Grün-Rot zieht nach 100 Tagen eine positive Bilanz. Trotz S21. Kretschmann und Schmid fordern einen Baustopp bis zur Volksabstimmung.

Stuttgart - Trotz der Querelen um Stuttgart 21 hält die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg ihren Start ins Amt nach knapp 100 Tagen für gelungen. „Ich finde, wir sind gut gestartet“, sagte Kretschmann am Mittwoch in Stuttgart. Auch sein Stellvertreter Nils Schmid (SPD) resümierte, dass die Regierung in den ersten 100 Tagen ihre Handlungsfähigkeit bewiesen habe.

 

Es sei nicht einfach gewesen, nach der knapp 58-jährigen Regentschaft der CDU die Regierung im Land zu übernehmen, räumte Kretschmann ein. „Obwohl wir ganz neu beginnen mussten, konnten wir wichtige Akzente setzen“, sagte er und nannte als Beispiel die Mitgestaltung des Atomausstiegs. Schmid führte das neu geschaffene Integrationsministerium an, mit dem ein Akzent für ein weltoffenes Baden-Württemberg gesetzt worden sei.

S21 ist das beherrschende Thema

Weiterhin wiesen die Koalitionäre auf die Abschaffung der Studiengebühren hin, die auf den Weg gebracht worden sei. Laut Schmid wurde damit ein Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit eingeleitet. Auch die Erhöhung der Grunderwerbssteuer zur „ehrlichen Finanzierung des Ausbaus der Kleinkindbetreuung“ stehe damit im Zusammenhang.

Das beherrschende Thema der knapp 100-tägigen Amtszeit war jedoch zweifelsohne Stuttgart 21, zu dem beide Parteien unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Grünen wollen das Projekt verhindern, die SPD befürwortet es. In den Koalitionsverhandlungen war erst nach zähem Ringen ein Kompromiss erzielt worden, demzufolge das Volk das letzte Wort über Stuttgart 21 haben soll.

Kretschmann räumte ein, dass Stuttgart 21 natürlich ein Reibungspunkt sei. „Ein Dissens bei so einem wichtigen Thema ist eigentlich koalitionsverhindernd“, sagte der Ministerpräsident. Doch dank der Einigung auf ein Verfahren mit einer Volksabstimmung sei man mit dem Thema ganz gut umgegangen. „Sicher belastet so etwas eine Koalition, aber das wussten wir vorher“, sagte der Ministerpräsident.

Baustopp bis zur Volksabstimmung

Mit Blick auf einen gegensätzlichen Wahlkampf der Regierungspartner vor einer Volksabstimmung verwies Kretschmann auf den Koalitionsvertrag, demzufolge die Partner die Haltung des anderen respektieren sollen. Diesen Geist wolle man pflegen, auch wenn in der Sache hart argumentiert werde. Schmid rief in diesem Zusammenhang zu Gelassenheit auf. Die Debatte sollte nicht immer ganz so wuchtig geführt werden.

Von der Bahn forderten die Koalitionäre unterdessen einen Baustopp bis zur Volksabstimmung, die Ende November oder Anfang Dezember stattfinden soll. Laut Kretschmann wäre es „unverantwortlich“, wenn der Südflügel abgerissen werde. Auch Schmid schloss sich dieser Forderung an und prognostizierte, dass die Regierung „noch mehr Freiheit und Luft“ habe, wenn das Volk über Stuttgart 21 entschieden habe.