Vor 100 Jahren wurde das BMW-Vorgängerunternehmen Bayerische Flugzeugwerke gegründet. Heute ist BMW weltgrößter Hersteller von Autos der Premiumklasse – nachdem das Unternehmen fast einmal pleite war.

München - Autohersteller mit Premiumanspruch gibt es mehrere. Aber im Fall der Bayerischen Motoren Werke (BMW) kommt ein ordentlicher Schuss Selbstbewusstsein dazu, der durchaus an das auch anderswo in Bayern verbreitete Mia-san-mia-Gefühl heranreicht. Das wird nun zelebriert, denn BMW wird am 7. März 100 Jahre alt und kehrt aus diesem Anlass dorthin zurück, wo alles angefangen hat: zum Oberwiesenfeld. Von grünen Wiesen ist dort allerdings nicht viel zu sehen. Stattdessen blickt man auf ein wenig schmuckes Industriearreal im nördlichen Münchner Stadtteil Milbertshofen.

 

Vor hundert Jahren war dort ein Landeplatz für Luftschiffe und Flugzeuge – und BMW dachte nicht daran, Autos zu bauen. Genau genommen gab es BMW damals noch nicht, sondern nur den am 7. März 1916 gegründeten Vorgänger Bayerische Flugzeugwerke (BFW). Die Münchner haben als Flugmotorenbauer begonnen, mit dem Oberwiesenfeld als erstem Werk. Daran erinnert heute noch das runde und weiß-blaue Firmenemblem, das einen sich drehenden Propeller darstellen soll. Zwei Weltkriege und das Verbot, in Deutschland Militärflugzeuge zu bauen, haben diese Wurzeln gekappt.

Neustart mit Luxuswagen

Nach 1945 war es auch um den Automobilbau erst einmal schlecht bestellt, den BMW 1928 mit dem Kauf der Fahrzeugfabrik Eisenach begonnen hatte, fünf Jahre nachdem dort erste Motorräder produziert wurden. Das Autowerk lag im sowjetisch kontrollierten Osten und war damit nach dem Krieg für BMW verloren. Die Bayern mussten sich neu erfinden und entschieden sich beim automobilen Neustart 1952 für Luxuswagen der Oberklasse.

Was aber folgte, war kein Höhenflug, sondern mangels Geld der Absturz. 1959 stand BMW vor der Pleite und der heutige Erzrivale Daimler als Käufer bereit. Bei einer legendären Hauptversammlung betrat dann der Industrielle Herbert Quandt die Szene, dem es völlig überraschend nicht nur gelang, einen Rettungsplan aus dem Hut zu zaubern, sondern ihn auch durchzusetzen. Daimler wurde in letzter Minute ausgebremst, und BMW wurde zum Quandt-Unternehmen. Die Erben des Firmenretters von 1959 kontrollieren es bis heute auf ihre Art – distanziert aus dem Hintergrund, aber auch mit speziellen Ansprüchen an das Führungspersonal. Für Selbstdarsteller und Eitelkeit ist da kein Platz. Dennoch geriet BMW 1994 nach dem Kauf der britischen Rover-Gruppe noch mal ins Schleudern. Sechs Jahre später wurde der ewige Sanierungsfall Rover wieder abgestoßen. Geblieben ist von dieser Episode, die etliche Milliarden Euro verschlungen hat, bis heute die prosperierende Kleinwagenmarke Mini. Seitdem die Münchner Rover überlebt haben, geht es wieder aufwärts. Dem Beinahe-Käufer Daimler hat BMW schon länger die globale Marktführerschaft im Premiumsegment entrissen. Zudem haben die Bayern unter den deutschen Autobauern auch die Spitzenposition in der Elektromobilität übernommen.

Herausforderungen der Zukunft

Dennoch muss sich BMW auch heute wieder mehr oder weniger neu erfinden, wenn man dem Mann glauben darf, der den Konzern in sein zweites Jahrhundert führt. Die Digitalisierung des Autos sei eine Veränderung, die weit über Elektroantriebe hinausgehe, erklärt der seit knapp einem Jahr amtierende BMW-Chef Harald Krüger. Autofahren sei schon heute mehr, als von A nach B zu kommen, sagt der Lenker eines Konzerns, der die Freude am Fahren einmal zum Werbeslogan erhoben hat. Das vernetzte Auto fährt nicht nur. Sein digitales Innenleben organisiert per Internet Geschäftsreisen. Es bucht Hotels und bietet seinem Fahrer die letzten zwei Karten für eine Oper an, weil es weiß, dass dieser Opernfan ist – so hat Krüger jüngst die neue Welt beschrieben. Selbstständig einparken können die Gefährte heute schon, in einigen Jahren braucht es überhaupt keinen Fahrer mehr, der dann zum Passagier wird.

Das ruft neue Konkurrenten auf den Plan, die aus der Computer- und Internetbranche kommen und Apple oder Google heißen. Krüger sieht sie als potenzielle Partner und Konkurrenten zugleich. „Beides ist möglich“, sagt er. Gerüchte, wonach BMW zusammen mit Apple einen iCar plant, halten sich so hartnäckig, wie sie unkommentiert bleiben. BMW und Apple seien sich sehr ähnlich, findet der BMW-Boss. „Es sind beides Unternehmen mit starken Marken“, ist aber dann doch alles, was er zu diesem Thema noch sagt. Dabei wäre es hochinteressant zu erfahren, wer in einer solchen Kombination zum Zulieferer werden könnte und wer das Sagen hat. Klar ist nur, dass das zweite BMW-Jahrhundert sehr spannend beginnt.

Daimler könnte BMW im Jubiläumsjahr die Rücklichter zeigen

Marken
Mit 2,25 Millionen Autos der drei Konzernmarken BMW, Mini und Rolls-Royce im vergangenen Jahr sind die Bayern weltgrößter Premiumhersteller. Produziert wird vor allem hierzulande: im Münchner Stammwerk sowie in Dingolfing und Landshut, die 1967 dazukamen, Regensburg (1986) und Leipzig (2005). Das ostdeutsche Werk gilt branchenweit als die mutmaßlich letzte in Deutschland neu eröffnete Autofabrik. Zum größten Einzelwerk aber dürfte 2016 die US-Fabrik in Spartanburg aufsteigen.

E-Mobilität
Einen Spitzenplatz haben sich die Bayern speziell unter deutschen Autobauern in der Elektromobilität erobert. Der BMW i3 wurde voriges Jahr weltweit rund 24 000-mal verkauft – vor allem in den USA. Der Wagen rangiert damit weltweit auf Rang drei der bestverkauften Elektroautos. Gemessen am BMW-Gesamtabsatz sind die Verkaufszahlen aber noch ziemlich bescheiden. Neben Autos baut BMW auch Motorräder. 137 000 Maschinen waren es 2015, die im Werk Berlin gefertigt wurden.

Konkurrenz
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2016 könnte BMW die globale Marktführerschaft an den Stuttgarter Erzrivalen Daimler verlieren, der im Spitzentrio der Premiumhersteller BMW, Mercedes und Audi derzeit am stärksten wächst. Im Januar haben die Stuttgarter gut 160 000 Pkws abgesetzt. BMW kam im gleichen Zeitraum mit seinen Marken auf knapp 153 000. Auch im Gesamtjahr dürfte Mercedes beim Absatz BMW die Rücklichter zeigen, schätzt Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB.