Kostenfreier Eintritt und Führungen: Den verregneten Sonntag nutzen viele zu einem Besuch der 14. Triennale-Kleinplastik. In drei Wochen endet die Schau in der Fellbacher Alten Kelter. Ein Blick ins Gästebuch zeigt, dass die Ausstellung polarisiert.

Fellbach - Ein Besucher zückt am Sonntag einen Zwanzig-Euro-Schein. „Den können Sie stecken lassen, wir haben Tag der offenen Tür, da ist der Eintritt frei“, sagt Christine Thoms, Mitarbeiterin des Fellbacher Kulturamts. Einen Audio-Guide will er nicht. „Erst mal selbst gucken“, ist sein Kommentar.

 

Die Lobeshymnen überwiegen

Das könne schief gehen, sagt Christine Thoms. „Diese Objekte erschließen sich nicht von selbst.“ Nach Führungen durch die Alte Kelter hingegen seien die meisten Besucher begeistert. Ein Blick ins Gästebuch bestätigt dies: „Hervorragende Ausstellung mit Spitzenwerken, ein Hochgenuss“, ist zu lesen, „interessant und aufschlussreich“, „Perfektion in kuratorischer und gestalterischer Darbietung“. Die Lobeshymnen überwiegen. „Danke für die sehr gute Führung“, hielt ein Besucher fest. „Aufsichtspersonal ist super kompetent, gleichzeitig zurückhaltend und zuvorkommend, klasse“, loben mehrere. „Kelter und Ausstellung begeistern! Man muss öfter kommen“, schreibt einer. Doch es sind auch kritische Stimmen verewigt. „Schickt die Kuratorin auf den Mond“, meint einer, „Die „Banalität des Blöden“ bilanziert ein anderer.

Einem Besucher hat die „alte Steinzeitkunst“ am besten gefallen

Pia Steisslinger aus Weinstadt trägt sich gerade ins Gästebuch ein. Ein Video bei der Triennale beschäftigt sie. „Die Installation mit dem dunkelhäutigen Kind fand ich sehr diskriminierend. Das erinnert an den Holocaust. Das ist keine Kunst. Das macht die ganze Ausstellung kaputt.“ Nur selten sind Besucher so fasziniert oder abgestoßen von einem bestimmten Objekt, dass sie dieses im Gästebuch explizit erwähnen.

„Stabpuppentheater – zum Abgewöhnen, schade“, kommentiert jemand anonym. Ein Obertürkheimer lobt die „Totenbesuch-Figuren“, aber „der Rest ist für den Schrottmarkt“. Viele Einträge sind nicht unterschrieben, bei anderen ist der Name unleserlich. Einem Besucher hat die „alte Steinzeitkunst“ am besten gefallen, ein anderer findet den Vergleich von 40 000 Jahre alten Werken mit modernen schlicht „schön“: „Wo stehen wir heute?“, fragt er sich. „Geht gar nicht“, bedauert ein Besucher die Tendenz, dass immer mehr Kunstobjekte nicht betitelt werden. „Blutleere Videokunst“ habe einen „zu hohen Anteil“, befindet jemand und ein anderer ist ganz platt: „Au Backe, wie geht denn das alles zusammen?“ Für R. Mendes ist das kein Problem: „Sehr politisch, ergreifend, berührend, werde es weiterempfehlen“, schreibt er oder sie.

Sehr begeistert war die Klasse 8 b der Eichendorffschule Bad Cannstatt

Ein Karl hingegen meint: „Oh je, es fehlt an Kunstgewalt.“ Hoffentlich gäbe es 2022 eine andere Kuratorin, heißt es in einem Eintrag, und ein Anonymus bedauert: „Nichts fesselt, schlechteste Triennale seit Bestehen – und bin extra 500 Kilometer gefahren.“ Die begleitenden Veranstaltungen indes finden Beifall: „Guter Stoff, besser als Tatort“, kommentiert jemand den Poetry-Slam-Abend.

Der Ausstellungsort kommt gut an: „Das Schönste ist die Alte Kelter, ansonsten bin ich enttäuscht, vieles ist an den Haaren hergezogen“, lautet ein Kommentar. E. Leander schreibt: „Schon beim Reinkommen blieb mir fast die Spucke weg! Wow!“ Ob er die Kelter oder die Ausstellung meint, bleibt offen. Sehr begeistert war die Klasse 8 b der Eichendorffschule Bad Cannstatt. Zum Dank hat die Lehrerin ein von den Kindern geschaffenes kleines Kunstwerk vorbeigebracht.

Am besten kämen nach wie vor Werke an, „mit denen man sofort etwas anfangen kann“

Die Ausstellungsführerinnen Monika Will und Birgit Knolmayer haben am Sonntagvormittag mehr als 15 Personen durch die Schau geleitet, nach dem Mittag steht wieder eine Traube von Menschen bereit. „Manche kaufen auch den Katalog und lesen sich sozusagen durch die Ausstellung, aber das kann mühsam sein“, sagt Monika Will. Früher sei Kunst vielleicht noch selbsterklärend gewesen, aber in der modernen Kunst spiegle sich die vielschichtige und komplizierte Gegenwart wider – entsprechend diffizil sei der Zugang zu aktueller Kunst. Am besten kämen nach wie vor Werke an, „mit denen man sofort etwas anfangen kann“.