Der Musikverein Stadtkapelle Ditzingen hat in diesem Jahr den 100. Geburtstag. Über das Jahr hinweg gibt es deshalb jeden Monat eine Veranstaltung. Eigene Konzerte sind für die Bläser von großer Bedeutung.

Ditzingen - Wie es ist, die Geschicke eines 100 Jahre alten Musikvereins zu lenken? Bei den Mitgliedern des Vorstandes kommen Freude und Bescheidenheit zusammen. „So ein Alter zu erreichen, macht einen schon stolz“, sagt der Schriftführer Christian Eisenhardt. Der Vorsitzende Hans-Martin Bittler sieht das zwar ähnlich, räumt aber ein: Man gehöre trotzdem zu den jüngeren Vereinen.

 

Es ist wichtig für den Verein, sich zu präsentieren

So oder so: Dass der Musikverein Stadtkappelle Ditzingen dieses Jahr seinen 100. Geburtstag hat, nimmt er zum Anlass, sich das ganze Jahr lang zu feiern und feiern zu lassen. Los geht es am Freitag mit einem Festakt, zu dem aber ausschließlich geladene Gäste kommen. Doch im April beim „Wunschkonzert“ in der Stadthalle haben alle Musikfreunde die Möglichkeit, die Bläser spielen zu hören.

Sich zu präsentieren ist wichtig für den Verein, nicht nur im Jubiläumsjahr. „Eigene Veranstaltungen sind die beste Werbung für uns“, sagt der 32-jährige Eisenhardt. Er spielt seit 2000 Posaune im Verein – und weiß ebenso wie Bittler, wie schwer es ist, Nachwuchs zu gewinnen. Momentan sind im Vororchester 25, im Jugendblasorchester 35 Musiker. Das sei zufriedenstellend, meint Bittler, in der Stadtkapelle stoße man mit 70 Aktiven größenmäßig gar an Grenzen. Gleichwohl „könnte der Zuspruch der jungen Leuten stärker sein“.

Sport versus Musik

Angesichts der vielen Freizeitangebote sei es heute nicht mehr selbstverständlich, in einen Musikverein einzutreten. Erst recht nicht, seitdem mit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums die Anforderungen in der Schule gestiegen sind. Anders als Sport müsse Musik einige Hürden nehmen, glaubt Bittler – zumal der Verein erwartet, dass die Mitglieder ihr Instrument gut beherrschen. Doch habe jemand erst einmal den Sprung in die Stadtkapelle geschafft und bleibe dort trotz Lehre oder Studium, sei er auf dem besten Weg, längerfristig dranzubleiben. Musiker zwischen Anfang und Mitte 40 seien stark vertreten, der Älteste sei um die 70. Oft hörten Mitglieder aus gesundheitlichen Gründen auf oder weil sie umziehen. „Musizieren ist ein Hobby bis ins hohe Alter“, schwärmt Bittler. Der 63-Jährige nimmt auch die Eltern in die Pflicht: Sie sollten im Zweifel das Kind motivieren. Er selbst habe das bei seiner Tochter erlebt, die Volleyball und Querflöte spielte. Dank gelegentlichen „sanften Drucks“ sei sie seit 1992 im Verein.

Im Schnitt treten jedes Jahr 15 Mitglieder in den Verein ein. Voriges Jahr war ein positiver Ausreißer: Von 26 Neulingen waren 22 Jugendliche. Viele wechselten aus der Bläserklasse der Realschule ins Vororchester. Seit 2008 gibt es die Bläserklassen für Fünft- und Sechstklässler – und seitdem schlägt der Musikverein dort regelmäßig auf, etwa die Jugendleiterin bei Elternabenden. „Das war ein Ansatzpunkt, unsere Aktivitäten vorzustellen“, sagt Bittler. Derzeit unterrichte der Dirigent des Vororchesters die Bläserklassen. Das erleichtere den Schülern den Wechsel. Dieser sei trotzdem kein Selbstläufer.

Blasinstrument kein Einzelinstrument

Seit mehr als 20 Jahren kooperiert der Musikverein auch mit der Musikschule. Er wollte die Ausbildung der Jugendlichen professionalisieren und sich den Nachwuchs sichern. „Ein Blasinstrument ist kein Einzelinstrument“, sagt Christian Eisenhardt, man profitiere vom Zusammenspiel. Im Kampf um den Nachwuchs betont der Musikverein aber nicht nur, dass er aufgrund der zwei Partnerkapellen in Österreich, Konzertreisen, Wettbewerben und etlichen Auftritten „Musik über die Stadtgrenzen hinaus“ ermögliche. Man müsse auch das „Drumherum“ gezielt abbilden, findet Eisenhardt: Damit meint der 32-Jährige das Freizeitprogramm jenseits der Proben. Die jungen Leute besuchen die Herbstfreizeit, treffen sich zu Spieleabenden, gehen gemeinsam ins Kino. Eisenhardt: „Vereinsleben ist bedeutend mehr als hingehen, spielen, heimgehen.“

Meilensteine des Musikvereins

Der Anfang
Die Freiwillige Feuerwehr Ditzingen gründete 1919 eine Musikkapelle. Auch, weil die Nachbarorte längst welche hatten. Es gab einen Aufruf und 14 junge Männer meldeten sich. Die erste Musikstunde war im Juni im Gasthaus Zur Rose.

Reger Zulauf In den Folgejahren schlossen sich immer mehr junge Musiker an. Weil das Geld für weitere Instrumente knapp war, fand 1925 erstmals ein Musikfest statt. 1935 gab es 28 aktive und 187 passive Mitglieder. 1964 wurde eine Jugendkapelle gegründet. Damals unterrichteten zunächst aktive Vereinsmitglieder den Nachwuchs. Ein Werbekonzert der Malmsheimer Jugendkapelle im Jahr 1966 brachte binnen 14 Tagen 35 Neulinge. Heute zählt der Musikverein gut 400 Mitglieder.

Eigenes Zuhause Bis 1962 probten die Musiker im Gasthaus Schwanen. Um unabhängig zu sein, bauten die Musiker in der Kernstadt in Eigenregie ein Musikerheim, zwei Mal wurde das Gebäude mit Gaststätte erweitert. Mehr Infos im Internet unter www.mv-ditzingen.de.