1,6 Millionen Euro Fördergeld PH will Künstler krisenfester machen

Die Pädagogische Hochschule konzipiert ein Hilfsprogramm für Künstler. Foto: Simon Granville Foto:  

Wege aus der Coronamisere: Mit 1,6 Millionen Euro Fördergeld will das Institut für Kulturmanagement an der PH Ludwigsburg freie Künstler und Soloselbstständige krisenfester machen.

Ludwigsburg - Musikschaffende, Tänzerinnen und Tänzer, bildende und darstellende Künstler, Designer, Architekten, Bühnenbildner, Restauratoren: Viele Menschen, die in diesen Sparten arbeiten, hat die Coronapandemie in existenzielle Nöte gebracht. Um diese Berufsgruppen besser zu wappnen, hat das Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule jetzt den Zuschlag für 1,6 Millionen Euro aus dem Programm React-EU erhalten. Mit dem Fördergeld will das Team um die Projektleiterin Petra Schneidewind die Kompetenzen freischaffender Künstlerinnen und Künstler stärken und sie „krisenfester“ machen.

 

„Die Situation vieler Kunstschaffender war schon vor Corona prekär“, sagt Petra Schneidewind. „Die Pandemie, die diese Berufsgruppe unverschuldet in Mitleidenschaft gezogen hat, hat das noch einmal deutlicher in den Blickwinkel gerückt.“ Da viele künstlerisch Tätige nicht in festen Beschäftigungsverhältnissen stünden, seien sie beim Kurzarbeitergeld oder anderen Finanzhilfen durch das Raster gefallen. Dass Kunstschaffende sich in ihrer Ausbildung mit Selbstvermarktung, Finanz- und Liquiditätsplanung, mit der Altersabsicherung oder mit der Frage befassten, wie sie vielleicht einmal eine Familie ernähren können, sei aber die Ausnahme. Oft würden diese Themen eher halbherzig gestreift oder schlichtweg ausgeblendet; in der Ausbildung und auch im Selbstverständnis liege der Fokus fast ausschließlich auf der künstlerischen Arbeit. „Im Kulturmanagementbereich sehen wir das natürlich anders“, erklärt Schneidewind. „Es gilt, eine gute Symbiose aus beidem zu finden.“

Training für besseres Selbstmanagement

Das von der EU geförderte Programm, das derzeit in der Konzeptionsphase ist und wohl zu Jahresbeginn 2022 beginnt, setzt an diesem Punkt an. Es soll Kulturschaffende jeden Alters aus Baden-Württemberg in den für sie relevanten Nischen, Bedarfen und Berufsphasen zur Seite stehen. Das kann in Form klassischer Seminar- und Workshop-Formate sein, es sollen aber auch Selbstlernmaterialien entwickelt werden, die nicht nur im Förderzeitraum von anderthalb Jahren, sondern auch darüber hinaus zur Verfügung stehen. Geplant sind auch konkrete praktische Hilfen in Form von Coaching- und Beratungsleistungen: „Indem man Preiskalkulationen mit den spezifischen persönlichen Daten der Künstler aufbaut oder bei der Hürde hilft, eine eigene Website zu gestalten“, nennt sie als Beispiele. Die Angebote sollen für die Kulturschaffenden kostenlos und auf Tage und Zeiten gelegt werden, die nicht mit Proben- oder Vorstellungsterminen kollidieren.

Zwischen hundeelend und hochkreativ

All das wird das Ludwigsburger Institut für Kulturmanagement freilich nicht alleine auf die Beine stellen: Die Pädagogische Hochschule kooperiert für das Projekt mit dem Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung und Vermittlung Baden-Württemberg, den Musikhochschulen des Landes, der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste und der Hochschule der Medien in Stuttgart, außerdem mit der Popakademie Mannheim und der Kunststiftung Baden-Württemberg mit ihrem Kunstbüro. „Und die Angebote werden natürlich nicht alle in Ludwigsburg stattfinden, sondern dezentral im Land“, erklärt die Projektleiterin, die sich freut, dass der Antrag ihres vergleichsweise kleinen Instituts den Zuschlag für sein Konzept bekam – mit einer Summe, die „in dieser Größenordnung für uns nicht gerade etwas Alltägliches ist“. Auch Martin Fix, der Rektor der PH, ist angetan: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Projekt einen Beitrag für die Weiterbildung dieser Berufsgruppe leisten können, die durch die Coronapandemie besonders hart getroffen worden ist“, sagt er.

Indes: Nicht alle Kulturschaffenden, berichtet Petra Schneidewind, stünden wegen Corona hundsmiserabel da: „Die Szene hat sich teils sehr kreativ mit der Situation auseinandergesetzt. Man konnte ja fast Tag und Nacht irgendwelche Wohnzimmerkonzerte streamen.“ Die Frage, wie sich solche Formate monetarisieren ließen, wie es mit der Rechtenutzung aussehe und unter welchen Bedingungen Künstler engagiert würden, sei dadurch aber noch drängender geworden.

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