Die Firma IBM feiert den 100. Geburtstag und ist Teil der Erfolgsgeschichte digitaler Technik. Nur wenige haben eine so lange Firmengeschichte.

Leben: Ricarda Stiller (rst)

Böblingen - Mit einer rechteckigen Pappkarte hat IBM vor 100 Jahren sein Geschäft mit der digitalen Datenverarbeitung begonnen. Und heute, im Jahr 2011, gewinnt der IBM-Supercomputer Watson in der Quizshow Jeopardy gegen die zwei besten Kandidaten. Es gibt nur wenige Unternehmen in der Informationstechnik (IT), die bereits auf eine so lange Firmengeschichte zurückblicken können. Im vergangenen Jahr waren weltweit rund 427.000 Mitarbeiter für IBM tätig, davon etwa 21.000 in Deutschland. Der Hauptsitz der US-amerikanischen IT- und Beratungsfirma liegt in Armonk bei North Castle im Bundesstaat New York.

 

Oft sind es die fast unsichtbaren Dinge, die Technik wirklich voranbringen. Auch wenn man es als normaler Internetnutzer nicht merkt, im Alltag begegnen einem viele Produkte, die von IBM entwickelt wurden. Häufig handelt es sich dabei um IT-Infrastruktur, die man ganz selbstverständlich anwendet. Kaum ein Internetnutzer interessiert sich dafür, wer die Voraussetzungen dafür bereitet, dass man Flüge ganz bequem online buchen kann. Die Abteilung Forschung und Entwicklung aus Schönaich im Landkreis Böblingen ist an der Programmierung derartiger personalisierter Internet-Portal-Software bis heute wesentlich beteiligt. Das Lufthansa-Internetbuchungssystem arbeitet seit zehn Jahren zuverlässig. IBM ist stolz darauf, in diesem Bereich Weltmarktführer zu sein. In Böblingen, dem größten Standort im Bereich Forschung und Entwicklung von IBM Deutschland, arbeiten insgesamt fast 2.000 Mitarbeiter.

Eines der größten Technologiezentren in Böblingen

Der Informatiker Dirk Wittkopp leitet seit 2009 das Forschungs- und Entwicklungszentrum Böblingen, das sogar eines der größten Technologiezentren der IBM weltweit ist. Seit der Gründung 1953 entstehen dort Software- und Hardwaretechnologien für die ganze Welt. Damals wurden Rechner noch mit Röhren betrieben. Und in Deutschland konnte man sie überhaupt noch nicht kaufen. Aktuell wird an dem direkt am Waldrand gelegenen Standort in etwa 150 Abteilungen an 60 Projekten gearbeitet. So ganz genau lasse sich die Zahl der Mitarbeiter nicht bestimmen, sagt Wittkopp. "Wir arbeiten auch mit vielen freien Mitarbeitern und Studenten, die bei IBM oftmals mehrmonatige Praktika absolvieren und intensiv mitarbeiten."

Der 51-Jährige gibt zu, dass der Name Forschung und Entwicklung die Abteilung schmücke, tatsächlich würde in Schönaich jedoch im Wesentlichen Entwicklung betrieben. Bei Höchstleistungsrechnern sei man jedoch auch an der Forschung beteiligt. "Wir nehmen uns die Freiheit, auch mal Prototypen oder neue Produkte zu entwickeln", sagt Dirk Wittkopp. Der Schwerpunkt liegt dabei im Bereich Management von Geschäftsprozessen. Gemeinsam mit den Universitäten Stuttgart und Karlsruhe veranstaltet IBM Vorlesungen und Kolloquien. Firmen aus dem Mittelstand können sich dann beispielsweise einen Tag lang über Cloud Computing informieren.

Eine einzige Arbeitsumgebung für Cloud-Dienste ist geplant

Auch wenn man bei IBM nicht sehr viel eigene Forschung betreibe, so würden für die Forschung an Hochschulen durchaus Gelder zur Verfügung gestellt. Wenn sich die Mitarbeiter in Böblingen mit der Steuerung von Cloud-Computing-Diensten beschäftigen, dann spricht Wittkopp von einer notwendigen Orchestrierung der Cloud-Dienste. Die Frage, die für ihn dabei im Mittelpunkt steht, lautet: "Wie standardisiert man Cloud-Dienste über viele verschiedene Orte und Anwendungen hinweg?" Es müssten dringend Industrie-Standards entwickelt werden, ergänzt Wittkopp, der schon seit 1986 bei IBM tätig ist.

Ziel ist, eine einzige Arbeitsumgebung für Cloud-Dienste zu entwickeln, so dass nicht ständig neue Programme geöffnet werden müssten. Bei solch einem ambitionierten Projekt, das später als Referenzarchitektur dienen soll, arbeitet IBM mit anderen Firmen gemeinsam an der Entwicklung. Die Böblinger wollen auch weiterhin die Zukunftsplanung der IT mitgestalten.

Computer sind besser strukturiert als Menschen

Ein weiterer Schwerpunkt, an dem unter anderem in Böblingen gearbeitet wird, ist Analyse-Software in Realzeit. In der mittlerweile als Jeopardy-Quiz-Sieger bekannten Maschine, die nach dem Unternehmensgründer Thomas Watson benannt ist, steckt die Rechenleistung von 2.800 durchschnittlichen Computern und 15 Terabyte Ram-Speicher. Watson ist ein Computerprogramm aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz, das eine hochwertige semantische Suchmaschine werden soll.

Mit einer komplizierten Algorithmus-Formel wird blitzschnell eine mit den Lexika der Welt gefütterte Datenbank durchsucht und nach ihrer wahrscheinlichen Stichhaltigkeit sortiert. Ein möglicher Einsatz soll der Bereich der Medizininformation sein. Dirk Wittkopp ist sich sicher, dass schon bald sowohl Ärzte als auch Patienten davon profitieren könnten. Denn Computer seinen einfach besser strukturiert als das menschliche Gehirn.