Susanne Widmaier hat nach 100 Tagen im Amt noch nichts bereut.

Rutesheim - Gut angekommen und bestens angenommen fühlt sich Susanne Widmaier als Bürgermeisterin von Rutesheim nach 100 Tagen im Amt. „Ich habe es noch keinen Tag bereut, am 8. Januar die Entscheidung getroffen zu haben, für das Amt zu kandidieren“, sagt die einzige Frau auf dem Bürgermeistersessel im Kreis Böblingen. Gewählt wurde sie am 4. Februar bei einer Wahlbeteiligung von 57,2 Prozent mit 70,8 Prozent der Stimmen.

 

Es mache riesigen Spaß und sie freue sich jeden Morgen, das Büro aufzuschließen, sagt Susanne Widmaier. Ihr Amtsvorgänger Dieter Hofmann und Beigeordneter Martin Killinger hätten ihr ein gut bestelltes Feld überlassen. „Es ist wunderbar, dass Martin Killinger da ist, er kennt sich hervorragend aus und bringt 16 Jahre Erfahrung mit“, meint die Bürgermeisterin.

Wenn Geld da ist, kann man viel bewegen

Drei große Unterschiede zu ihrer viereinhalbjährigen Tätigkeit als Beigeordnete in Weil der Stadt hat Susanne Widmaier in ihren ersten 100 Tagen ausgemacht. „Steht Geld zur Verfügung, kann man viele Dinge bewegen.“ Das merke man in Rutesheim rundum, sagt Susanne Widmaier und zählt auf: Bücherei, selbst finanzierte Umgehungsstraßen, die Ortskernsanierung, die Ausstattung der Schulen und der Kitas.

Des Weiteren erlebe sie eine große Zufriedenheit in der Verwaltung, im Gemeinderat, bei den Unternehmen und nicht zuletzt bei den Bürgern. Symptomatisch sei für sie eine Episode aus dem Kindergartenausschuss – der eine Rutesheimer Spezialität ist – gewesen. Da habe eine Mitarbeiterin erzählt, dass Eltern sich „beklagt“ hätten, weil sie auf das Fleckenfest wollten, der Nachwuchs aber ganz zielbewusst partout die Kita angesteuert hatte. „Mehr Lob geht gar nicht“, meint die Bürgermeisterin.

Weil der Stadt war eine harte Schule

Hoch schätze sie das konstruktive Miteinander mit dem Gemeinderat. Fraktionszwang spiele keine Rolle, sondern breite Sachdiskussionen in einem freundlichen Ton. „Auch das hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Stadt gut entwickelt hat“, ist Susanne Widmaier überzeugt.

Der dritte große Unterschied zur früheren Tätigkeit in Weil der Stadt sei eine sehr gut funktionierende Verwaltung unter einem Dach. Kurze Wege, schneller Austausch, ein gutes fachliches Miteinader seien große Pluspunkte. Wie sie ihr Wirken in der Keplerstadt nach dem zeitlichen Abstand beschreiben würde? „Es ist eine interessante Zeit gewesen, die mich viel gelehrt hat – aber es ist eine harte Schule gewesen“, sagt Susanne Widmaier im Rückblick.

Sie will nichts abkupfern

Von Weil der Stadt bringe sie ihr Faible für Wirtschaftsförderung mit, bestätigt die Bürgermeisterin. Die wolle sie gemeinsam mit Martin Killinger gestalten. Sie wolle nichts abkupfern, sondern gute Erfahrungen auch hier umsetzen, sagt die Bürgermeisterin. Etwa die Begegnungen mit den Wirtschaftssenioren. Zudem schwebt ihr vor, künftig ein Unternehmerfrühstück zu initiieren, wo Dialog und Austausch eine wichtige Rolle spielen sollen.

Ihre Vorgänger Wilfried Reichert und Dieter Hofmann hätten viel für die Stadt auf den Weg gebracht, aber trotzdem sei noch viel zu tun, ist sich Widmaier bewusst. Priorität hätte das bereits in Auftrag gegebene Mobilitätskonzept. „Dazu werden die Bürger, die den Verkehr jeden Tag erleben, einbezogen und deren Meinung mit dem Wissen von Fachleuten kombiniert, sodass eine Entlastung erreicht wird – aber die örtliche Wirtschaft wollen wir nicht austrocknen, denn eine Erreichbarkeit unserer Stadtmitte muss es immer geben.“ Nicht weniger wichtig sei die Ansiedlung von MBtech und örtlichen Gewerbebetrieben an der Gebersheimer Straße, oder die Umwandlung des Bosch-Areals in eine Wohnbebauung mit einer weiteren Kita mit fünf Gruppen. „Es gibt eine immense Nachfrage nach Wohnungen im Ort“, hat Widmaier schnell erfahren. Für die etwa 20 städtischen Bauplätze im Gebiet „Schelmenäcker Nord/Pfuhlweg“, liegen mehr als 450 Anfragen vor.

Noch immer ist sie Amtsverweserin

Wird jetzt aus der fußballfreundlichen eine reiterfreundliche Stadt? Die begeisterte Reiterin winkt lachend ab. „Es gab Befürchtungen, dass ich vieles, das gut läuft, auf den Prüfstand stellen könnte; doch um beim Pferdesport zu bleiben, halte ich mich an die englische Weisheit ,Never change a winning horse’, also kein Pferd zu tauschen, das gerade gut läuft“, sagt Widmaier, die ihr eigenes verkauft hat.

Doch einen Wermutstropfen gibt es trotzdem. „Schade, dass es keine feierliche Amtseinsetzung gibt“, sagt Susanne Widmaier. Sie ist bislang Amtsverweserin ohne Stimmrecht in der Gemeinderatssitzung. Mitbewerber Helmut Epple hat dem Wahlergebnis widersprochen. Das Landratsamt hat den Einspruch abgewiesen, der Verlierer ist vor Gericht gezogen. Das urteilt in etwa einem Jahr. „Dann, mitten in der Arbeit die Amtseinsetzung zu feiern, wäre recht komisch“, findet sie.