Ein Stuttgarter Pfarrer hat im Jahr 1837 den ersten Tierschutzverein in Deutschland gegründet. Zum Jubiläum „175 Jahre Tierschutz“ hält der Historiker Gerhard Raff einen Vortrag.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Mitte - Er kann nicht nur akzentfrei schwäbisch und kennt sich „unheimlich gut in Geschichte aus“, wie die Kirchgängerin Eva Jörger findet. Er setzt sich auch für den Schutz der Tiere ein. Mit seinem Vortrag „Die Pfarrer und der Tierschutz“, den der Historiker Gerhard Raff anlässlich des Jubiläums „175 Jahre Tierschutz“ am Sonntag in der Leonhardskirche gehalten hat, zeigt er sich versiert in der Geschichte des Tierschutzes und versichert, wie wichtig ihm selbst der Schutz von Tieren vor dem Menschen sei. „Für mich muss nicht einmal ein Huhn leiden, ich esse kein Fleisch, nicht einmal mehr Eier“, sagt der Historiker.

 

Gerhard Raff zeigt die Entstehung und Entwicklung des Tierschutzes in Stuttgart und Deutschland auf. Das seiner Meinung nach wichtigste Buch zum Thema sei in der Landesbibliothek schon ewig verliehen, so Raff. Vor mehr als 300 Jahren ist dieses Buch von Pfarrer Adam Gottlieb Weigen in Stuttgart unter dem Titel „Über die Rechte des Menschen gegenüber den Kreaturen“ erschienen. Darin forderte der Pfarrer aus Leonberg als einer der ersten Geistlichen einen „barmherzigen Umgang mit den Tieren“. Das wegweisende Buch war jedoch bald in Vergessenheit geraten.

Nur die Engländer waren noch schneller

Dennoch hat sich Pfarrer Weigen als Vordenker für die späteren Urheber des Stuttgarter Tierschutzvereins erwiesen. Mehr als 100 Jahre später gründete sich nämlich in Stuttgart der erste Tierschutzverein Deutschlands. Namentlich stehen dafür die beiden Pfarrer Christian Adam Dann und Albert Knapp. Auf sie geht das erste Tierschutzgesetz zurück, das die Tierquälerei unter Strafe stellt. „Nur die Engländer waren schneller: Sie hatten als erstes Land schon vorher Vereine für den Tierschutz gegründet“, erklärte Raff.

Vor 175 Jahren ist der Tierfreund und Pfarrer Christian Adam Dann gestorben. Aus diesem Grund erinnert die Leonhardskirche mit einer Ausstellung und einem Festgottesdienst an den Tierschützer. Adam Danns sein Freund und Amtsbruder Alfred Knapp, damals eben Pfarrer in der Leonhardskirche, gründete wenige Monate nach dessen Tod im Jahr 1837 in Stuttgart den ersten Tierschutzverein. 1881 folgte der Deutsche Tierschutzbund, der heute mehr als 700 örtliche Vereine bündelt. „Der Tierschutz ist eine schwäbische Erfindung“, so Raff, der auch in seinen eigenen Büchern immer wieder zum Schutz von Tieren aufruft.

Die Pfarrer Dann und Knapp sind die Vorreiter

Doch als der Vorreiter des Tierschutzes gilt nach wie vor der Pfarrer Dann. Aufgrund seiner Schriften gegen die Tierquälerei von 1821 und 1833 ist er bis heute der Wegbereiter des modernen Tierschutzes. In diesen Schriften prangert er die sinnlose Quälerei von Haus- und Wildtieren an. Er beruft sich darauf, dass der Tierschutz eine biblische Forderung sei. Für die jeweiligen Verweise auf die Bibel ist am Jubiläumsfest die Pfarrerin und Studiengangsleiterin der Akademie Bad Boll, Kathinka Kaden, zuständig gewesen. In ihrer Predigt verweist sie auf Bibel-Passagen, die sich auf den Schutz der Tiere beziehen.

Die Kombination aus Predigt und Vortrag zum Thema Tierschutz ist bei den Besuchern gut angekommen: „Das fand ich sehr gelungen. Beides hat sich ergänzt“, sagt Eva Jörger, die seit kurzem regelmäßig zum Gottesdienst in die Leonhardskirche kommt. Die Stuttgarterin interessiert sich selbst für den Tierschutz, weshalb sie besonders auf den Vortrag von Gerhard Raff gespannt war. „Was er über die Pfarrer und den Tierschutz erzählt hat, war mir auch alles weitgehend neu“, so Eva Jörger.

Und obwohl Gerhard Raff den Zuhörern am Ende gesteht, dass er für bestimmte Tierarten wie Insekten überhaupt nichts übrig hat, mahnt der bekennende Stuttgart-21-Gegner dennoch an: „Auch die Juchtenkäfer haben ein Recht auf Leben.“

Ausstellung Die Exponate zum Thema „Die Pfarrer und der Tierschutz“ sind noch bis zum Sommer in der Leonhardskirche zu sehen.