „Auerhaus“ wurde Bov Bjerg bekannt. In seinem neuen Roman geht die Reise weiter: Ein Vater kurvt mit seinem Sohn durch die Abgründe der Kindheit. „Serpentinen“ schildert eine Höllenfahrt in das Reich des Schwarzen Gottes, sie durchmisst den dunklen Karst der Depression, worin jedes Gefühl versickert, und führt an die Abgründe des braunen Jura, in denen die Gespenster der Nazivergangenheit rumoren. Zu erkunden, ob Liebe die mörderische, selbstmörderische „Scheißwut der Väter“ besänftigen kann, ist das unausgesprochene Reiseziel dieser schwäbisch-berlinerischen Erlkönig-Passage. In welchem Zustand Vater und Sohn es erreichen, soll hier offen bleiben. Der Leser aber behält ob der vielen Serpentinen auf jeden Fall ein mulmiges Gefühl in der Magengegend zurück.