In der Wengerterstadt Stuttgart hat es das Bier nie ganz leicht gehabt. Brauer konnte man an einer Hand abzählen. Einer von ihnen war Carl Dinkelacker, der seine Brauerei in der Tübinger Straße vor 125 Jahren aus der Taufe hob.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Stuttgart - In der Stadt zwischen Wald und Reben hat es das Bier nie ganz leicht gehabt. "Die Bierbrauerei kommt auf, wird aber mit Rücksicht auf den Weinbau verboten", heißt es für das Jahr 1630 in der Stadtchronik von Julius Hartmann. Dementsprechend übersichtlich ist die Brauszene in Stuttgart - übrigens bis heute.

 

Fünf Namen kommen in den Sinn: Bernhard Rettenmayer (aus seiner Aktienbrauerei geht 1923 Hofbräu hervor). Ernst Imanuel Wulle (er gründet seine gleichnamige Brauerei 1861). Robert Leicht (er legt 1878 in Vaihingen den Grundstein für sein Schwabenbräu). David Sanwald (in der Silberburgstraße im Westen braut er das erste Stuttgarter Weißbier). Und Carl Dinkelacker, der seine Brauerei in der Tübinger Straße im Jahr 1888 aus der Taufe hob. Dieses Ereignis jährt sich 2013 zum 125. Mal - für die heutige Privatbrauerei Dinkelacker-Schwabenbräu ein Grund zum Stolz.

2007 kauft der Urenkel die Brauerei zurück

Längst sind die einst eigenständigen Brauer Schwabenbräu, Wulle und Sanwald unter das Dach von Dinkelacker gekommen. 2004 wurden die Stuttgarter vom weltweit operierenden InBev-Konzern übernommen. Doch schon drei Jahre später holte sich Carl Dinkelackers Urenkel Wolfgang das Familienunternehmen zurück: Für einen unbekannten Kaufpreis kam die Traditionsbrauerei wieder in Stuttgarter Hand.

2008 machten die Brauer in der Tübinger Straße den Stuttgarter Bierliebhabern eine Freude und belebten das Wulle-Bier neu - samt Retrodesign von früher. Stuttgarts ältestes und gleichzeitig "bestes Bier" - so schwärmten die, die es noch von früher kannten - ist mittlerweile ein echtes Szenegetränk. Sanwald und Schwabenbräu gab es ohnehin immer - Tradition verpflichtet.

Der schärfste Konkurrent ist nur ein paar hundert Meter entfernt: In der Böblinger Straße residiert auf dem ehemaligen Rettenmayer-Areal Hofbräu - der zweite Stuttgarter Lokalmathador. Wer im Süden wohnt, für den gehört der leichte Maischeduft zum Lebensgefühl.

An Carl Dinkelacker, der 1953 starb, erinnert übrigens bis heute das CD-Pils: Er war der Erste, der in Stuttgart ein Bier nach Pilsener Brauart braute.

125 Jahre wollen gefeiert werden: Das tut Dinkelacker-Schwabenbräu am 23. April, dem "Tag des Bieres" auf dem Stuttgarter Frühlingsfest. Im Göckelesmaier-Zelt gibt es an diesem Tag zwei Maß Dinkelacker-Jubiläumsbier zum Preis von einer.