Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Kochsendungen vs Kochen

1. These: Je mehr Kochsendungen es im Fernsehen gibt, desto weniger wird gekocht.

 

Die Zahl der Kochsendungen zu zählen, die in den letzten Jahren über die Fernsehbildschirme geflimmert sind, ist fast so schwierig wie das kirchliche Dogma von der Heiligen Dreifaltigkeit zu ergründen. Sendungen wie „Kochprofis“, „Deutschlands Meisterkoch“, „Kocharena“, „Das perfekte Dinner“ oder „Zacherl: Einfach kochen“ haben mit der Wirklichkeit in deutschen Küchen allerdings nur wenig zu tun.

Laut Ernährungsreport 2017 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist der Anteil derer, die täglich am Herd stehen, binnen eines Jahres um zwei Prozent auf 39 Prozent gesunken. Der Anteil der Koch-Verweigerer stieg von elf auf zwölf Prozent.

Bio-Laden vs Supermarkt

2. These: Alle lieben Bio-Läden, doch immer weniger kaufen dort ein. Nachhaltiger Konsum und gesunde Lebensmittel liegen im Trend. 2016 gaben die deutschen Haushalte 9,9 Prozent mehr für Bio-Lebensmittel aus als im Vorjahr. Insgesamt betrug der Umsatz der Bio-Branche 9,48 Milliarden Euro.

Dennoch sank der prozentuale Anteil von Bio am gesamten Lebensmittelmarkt. 2016 kauften acht Prozent der Verbraucher ihre Lebensmittel auf dem Wochenmarkt (ein Minus von sechs Prozent gegenüber 2015), fünf Prozent beim Bauern oder Hofbauern (minus fünf Prozent) und sechs Prozent im Bioladen (minus zwei Prozent).

Bio-Laden vs Supermarkt

2. These: Alle lieben Bio-Läden, doch immer weniger kaufen dort ein. Nachhaltiger Konsum und gesunde Lebensmittel liegen im Trend. 2016 gaben die deutschen Haushalte 9,9 Prozent mehr für Bio-Lebensmittel aus als im Vorjahr. Insgesamt betrug der Umsatz der Bio-Branche 9,48 Milliarden Euro.

Dennoch sank der prozentuale Anteil von Bio am gesamten Lebensmittelmarkt. 2016 kauften acht Prozent der Verbraucher ihre Lebensmittel auf dem Wochenmarkt (ein Minus von sechs Prozent gegenüber 2015), fünf Prozent beim Bauern oder Hofbauern (minus fünf Prozent) und sechs Prozent im Bioladen (minus zwei Prozent).

Veggi-Food vs Fleischesser

These 3: Es gibt mehr Vegetarier, die meisten Deutschen bevorzugen aber Billigfleisch.

Die Zahl der Vegetarier, Veganer, Flexiganer, Flexitarier und Pesco-Vegetarier in Deutschland steigt permanent. Allerdings sind die Zahlen widersprüchlich: Aktuell spricht der Vegetarierbund (VEBU) von 7,8 Millionen Vegetariern und 900 000 Veganern. Laut der aktuellsten Ausgabe der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (2016) sind es aber nur 5,29 Millionen Vegetarier („Leute, die weitgehend auf Fleisch verzichten“) und 800 000 Veganer („Leute, die weitgehend auf tierische Produkte verzichten“).

Einer Studie des Robert-Koch-Instituts von Anfang 2017 zufolge ernähren sich nur vier Prozent der Erwachsenen in Deutschland für gewöhnlich vegetarisch (Frauen: 6,1 Prozent, Männer: 2,5 Prozent). Die Forscher hatten allerdings recht alte Angaben von 2008 bis 2011 ausgewertet.

Thesen 4 bis 6

Koch-Lust vs Küchen-Frust

4. These: Die Koch-Lust wächst, doch gekocht wird immer seltener.

Maggi-Kochbuch, Thermomix-Kochbuch, Culinaria-Kochbuch, Teubner-Kochbuch: Der Markt an Helfershelfern für die perfekte Kochstunde ist uferlos. Die Deutschen lieben Kochbücher. Die Zeit, als Schwarzweiß-Skizzen den Küchen-Fahrplan vorgaben, gehört längst der Vergangenheit an. Kochbücher sehen heute aus wie opulente Atlanten mit Hochglanzfotos, die in exotische Koch-Welten entführen.

Der Trend zum Dritt-, Viert- und Fünft-Kochbuch passt aber so gar nicht mit der Wirklichkeit der Nahrungsaufnahme der Deutschen zusammen. Die Koch-Lust nimmt laut Ernährungsreport 2017 permanent ab, die Zeit, die man(n)/frau in der Küche verbringt ebenfalls. So kocht nur jeder fünfte 14- bis 18-Jährige täglich (19 Prozent), fast jeder Dritte kocht nie (30 Prozent). Und das, obwohl sich 89 Prozent dieser Altersgruppe zu ihrer Koch-Lust bekennen.

Koch-Marathon vs Schnellküche

5. These: Die Deutschen lieben es lecker, nur allzu lang darf Kochen nicht dauern. Laut Ernährungsreport 2017 muss Essen schmecken (99 Prozent) und gesund (89 Prozent) sein. Undefinierbare Pampe, die aussieht wie schon mal aufgetaut kommt nicht auf den Tisch. Aber selbst Kartoffeln zu kochen dauert länger als fünf Minuten. Und viel Zeit darf die Zubereitung nicht kosten, sonst vergeht den meisten der Appetit schon beim Kochen.

55 Prozent der Bundesbürger wünschen sich eine einfache und schnelle Zubereitung. 2015 waren es nur 45 Prozent. Was erstaunlich ist: 63 Prozent der Frauen wollen es auf die schnelle Tour, während nur 46 Prozent der Männer auf schnelle Küche setzen.

2015 gaben außerdem 32 Prozent der Verbraucher zu, dass sie auf Fertigprodukte und Tiefkühlpizza stehen. Ein Jahr später war der Kreis der Liebhaber von Industrie-Essen schon auf 41 Prozent gestiegen – ein Plus von fast 30 Prozent. Und was ist in Fertigprodukten alles drin? Das wollen Sie nicht wirklich wissen.

Bio-Tierhaltung vs Billigheimer

6. These: Die Deutschen lieben Tiere, doch das Fleisch kommt vom Billigheimer. Massentierhaltung ist den meisten Deutschen zuwider. 82 Prozent wollen laut Ernährungsreport 2017 mehr Transparenz in puncto Tierhaltung, 87 Prozent wünschen sich eine bessere Tierhaltung.

Dabei ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Zwei Drittel der Verbraucher kaufen ihr Fleisch nämlich im Supermarkt, 43 Prozent auch oder ausschließlich beim Discounter. Dass dort die Hähnchenkeule und das Schweineschnitzel aus artgerechter Haltung stammen, darf bezweifelt werden.

Thesen 7 bis 10

Artgerechte Haltung vs Massenproduktion

7. These: Fleisch ist ein Stück Lebenskraft, aber es soll nicht teuer sein. Die Deutschen wissen um die Nöte der gequälten Massentiere. Laut Ernährungsreport 2017 sind 87 Prozent bereit, einen höheren Preis für Lebensmittel aus artgerechter Tierhaltung zu zahlen.

Die Realität sieht allerdings anders aus. Laut Fleischatlas 2016 ist der Trend zu Megaställen mit tausenden Tieren bei gleichzeitigem massiven Preisverfall für Fleisch ungebrochen. Die Produktion von Schweinefleisch stieg von 3,7 Millionen 1994 auf heute 5,5 Millionen Tonnen. Beim Geflügelfleisch wuchs die Produktion zwischen 1994 und 2014 von 350 000 auf eine Million Tonnen.

„In den vergangenen 15 Jahren mussten bis zu 80 Prozent der Betriebe und Bauernhöfe die Tierhaltung aufgeben, während gleichzeitig bis zu 50 Prozent mehr Fleisch produziert wird“, heißt es in der von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem BUND herausgegeben Studie.

Qualität vs Dumpingangebote

8. These: Lecker und reichlich muss das Essen sein – und wenig kosten.

„Kühe machen Mühe, Schweine bringen Scheine“, lautet eine alte Bauernweisheit. Früher war das vielleicht so, heute aber sind Deutschlands Schweinehalter selber ganz arme Schweine. Von den 6,27 Euro, die ein Kilogramm Schweinefleisch 2015 kostete, sah der Züchter 1,48 Euro. Der Rest – 4,79 Euro pro Kilo – ging an Schlachter, Fleischgroßhandel und Einzelhandel.

Viele Schweinebauern arbeiten an der Rentabilitätsgrenze. Nach Berechnungen der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands kostet ein Schweineleben durchschnittlich 150 Euro. 2015 bekamen die Landwirte aber nur 142 Euro für ein 95-Kilo-Schweinderl raus. Die Schweinmast rentiert sich laut Verband erst ab 1,65 Euro pro Kilo Schlachtgewicht.

Vielen Verbrauchern ist das offenbar egal. Sie schlagen sich ihre Bäuche auf Kosten der darbenden Bauersleut voll.

Gourmet-Kultur vs Schnellimbiss

9. These: Die Deutschen wollen Gourmets sein, lieben es mittags aber schnell-schnell.

Die Deutschen sind keine solchen Gourmets wie Franzosen oder Italiener, aber Essen hat auch für sie viel mit Kultur und Kommunikation zu tun. Und wie sieht die Realität aus? Laut Ernährungsreport 2017 muss es beim Mittagstisch schnell-schnell gehen: 57 Prozent bringen sich von Zuhause die Brotbox mit, 21 Prozent geben sich mit dem Kantinenessen zufrieden, 15 Prozent gehen zum Bäcker oder Imbiss nebenan. Fünf Prozent leisten sich ein Restaurantbesuch, 18 Prozent verzichten mittags ganz auf feste Nahrung.

Dass zudem 84 Prozent aller berufstätigen Deutschen mit ihrer Mittagsverpflegung zufrieden oder sehr zufrieden sind, zeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit auch hier weit auseinanderklaffen.

Italien-Fieber vs Fertigpizza

10. These: Die Deutschen lieben italienische Küche, aber zuhause kommt Tiefkühlpizza in den Ofen.

Die Deutschen lieben Italien. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes (DRV) lag Italien 2016 mit einem Anteil von 8,2 Prozent an allen Urlaubsreisen an zweiter Stelle der beliebtsten Auslands-Urlaubsreiseziele der Deutschen. Nummer eins war unangefochten Spanien mit 14,8 Prozent.

Vor allem die köstliche italienische Küche hat es den Deutschen angetan. Sie lieben das würzig belegte Fladenbrot aus Hefeteig, das die Welt den Italienern unter dem Namen Pizza verdankt. Zuhause in den eigenen vier Wänden bevorzugen sie allerdings Tiefkühlpizza statt frisch zubereiteter Fladen. Selbstgemachte Pizza wie im Urlaub in Rimini oder auf Sardinien, auf diese tolle Idee kommen nur die wenigsten.