Die Zahl der Vorbereitungsklassen ist in diesem Schuljahr von 74 auf 100 gestiegen. Weil Pädagogen fehlen, setzt das Schulamt auch Lehrer ohne zweites Staatsexamen ein.

Stuttgart - Mit den Flüchtlingen nimmt auch die Zahl der Kinder in den internationalen Vorbereitungsklassen zu. Inzwischen sind in Stuttgart, auf 43 Standorte verteilt, 100 Vorbereitungsklassen für Kinder ohne Deutschkenntnisse eingerichtet worden – zu Beginn des Schuljahrs im September waren es noch 74. „Damit kommen wir räumlich und personell langsam an unser Limit“, erklärte Matthias Kaiser, der stellvertretende Leiter des Staatlichen Schulamts, nun im Schulbeirat.

 

Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) relativierte diese Aussage: „Wir haben über die Stadt gesehen kein Raumproblem, nur in der Nähe von Flüchtlingsheimen.“ Künftig müssten diese Kinder eben auch an Schulen eingeschult werden, die weiter entfernt seien. Anders als bisher sollen nicht nur an Grund- und Werkrealschulen Vorbereitungsklassen eingerichtet werden, sondern auch an Gymnasien. Allerdings werde dies schwierig, so Eisenmann, da dies derzeit die vollste Schulart sei. Dringenden Handlungsbedarf sehe sie in der Neubewertung der Schulsekretariate, die durch diese Entwicklung deutlich stärker gefordert seien.

Schulamt setzt auch Lehrer ohne zweites Staatsexamen ein

Bisher habe man immer flexibel auf die neu hinzu gekommenen Kinder reagiert und führe auch keine Warteliste, betonte Kaiser vom Schulamt. Ein Problem seien aber die Lehrkräfte: „Die sind Mangelware.“ Zunehmend greife man deshalb auf Personen ohne zweites Staatsexamen zurück. „Wir machen nebenher Fortbildungen und wollen diese Lehrkräfte im nächsten Jahr weiterbeschäftigen“, so Kaiser.

Inzwischen seien auch schon einige Vorbereitungsschüler in Regelklassen aufgenommen worden. „Wir wollen nicht, dass die Schulen extra Flüchtlingsklassen bildet“, betonte der Schulamtsvize. Allerdings führe diese Praxis dazu, dass man die Klassenverbände neu zusammensetzen müsse. Davon seien die Eltern nicht begeistert. Auch dass man Erstklässler ohne Deutschkenntnisse gleich in Regelklassen einschule und nicht in Vorbereitungsklassen, das könne für diese Klassen mitunter „harter Tobak“ sein. Einige Grundschulen hätten schon um Schulsozialarbeiter gebeten.

Berufliche Vorbereitungsklassen stellen Fleischkäs her

Für die älteren Schüler habe man inzwischen an sechs gewerblichen und der ernährungswissenschaftlichen beruflichen Schule 18 sogenannte Vabo-Klassen eingerichtet (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen), berichtete Herbert Bläsi, Geschäftsführender Schulleiter der beruflichen Schulen. Dort gebe es keinen Lehrermangel. Unter professioneller Anleitung hätten die Vabo-Schüler gelernt, wie man Fleischkäs oder Vollmilch- und Bitterschokolade herstelle, hätten selber ihr Klassenzimmer renoviert, Lebensmittel verkocht, die kurz vor dem Ablaufen waren, und gemeinsam mit Kitakindern Insekten-Nistkästen und Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiele gebastelt.

Im Schulbeirat forderte Marita Gröger (SPD), die oftmals traumatisierten Schüler aus den Flüchtlingsgebieten besser zu begleiten. Sie schlug vor, man könne dafür doch Psychologen fragen, die im Ruhestand seien. Zudem halte sie es für sinnvoll, Flüchtlingskinder in Ganztagsschulen unterzubringen. Doch ihre Frage, in welchem Umfang dies der Fall sei, konnte das Schulamt nicht beantworten. Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne) erkundigte sich danach, was mit Flüchtlingen geschehe, die nicht mehr schulpflichtig sind. Bläsi erklärte, auch 18- bis 20-Jährige würden in Vabo-Klassen aufgenommen.