Mehr als neu angestellte 100 Reinigungskräfte sollen von nun an für ein „sauberes Stuttgart“ sorgen. Ihnen machen nicht nur weggeworfene Coffee-to-go-Becher Arbeit – sondern auch Wildpinkler und Kaugummis. Für Letztere gibt es eigene Reinigungsmaschinen.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Stuttgart - Kaugummis, Verpackungen und die Spuren von Wildpinklern sind ihr Kampfgebiet, Schwemmbalken, Kehrmaschinen und Müllaster ihre Einsatzgeräte: Für die mehr als 100 neuen Reinigungsmänner und -frauen fiel am Freitagvormittag mit kurzen Motivationsansprachen des Oberbürgermeisters Fritz Kuhn (Grüne) und des Technischen Bürgermeisters Dirk Thürnau (SPD) der Startschuss für das Projekt „Sauberes Stuttgart“. Das Konzept soll für eine blitzblanke Kesselstadt sorgen – für zehn Millionen Euro jährlich. „Wir sind froh, dass wir euch haben“, sagt Kuhn zu den Reinigungskräften. Worte, die ihm Applaus bringen.

 

Der Müll brachte Reiniger an die Grenzen

Die neuen Mitarbeiter waren dringend notwendig, wenn es nach dem Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) geht. Hamburg sei etwa drei Mal so groß wie Stuttgart, habe aber vier Mal so viele Mitarbeiter für die Abfallentsorgung und Reinigung, sagt AWS-Geschäftsführer Thomas Heß: „Wir waren an der Grenze.“ Der AWS mit seinen 1000 Mitarbeitern kümmere sich auch um das Aufstellen von Verkehrszeichen, im Winter mache man Räumdienst. Die insgesamt 123 neuen Stellen, die letzten davon werden gerade nach und nach besetzt, sind aber ausschließlich für die Reinigung gedacht. Ebenso die 45 zusätzlich gekauften Fahrzeuge, von denen 19 erst noch bis Jahresende geliefert werden müssen.

Die Mitarbeiter zu finden, sei nicht leicht gewesen, sagt Heß. Dabei sind die Anforderungen überschaubar: Einen Schulabschluss braucht man, lesen und schreiben müssen die Bewerber können und Deutsch sollen sie gut drauf haben. Die Aufstiegsmöglichkeiten sollen laut Heß gut sein, und etwa als Lkw-Fahrer würde bei der AWS gutes Geld rausschauen.

Es könnte aber am Image des Berufs liegen. „Müll ist eine anrüchige Sache“, sagt Heß. Er sage seinen Leuten immer, sie sollten gerade deswegen auf ihren Job stolz sein, weil ihn niemand sonst machen wolle. Bei Bernd Schmidt, einem der Neuen, funktioniert das. Wenn er eine schmutzige Ecke in der Stadt säubere und das Resultat seiner Arbeit sehe, dann mache ihm das Freude. Dann noch die neuen Fahrzeuge: „Ja, die sind eine Belohnung.“

Die Stadt hat ein Wildpinkler- und Kaugummi-Problem

Zu tun gibt es für die neuen Mitarbeiter genug. Weggeworfene Fast-Food-Boxen und Coffee-to-go-Becher sind aber nur die eine Seite. Kaugummis und Wildpinkler die andere, die Stadt hat laut Heß mit beidem ein Problem. Die Stadt hat zwei Maschinen angeschafft, um der klebrigen Masse auf Pflaster und Asphalt den Kampf anzusagen. Und Fahrzeuge mit Schwemmbalken, bei denen ein Wasserstrahl die Spuren der Tag- und Nachtschwärmer beseitigt, die dem Druck ihrer Blase nicht mehr bis zur nächsten öffentlichen Toilette oder dem nächsten Lokal standgehalten haben. „Die Stadt wird immer vermüllter“, sagt Heß. Das ist seine Art zu sagen, dass Stuttgart seine Leute braucht.

„Ohne euch klappt es nicht“, sagt auch Bürgermeister Kuhn am Freitag, als die neuen Männer und Frauen zum Startschuss für das saubere Stuttgart zu einem orangfarbenen Dreieck formiert sind. „Am Ende kommt es darauf an, was ihr macht“, sagt Kuhn. Dann schwingen sich die neuen Arbeiter mit Sauberkeitsauftrag auf ihre orangenen Gefährte und schwärmen aus. Ein paar Kehrfahrzeuge drehen, ganz schwäbisch, auf dem Marktplatz ein paar Runden, bis das Pflaster schmutz- und staubfrei ist.