15 Jahre KSK Music Open Stars, Groupies und der ewige Traum von den Rolling Stones

Bei Wincent Weiss wollten viele Fans unbedingt in der ersten Reihe stehen. Foto: Avanti/Ralf Poller

Die Macher der Konzertreihe in Ludwigsburg erklären zum Jubiläum, wie alles anfing, warum viele Rockgrößen hier auftreten wollen – und welche Rolle Michael Schumacher bei all dem spielt.

Die KSK Music Open sind eine ziemlich unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte. Die Konzertreihe geht in keiner Metropole über die Bühne, sondern in Ludwigsburg, dem gerne nachgesagt wird, im Schatten von Stuttgart zu stehen. Zudem sind die Veranstalter bei dem Open-Air-Event von Wind und Wetter abhängig. Dazu kommt mit Michael Scholz von den Eventstiftern ein Gründervater, der freimütig einräumt, von Musik „keine Ahnung“ zu haben. Und doch geben sich die Stars seit mittlerweile 15 Jahren im Schlosshof die Klinke in die Hand. Wie konnte das passieren?

 

Auf diese Frage gibt es wahrscheinlich mehrere Antworten. Mit ausschlaggebend ist aber sicher die einmalige Kulisse. „Unter den Künstlern spricht sich herum, dass das eine coole Location ist“, sagt Lilly Scholz, die mit ihrem Vater die Fäden bei den Eventstifern zieht. Papa Michael nickt und betont, dass bei Künstlern nicht immer die Gage an erster Stelle stehe, sondern manchmal auch die Aussicht auf etwas, das man mit Geld nicht kaufen kann – wie eben die spezielle Atmosphäre in Ludwigsburg. Hier schlagen die Musiker vor und nach dem Auftritt ihre Zeit nicht in Kabinen mit Turnhallencharme tot. Stattdessen verwandeln sich die barocken Räume des Residenzschlosses in den Backstagebereich. Wobei die Stars dort nicht über die Stränge schlagen dürfen und auch nicht jeder Wunsch erfüllt wird.

Foto: Werner Kuhnle / 

Der Manager einer internationalen Showgröße habe einmal angedeutet, dass sein Klient ein Gastspiel in Ludwigsburg in Erwägung ziehen könnte, wenn er samt familiärem Anhang im Schloss übernachten dürfe, sagt Michael Scholz. „Aber das ist natürlich nicht realistisch“, erklärt der 57-Jährige schmunzelnd. Die Grunge-Ikonen von den Smashing Pumpkins hatten offenbar keine derartigen Träume. Der außergewöhnliche Veranstaltungsort sei aber wiederum eine Trumpfkarte gewesen, sagt Scholz. Der Schlosshof war das Zünglein an der Waage, dass die Rockband nun im August eines von nur drei Deutschlandkonzerten just in Ludwigsburg gibt. Wichtig sei allerdings auch, dass man in solchen Fällen Spieltage anbieten könne, die in den Tourneekalender passen, so Lilly Scholz.

Nicht unterschätzen darf man beim Erfolg der KSK Music Open auch das gute Näschen der Veranstalter-Familie für zugkräftige Acts und Newcomer, die auf dem Weg nach oben sind. Mark Forster ist so ein Beispiel, der 2015 im Vorprogramm von Gregor Meyle seine Songs präsentierte. Oder Teddy Teclebrhan. Der Komiker brachte 2012 rund 2400 Besucher im Schlosshof zum Lachen. Heute füllt er die größten deutschen Hallen.

All das darf sich auch Michael Scholz ans Revers heften. Denn der Mann aus Ludwigsburg-Oßweil mag zwar keinen Schimmer von Musik und sich selbst „gefühlt noch nie eine Konzertkarte gekauft haben“. Doch umso besser scheint sein Verhandlungsgeschick zu sein. Zudem zeichnet ihn der Mut aus, Gelegenheiten beim Schopfe zu packen. Und dem gelernten Kaufmann eilt der Ruf voraus, alles besorgen zu können. „Brot und Spiele brauchen die Menschen. Das biete ich“, sagt er lächelnd. Scholz rutschte eher in die Konzertbranche, als dass es ihn dort hintrieb.

Foto: Werner Kuhnle / 

1992 machte er sich mit einer Firma selbstständig, über die man Textilien bedrucken lassen kann. Ein Clou war, dass er das inzwischen ikonische Michael-Schumacher-Cappie produzierte. Er überreichte dem Formel-1-Rennfahrer in Adelaide sogar persönlich die Weltmeister-Kappe. So bekam Scholz einen Fuß in die Tür, um die Händlerstraße am Nürburgring zu vermarkten, weitete sein Engagement auf den Getränkeverkauf aus – unter anderem bei Konzerten. Davon bekam irgendwann der frühere Abteilungsleiter Vorstandsstab der Kreissparkasse Ludwigsburg, Thomas Baum, Wind. „Er hat zu mir gesagt: wenn du Udo Jürgens nach Ludwigsburg bringst, sind wir als Sponsor dabei“, berichtet Scholz.

Scholz ließ seine Kontakte spielen, reiste zu Jürgens’ Manager in die Schweiz und machte den Deal fix, wurde zudem mit der Schlossverwaltung über den Hof als Konzertstätte handelseinig, buchte die Geigerin Vanessa-Mae sowie Jan Delay hinzu – womit das Line-up für die ersten KSK Music Open im Jahr 2010 stand. Dieses Potpourri an Stilen sollte zu einem Markenzeichen der mehrtägigen Reihe werden. Das Wenige, das nicht richtig gezündet habe, seien die Genres Klassik und Musical, sagt Michael Scholz. Der Wettergott sei indes fast immer gnädig gestimmt gewesen. „Nur bei Unheilig hatten wir zu kämpfen. Da musste der Headliner eine Stunde früher auf die Bühne, um dem Unwetter aus dem Weg zu gehen“, sagt der 57-Jährige.

Platzverweis für eine Frau mit Säugling

Ein Thema für sich sind die Groupies, die teilweise vor der Show ihrer Lieblinge im Gras entlang des Radwegs vor dem Schloss übernachten, wie Michael Scholz sagt. Im Sinne des Kindeswohls habe man einer Frau sogar einen Platzverweis erteilen müssen, die mit ihrem Säugling schon weit im Voraus in der knallenden Sonne auf den Gig von Michael Patrick Kelly gewartet habe, erklärt Lilly Scholz. „Bei Wincent Weiss im vergangenen Jahr war es auch krass“, erklärt sie. Einige Hardcorefans seien bereits tags zuvor vor Ort gewesen, hätten das Gelände quasi ausgespäht, um für einen Platz in der ersten Reihe sofort nach Einlass den schnellsten Weg zur Bühne einschlagen zu können. Wenn man im Vollsprint auf den Kieselsteinen die Kurve dorthin nehme, bestehe aber die Gefahr, auszurutschen und sich zu verletzen.

Um das zu verhindern, kriegen Popstar-Ultras nun vor dem Konzert ein Bändchen ums Handgelenk, das ihnen einen Platz in den ersten Reihen sichert. Sie müssen dann auch nicht mehr stundenlang auf dem Gelände ausharren, sondern können sich in der Zwischenzeit die Stadt anschauen. „Bei Wincent Weiss haben wir das erste Mal Zweierreihen bilden lassen und die ersten 150 bis 200 Besucher in Reih und Glied hineingeführt, damit ein gesitteter Einlass stattfindet“, sagt Scholz.

Geduldiger wären mutmaßlich Anhänger der Rolling Stones. Eine Band, die Michael Scholz noch gerne in Ludwigsburg begrüßen würde. Klingt vielleicht unrealistisch, aber das galt vor den KSK Music Open für viele Stars, die sich hier nun die Klinke in die Hand geben.

Mehr als 300 000 Besucher

Premiere
Bei den Konzerten der KSK Music Open waren seit 2010 insgesamt 338 200 Besucher dabei. Sido wird bei der Neuauflage im Sommer der erste Künstler sein, der gleich zwei Shows spielt. Außerdem sind 2025 unter anderem Johannes Oerding und die Smashing Pumpkins am Start.

Vielfältige Musik
Bei der musikalischen Bandbreite setzen sich die Eventstifter als Veranstalter keine Grenzen. Es treten Rapper ebenso auf wie Hardrock- und Punkbands oder Popstars. Wenn der Schlosshof bestuhlt ist, sind maximal 5000 Besucher erlaubt, ansonsten bis zu 10 000.

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