Zum 130. Geburtstag der Jakobschule haben die Kinder ein Zirkusprojekt auf die Beine gestellt. Die Zuschauerreihen waren voll besetzt, die Vorstellungen ausverkauft.

S-Mitte - Die Turnhalle der Jakobschule in Stuttgart-Mitte sah an diesem Samstagmittag anders aus als gewöhnlich. Die Fenster waren mit großen Tüchern abgehängt, die Scheinwerfer lenkten den Fokus auf den hinteren Teil der Halle. Dort war eine Manege aufgebaut, in der 200 Schüler ihren Lehrern, Eltern und anderen Besuchern in einem Zirkus ihre artistischen Fähigkeiten präsentierten.

 

Voll besetzte Zuschauerreihen, ausverkaufte Karten

Das Programm ging an diesem Nachmittag schon zum vierten Mal über die Bühne, trotzdem waren die Reihen voll besetzt: Auch diese Vorstellung war restlos ausverkauft. Eltern filmten, Mitschüler knabberten Popcorn, als die kleinen Nachwuchsartisten in die Manege stürmten, um kurz darauf wieder hinter dem roten Vorhang zu verschwinden und auf ihren großen Auftritt zu warten.

Was die Kinder an diesem Tag vorführten, war das Ergebnis eines Prozesses, der ein ganzes Jahr in Anspruch genommen hatte – von der Idee bis zur Umsetzung. Für die Realisierung des Zirkusprojektes hatte die Schule den pädagogischen Zirkus Zapp-Zarap engagiert, der zunächst in Workshops die Lehrer schulte und diese wiederum später die Kinder.

Ein Projekt zur Feier des 130. Geburtstags der Schule

Die lange Vorlaufzeit war nötig gewesen, um Spenden und Fördermittel zu akquirieren.In einer Projektwoche übten die Kinder dann ihre Darbietungen ein. Die Schulleiterin Claudia Dobrich-Hoier hatte sich dafür eingesetzt, ausnahmsweise mal Zirkus statt Unterricht zu machen. Denn mit dem Zirkus wurde schließlich der 130. Geburtstag der ältesten Volksschule Stuttgarts gefeiert.

Ganz nebenbei ging es auch darum, Vorurteile abzubauen. In der Nähe des Rotlichtviertels gelegen, kämpft die Jakobschule um ihren Ruf. Viele Eltern stören sich am Milieu und schicken ihre Kinder lieber auf andere Schulen. Völlig zu Unrecht, wie die Schulleiterin findet. Um die nur leicht bekleideten Damen in der Nachbarschaft machten sich die Kinder keine Gedanken. Auch die Vorurteile mit Blick auf die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund weiß Dobrich-Hoier zu entkräften: „Hier leben 27 Nationalitäten friedlich zusammen“, sagt sie. Das sei kein Nach-, sondern ein großer Vorteil ihrer Schule: „Der kulturelle Mix bringt viel Spaß.“ Nicht nur, wenn es darum gehe, bei Schulfesten internationale Buffets zu machen. Im Kontakt mit den unterschiedlichsten Kulturen lernten die Kinder, miteinander umzugehen und sich zu verstehen. Wer Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache habe, werde in Förderklassen unterrichtet.

Ein Fest für Groß und Klein aus dem ganzen Viertel

Mit einem großen, den Zirkus begleitenden Fest am Freitag und Samstag hat sich die Schule deshalb nicht nur Eltern und anderen Familienangehörigen, sondern der gesamten Bevölkerung im Bezirk geöffnet. Der Geburtstag sollte ein Fest für das ganze Viertel sein. Für die Kinder waren Spielstationen aufgebaut, außerdem gab es Getränke – und ganz viel Popcorn und Eis.

Die Vorführung am Samstag begann mit einer Mahnung. Im Zirkus müsse schließlich Ordnung herrschen: „Wir sind hier für die Sicherheit zuständig. Wem das nicht passt, der macht einen Salto rückwärts – ohne Applaus!“, sagten zwei Schüler in der Manege und verschwanden anschließend hinter dem Vorhang. Danach zeigten die Kinder in Gruppen, was sie gelernt haben. Sie jonglierten Bälle und Teller, tanzten auf einem Stahlseil, balancierten auf Rohren, zauberten und unterhielten verkleidet mit Clowneinlagen.

Ein Projekt, dass die Gemeinschaft der Schüler stärkt

Die Kinder durften in der Projektwoche selbst wählen, was sie vorführen wollten. „Das war schön, die Klassen mal zu mischen“, sagte die zweite Vorsitzende des Fördervereins, Anita Pongratz. Es habe aber auch noch mehr dazugehört: Die Kinder mussten aufeinander Acht geben, etwa wenn sie sich beim Seiltanz gegenseitig stützten. Aus diesem Grund eigne sich das Projekt als pädagogisches Mittel, so Pongratz.

„Die Kinder sind fasziniert vom Zirkus. Als wir gesagt haben, ihr dürft das selbst machen, waren alle ganz aus dem Häuschen“, sagte Anita Pongratz. Vor allem für die „verhaltensoriginellen“ Schüler, wie es die Schulleiterin formulierte, sei so ein Projekt eine schöne Chance.

„Das macht etwas mit den Kindern, sich vor großem Publikum präsentieren zu dürfen und zu zeigen, was sie können“, sagte auch Pongratz. Einige Schüler hätten sich sogar bei ihr bedankt.