Von Zeit zu Zeit: Der Marienplatz Von der Manege zum Hipster-Treffpunkt
Erzählt man die Geschichte des Marienplatzes, schreibt man über Zirkusleute, SA-Trupps, Drogensüchtige und Hipster-Eltern. Die Vergangenheit des Platzes im Stuttgarter Süden hält einige Überraschungen bereit.
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Foto VZZZ-Chronist Boerries Burkhardt
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Der Marienplatz in den 1930er Jahren: So beschaulich wie auf diesem Foto des VZZZ-Chronisten Boerries Burkhardt ging es in diesen Jahren nicht immer auf dem Platz zu. In der folgenden Fotostrecke werfen wir einen Blick zurück.
Foto VZZZ-Chronistin Ruth Prömm
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Auf der Freifläche zwischen der heutigen Tübinger Straße und der Filderstraße wurde erstmals 1876 ein Park angelegt. Weil sich der spätere König Wilhelm II. kurz zuvor mit Marie von Waldeck-Pyrmont verlobt hatte, wurde er nach ihr benannt.
Foto VZZZ-Chronistin Herta Grieffenhagen
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Einige Jahre später lässt Hofwerksmeister Albert Hangleiter dort ein Zirkusgebäude errichten. Es galt als das modernste im ganzen Reich. Etwa 3500 Menschen fanden darin Platz. Alle Zirkus-Gruppen, die Rang und Namen hatten, gastierten damals in Stuttgart. Von dem Zirkusgebäude ist heute nichts mehr erhalten. Es wurde bereits 1916 wieder abgerissen, weil es den damaligen Brandschutzstandards nicht mehr genügte.
Foto VZZZ-Chronist M. u. B. Wöstendieck
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In unserer Wahrnehmung ist der Marienplatz heute eng mit der Zahnradbahn verbunden. Die Endhaltestelle der Zacke wird 1936 von der Filderstraße direkt auf den Marienplatz verlegt. Auf diesem Foto sieht man die Zacke an der oberen Weinsteige.
Foto VZZZ-Chronistin Anneliese Rathgeber
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Liebevoll nannten die Stuttgarter die grüne Schmuckanlage mit Rasenflächen, Rosen- und Sommerblumenbeeten im Süden der Stadt das "Anlägle". Diese Ansichtskarte zeigt den Platz in den 1930er Jahren.
Foto VZZZ-Chronistin Anneliese Rathgeber
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Während des Dritten Reiches beanspruchten die Nationalsozialisten den Platz für sich und missbrauchten ihn als Aufmarschplatz. Ihren Anspruch manifestierten sie 1937, in dem sie dem Platz einen neuen Namen gaben: „Platz der SA“ sollten die Bürger ihn nun nennen. Dieses und das nächste Foto der VZZZ-Chronistin Anneliese Rathgeber wurden 1938 aufgenommen. Beide zeigen Aufmärsche der Sturmabteilung (SA).
Foto VZZZ-Chronistin Anneliese Rathgeber
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Foto VZZZ-Chronistin Eva Friedrich
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Die Namensänderung war aber nur von kurzer Dauer. Bald nach dem Zweiten Weltkrieg hieß der Platz wieder Marienplatz. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1952.
Foto VZZZ-Chronistin Eva Friedrich
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Wo ist der Fehler? Wer das Foto aus dem Jahr 1952 genau betrachtet und seine Heimat kennt, wird bemerken, dass auf dieser Aufnahme noch kein Fernsehturm im Hintergrund zu sehen ist. Er wurde erst in den späteren 1950er Jahren auf dem Hohen Bopser gebaut.
Foto Factum/Weise
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In den 1990er Jahren wird das "Anlägle" zusehends zum Treffpunkt für Junkies: „Die verstärkten Razzien und Streifen im Bezirk Mitte haben dazu geführt, dass sich die Drogenszene in den Süden verlagert hat – auch auf den Marienplatz", schreibt die Stuttgarter Zeitung dazu 1993.
Foto Factum/Weise
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Anwohnern wie Stadtplanern wurde klar, dass sich auf dem Marienplatz etwas tun muss. Die Anlage mit vielen Bäumen, Ecken und Nischen - hier im Jahr 2000 fotografiert - ist bald Geschichte.
Foto Michael Steinert
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Die Umgestaltung des Platzes beginnt zunächst mit der Kettensäge. Mehr als 80 Bäume wurden gefällt, was viele Anwohner heftig kritisierten. Sie sammelten Unterschriften und demonstrieren gegen die Rodung - allerdings ohne Erfolg.
Foto Michael Steinert
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Im Juli 2003 weihte der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster den umgestalteten Platz euphorisch ein: Als "gelben Salon" und "Arena des Südens" lobten ihn die Planer gerne. Was die Architekten als urbanen Freiraum bezeichneten und die Planer an große Stadtplätze in südlichen Ländern erinnerte, schimpften viele Stuttgarter schlicht als „Beton-Wüste“. Die Gestaltung des heutigen Marienplatzes geht auf die Planungen des Architekten Heinz Lermann von der Freien Planungsgruppe 7 zurück. Rund um den gelben Steinplatz führt eine hufeisenförmige Allee, die auf diesem Foto im Hintergrund zu sehen ist.
Foto Achim Zweygarth
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Es gibt einen runden Gastronomie-Pavillon auf dem Platz (links im Hintergrund), der als kleine Reminiszenz an den Zirkusstandort gedacht ist, außerdem Wasserspiele, einen kleinen Bolzplatz und die große Freitreppe in Richtung Tübinger Straße.
Foto Achim Zweygarth
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Über die Jahren haben sich die Wogen geglättet und die Stuttgarter haben sich mit dem neuen Marienplatz angefreundet, auf dem seit kurzem einmal im Jahr das Marienplatzfest gefeiert wird.
Foto StZ
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Sie wollen noch mehr über die Geschichte Stuttgarts erfahren? Dann besuchen Sie die Geschichtswerkstatt „Von Zeit zu Zeit“ der Stuttgarter Zeitung. Das interaktive Portal ist in Kooperation mit dem Stadtarchiv entstanden und gibt Ihnen die Möglichkeit, die Geschichte der Stadt mitzuschreiben. Wer sich als Chronist anmeldet, kann Fotos hochladen oder eigene Zeitzeugenberichte verfassen.