Vor 25 Jahren hat der Schwäbische Albverein in Stuttgart ein legendäres Fest auf dem Marktplatz und in der Alten Reithalle gefeiert. Aus unveröffentlichtem Material ist jetzt auf Youtube eine Dokumentation zu sehen.

Stuttgart - Diese Föhnfrisuren! Diese getönten Brillen! Und wie gelenkig die Leute waren! Wer sich die Szenen von 1988 anschaut, als der Schwäbische Albverein sein Hundert-Jahr-Jubiläum mit einer Riesentanzvorführung auf dem Stuttgarter Marktplatz und einem rauschenden Fest in der Alten Reithalle beging, muss zugeben: auch damals konnte man schon feiern.

 

Im Vorfeld zum 125-Jahr-Jubiläum Ende April hat der Albverein eine 45-Minuten-Dokumentation ins Internet gestellt, zusammengeschnitten aus bisher unveröffentlichtem Filmmaterial. Manfred Stingel, der Vorsitzende des Kulturrats, sagt über den ungewöhnlichen Youtube-Streifen: „Er ist ein schönes Dokument der Erinnerung.“ Viele, die damals dabei waren, werden mit Amüsement und Wehmut sich und ihre Freunde wiedererkennen.

Im Jahr 1988 präsentierten die Tanzgruppen in der Landeshauptstadt sechs große Bändertänze. Dieses Jahr erwarten die Besucher am 28. April auf dem Münsterplatz in Ulm sieben dieser hochkomplexen Choreografien: sieben Bänderbäume, jeder umkreist von 25 Paaren, die im tänzerischen Zusammenspiel sieben Meter lange bunte Bänder kunstvoll verknüpfen. „Das wird ein prachtvoller Anblick“, verspricht Stingel. Zwei Gruppen aus Paraguay und Usbekistan verbreiten internationales Flair.

Ein digitales Archiv der schwäbischen Kultur

Vor 25 Jahren wurde auch der Grundstein zur modernen Kulturarbeit des Vereins gelegt, der sich neben dem Wandern und dem Naturschutz auch der schwäbischen Kultur verpflichtet fühlt. Nur wenig später gründete sich der Volkstanzrat, der Vorläufer des heutigen Kulturrats. Heute verfügt der größte Wanderverein Europas neben vielen Ortsgruppen auch über das Haus der Volkskultur in Balingen-Dürrwangen (Zollern-Alb-Kreis), das eine Fülle von Veranstaltungen und ein gut gepflegtes digitales Archiv anbietet.

Zum Auftakt der Festivitäten wird dieses Kulturzentrum am morgigen Freitag nach längerer Umbauphase wieder eröffnet werden. Das Zentrum besteht aus zwei benachbarten historischen Gebäuden im Ortskern von Dürrwangen mit Archiv-, Museums- und Arbeitsräumen, einem Tanzboden, Garten und vielen – jetzt frisch renovierten – Gästezimmern.

Alte Vereinsfreunde finden unveröffentlichtes Material

Manfred Stingel ist es auch zu verdanken, dass der Youtube-Streifen überhaupt gemacht wurde. Der leidenschaftliche Volkstänzer hatte nicht glauben wollen, dass es von dem „legendären Fest in der Alten Reithalle“ keine Filmaufnahmen geben sollte. Er fragte bei alten Vereinsfreunden herum und wurde fündig. Zum Beispiel entdeckte er Bänder bei dem Albstädter Kameramann Emil Knobel, aber auch bei vielen Stuttgartern fanden sich noch angestaubte VHS-Kassetten: im ganzen zehn Stunden Rohmaterial. „Ein Schatz“, freut sich Stingel. Für den Schnitt und die Digitalisierung konnte der 68-Jährige auf die Hilfe von Philipp Schneider zurückgreifen. Der junge Mann leistet derzeit beim Albverein seinen Bundesfreiwilligendienst.