Seit 125 Jahren gibt es die SPD in Ludwigsburg. Am Freitag blicken die Genossen bei einem Festakt zurück auf ihre Geschichte. Für die Zukunft setzen sie auf frische Gesichter.

Ludwigsburg - Es gibt diese großen Momente der Sozialdemokratie. Der Kniefall Willy Brandts 1970 am Ehrenmal für die Toten von Warschau gehört dazu. Und auch Otto Wels’ Rede 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz – die letzte freie Reichstagsrede vor der Machtergreifung. Es sind Geschichten, die jeder kennt, fest verankert im kollektiven Gedächtnis der Bundesrepublik. Auch die Ludwigsburger SPD kennt solche Momente. Sie mögen nicht bundesweit bekannt sein – und doch stehen sie nicht weniger für die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie.

 

Da ist die Geschichte von Alfred Tischendorf, der 1933 als Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat aus laufender Sitzung von SS-Männern abgeführt wurde und ins Konzentrationslager Heuberg kam. Da ist die Geschichte von Gunter Huonker, der 1972 als erster und bisher einziger Ludwigsburger SPD-Bundestagskandidat den Wahlkreis mit 40,8 Prozent direkt gewonnen hat. Da gibt es viele arbeitsreiche Leben im Dienste der Sozialdemokratie wie das von Willy Krehl, nach dem die Neckarweihinger Halle benannt wurde. In den 70er Jahren hatte der SPD-Ortsverein auch die meisten Mitglieder, es waren 511.

Willy-Brandt-Medaille für Eckart Bohn

Genau 125 Jahre wird die SPD Ludwigsburg in diesem Jahr alt. Am Freitag, 2. Dezember, feiert sie das Jubiläum folgerichtig in eben dieser Willy-Krehl-Halle. „Es gibt Festreden, beispielsweise von der neu gewählten Landesvorsitzenden Leni Breymaier“, erzählt Stefanie Liepins, die stellvertretende Vorsitzende des Ortsvereins, sie organisiert den Abend. Auch wird die Willy-Brandt-Medaille an Eckart Bohn verliehen für sein Engagement, beispielsweise im Kreistag und Gemeinderat: „Das ist die höchste Auszeichnung der Partei.“ Und natürlich gibt es einen historischen Rückblick.

Für die Ausstellung „Kleine Zeitreise durch 125 Jahre SPD Ludwigsburg“ sind der Redakteur Jochen Faber und die Historiker Nicholas Williams und Stefanie Rapp verantwortlich. Die drei Genossen haben in den vergangenen Wochen in Archiven gewühlt, Quellen gesichtet, die Schriften zum 100-jährigen Jubiläum ausgewertet. Herausgekommen sind 27 Schautafeln voller Dokumente, Schriften und historischer Fotos. Zur SPD-Schau gehört außerdem ein Film, der das Parteileben im Jahr 1964 zeigt. „In Super 8 gedreht und vollfarbig“, berichtet Jochen Faber schmunzelnd.

Wie viele SPD-Ortsgruppen hat sich auch die Ludwigsburger SPD kurz nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes gegründet. „Wir haben wenige Informationen aus der Zeit“, sagt Faber, „das genaue Datum ist nicht gesichert.“ Eine Quelle gebe aber ziemlich sicher die Gründung eines SPD-Vereins 1891 an. „Darauf beziehen wir uns“, sagt er. Wie überall in Deutschland haben sich Sozialdemokraten zusammengeschlossen, als sie es endlich durften – obwohl Ludwigsburg eher eine Beamten- und Soldatenstadt war. „Auch in den Ortsteilen, die erst später eingemeindet wurden, haben sich in diesen Jahren SPD-Gruppen gegründet. Eine starke sozialdemokratische Basis gab es in den Arbeiterhochburgen Eglosheim und Neckarweihingen. So wurde der Liederkranz Eglosheim laut Quellen im Jahr 1896 unerhörter „sozialdemokratischer Umtriebe“ verdächtigt.

Ein junger Vorsitzender und frische Themen

Eine wichtige Figur war auch Wilhelm Keil – der Ludwigsburger Abgeordnete war in der Weimarer Republik der wichtigste Politiker der Sozialdemokratie im Südwesten. Als 1932 Philip Scheidemann in Ludwigsburg auftrat, zündeten NSDAP-Anhänger eine Rauchbombe. Die Zuschauer lassen sich aber nicht abschrecken.

Heute hat die SPD Ludwigsburg 212 Mitglieder. Bundesweit ist die Partei angeschlagen, auch vor Ort kämpft man gegen Mitgliederschwund und sucht eine neue Rolle. Die Genossen der Stadt setzen sich für eine moderne Infrastruktur ein – gerade diskutieren sie um Stadtbahn und City-Ticket – und für bezahlbaren Wohnraum. Ihr Trumpf ist der junge Vorstand.

Der Vorsitzende Yannik Schulze will den Ortsverein in die Zukunft führen, 23 Jahre ist er alt. „Wir haben vom Schüler über Betriebsräte bis zum Rentner einen breiten gesellschaftlichen Querschnitt“, beschreibt er die Mitgliederstruktur, „wir sind für kommunale Themen gewappnet“. Was junge Sozialdemokraten heute von den altgedienten Genossen unterscheidet, die ganz andere Kämpfe auszufechten hatten? Die Epoche des klassischen Industriearbeiters ist schließlich längst Vergangenheit. „Wir setzen die Ideen anders um“, sagt Schulze, „es gibt heute andere Kämpfe. Aber wir haben noch immer Visionen.“