Der Außenseiter Stuttgarter Kickers hat im DFB-Pokal gegen Titelverteidiger VfL Wolfsburg 1:4 verloren. Als Trostpflaster bleib dem Fußball-Drittligisten eine Einnahme von rund 200 000 Euro.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Die Aufbruchstimmung in Degerloch hatte sich am Samstag auch verbal niedergeschlagen. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, hallte es aus dem Fanblock der Stuttgarter Kickers zum Anpfiff der Pokalpartie gegen den VfL Wolfsburg, der sich eben dort vor einigen Wochen den Pott holte. Den Optimismus in Ehren, aber unterm Strich stand dann eine 1:4-Niederlage, auch wenn der Sportdirektor Michael Zeyer monierte: „Wir hatten genug Chancen, um das Spiel offener zu gestalten.“

 

Vor allem in der ersten Hälfte durch Erich Berko und dann Gerrit Müller, deren Kopfbälle aber jeweils knapp das Ziel verfehlten. „Wenn da der Ausgleich fällt, kommen die Kickers vielleicht nochmals zurück“, gab Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking zu, dessen Mannschaft durch einen frühen Treffer nach 210 Sekunden von Neuzugang Max Kruse den Kickers schon etwas den Zahn gezogen hatte.

Das Positive mitnehmen

Doch damit nicht genug – statt 1:1 hieß es zur Pause 2:0, weil Bas Dost eine schöne Kombination erfolgreich abgeschlossen hatte, allerdings wie schon beim ersten Treffer nahezu unbehelligt. Und es kam noch dicker: Unmittelbar nach der Pause fiel der dritte Treffer durch Kevin De Bruyne, psychologisch ungünstige Zeitpunkte also. Zumindest aus Kickers-Sicht. Der Gast Hecking hatte da leicht reden: „Tore fallen nie zum falschen Zeitpunkt.“ Wie gesagt, die Kickers haben gut mitgespielt und vor allem in der Offensive – erst recht in Anbetracht der Hitze – auch läuferisch überzeugt. „Das war am Limit“, gab Steffen zu, der an seiner Philosophie sowieso nicht rütteln lässt: „Hinten reinstellen und mauern überlassen wir anderen.“ Selbst wenn am Samstag deutlich wurde, wie sehr der Abwehrchef Marc Stein fehlt – wohl auch noch am nächsten Samstag.

Dann in Aue, dritte Liga. „Darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren“ betonte der Kapitän Enzo Marchese, „das ist unser Alltag.“ Und zwar noch 36 Spiele lang. „Und wir müssen das Positive mitnehmen.“ Bei einer so deutlichen Niederlage? Warum nicht! „Wir haben in der ersten Hälfte die klareren Chancen gehabt und mutig nach vorne gespielt“, meinte Marchese noch, während Steffen sagte: „Aus dem Pokalspiel kann ich eigentlich keine Erkenntnisse ziehen.“ Zumindest keine, die ihm nicht schon bekannt wären. Zum Beispiel, dass man sich bei der Abwehrarbeit besser anstellen kann, auch in der dritten Liga.

Der Unterschied zwischen Champions League und dritter Liga

Da passte es ins Bild, dass die Kickers nach dem verdienten Ehrentreffer des eingewechselten Lhadji Badiane noch das 1:4 kassierten – durch einen Torwartfehler. Der junge Carl Klaus konnte gegen seinen Ex-Verein einen Schuss von De Bruyne nur abklatschen – und Nicklas Bendtner abstauben. Dabei kannte Klaus die Gegenspieler, auch wenn er nur für die zweite Mannschaft spielte. Zumindest im Trainingsbetrieb war der 21-Jährige schon bei den Profis integriert. Sei es während Europa-League-Spielen als dritter Torwart zum Beispiel in Lissabon oder zu Jahresbeginn auch mal zweieinhalb Monate am Stück. „Ich wusste, was auf uns zukommt.“ Die Mannschaft auch, doch wie sagte Marchese: „In einigen Szenen hat man eben den Unterschied gesehen, zwischen Champions League und dritter Liga.“

Aber gegen einen der Großen der Bundesliga darf man schon mal ausscheiden. Darauf haben sich die Kickers inzwischen spezialisiert, quasi als idealer Sparringspartner. Vergangene Saison gab es in der ersten Runde auch ein 1:4, gegen den Finalisten Borussia Dortmund. Was nicht heißt, dass Steffen nicht gerne weitergekommen wäre. „Der Pokal ist immer ein tolles Erlebnis“, sagte der Trainer, und der geht weiter – zumindest auf Landesebene. Ebenfalls gegen den Titelverteidiger, den SSV Reutlingen. Wann? Letzter Stand der Dinge: 19. August. „Entweder dort oder bei uns“, sagte der Pressesprecher Hans-Georg Felder.

Aber zuvor geht es noch – nicht nach Berlin, sondern Aue. Und Vorsicht: der Ligarivale hat ein Erfolgserlebnis im DFB-Pokal hinter sich – den Sieg gegen Fürth.