Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 sind zur 175. Auflage der Protestaktion mit ihrer Montagsdemo wieder zurück vor den Hauptbahnhof gezogen – und sie wollen Stuttgart 21 mit einer Kampagne im Sommer zum Wahlkampfthema machen. Wir zeigen Bilder von der 175. Montagsdemo.

Stuttgart - Der Zeitpunkt für den Umzug hätte sich aus Sicht der Stuttgart-21-Gegner nicht passender ergeben können. Pünktlich zur zwischenzeitlich 175. Auflage der Montagsdemos sind die Aktivisten und Gegner des umstrittenen Bahnprojekts wieder an den Ort des Geschehens zurückgekehrt, vor den Hauptbahnhof, wo sie sich nach dem mehrmonatigen Gastspiel vor dem Rathaus wieder wöchentlich versammeln werden. Nach Angaben der Veranstalter kamen 2500 Teilnehmer, die Polizei zählte 1500.

 

Gleichzeitig will die Protestbewegung die Rückkehr vor den „leider ziemlich ramponierten“ Stuttgarter Hauptbahnhof als Auftakt einer Sommer-Kampagne verstanden wissen, die mit einer Großdemo einen Tag vor der Bundestagswahl am 22. September endet. Mit diesem symbolträchtigen Termin wollen die Aktivisten unterstreichen, dass sich ihr Protest in den nächsten Monaten vor allem gegen die „verantwortlichen Politiker“ im Land richten wird. Man wolle das „Prinzip Stuttgart 21“ in den Fokus rücken, so der Sprecher der Parkschützer, Matthias von Herrmann. „Mit geschönten Zahlen Entscheidungen erschleichen und durchsetzen, die Kritiker diskreditieren und kriminalisieren, trotz horrender Mehrkosten und untragbarer technischer Mängel organisiert wegschauen.“

Das Land soll eine Feststellungsklage einreichen

Allen voran steht auf der Liste mit Erledigungen dabei eine Feststellungsklage, die nach Willen der Stuttgart-21-Gegner von der Landesregierung eingereicht werden soll, „um Risiken für den Landeshaushalt abzuwenden“, so der Jurist Eisenhart von Loeper vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21. Nachdem der „Kostendeckel in Höhe von 4,526 Milliarden Euro gesprengt“ worden sei, fehle nun jegliche Finanzierungsvereinbarung über Baukosten, Risikopuffer und Beiträge der Projektpartner, die sich im „rechtlichen Niemandsland“ bewegen würden, so von Loeper. Das Land müsse daher zwingend mit einer so genannten negativen Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht klären lassen, dass ihm keine zusätzlichen Zahlungspflichten über den vorgesehenen Betrag von 930 Millionen Euro entstehen. Das Gericht müsse prüfen, ob und welche Folgen der Finanzierungsvertrag von Stuttgart 21 und die darin enthaltene Sprechklausel für das Land hätten, so der Jurist: „Der Schwebezustand muss endlich geklärt werden.“

Verantwortungsvolles Handeln fordern die Organisatoren des Protest zudem auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die laut Aufgabenverteilung auf der Erledigungsliste der Aktivisten „Stuttgart 21 stoppen“ soll. Die Fakten seien bekannt, die verantwortliche Politik müsse jetzt die Konsequenzen ziehen, so Carola Eckstein von den Parkschützern. Die Kosten für das Tunnelprojekt würde schon jetzt jeden Rahmen sprengen. Dazu würden die technischen Fehler die deutsche Ingenieurskunst auf der ganzen Welt blamieren.

Wie es mit der Kampagne weitergeht

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Finanzminister Nils Schmid sollen „an ihren Taten gemessen werden“, so von Herrmann. Entscheidend sei, was die „Grünen, Roten, Schwarzen tatsächlich tun – jetzt, in diesem Sommer, in den Monaten vor dem Wahltag“. Verantwortliche Haushaltspolitik sehe jedenfalls anders aus. Die Regierung müsse handeln, damit das Land nicht erpressbar werde. Der Landeshaushalt brauche Planungssicherheit. Diese bedeute, so von Herrmann, „dass wir eine juristisch verbindliche gerichtliche Klage benötigen, wer die horrenden Mehrkosten für den Tunnelbahnhof tragen soll.“ Man werde „Stuttgart 21 zum unbequemen Wahlkampfthema machen“.

Fortgesetzt werden soll die Kampagne nach dem Auftakt bei der 175. Montagsdemo bereits am Samstag mit einer Großkundgebung auf dem Schlossplatz und anschließendem Demozug. Dabei sollen auch Redner aus Städten wie Frankfurt, Berlin, Turin oder Hamburg auftreten, in denen ähnlich wie in Stuttgart Großprojekte für negative Schlagzeilen sorgen. Angesagt hat sich zudem Albrecht Müller, der im Bundeskanzleramt bei Helmut Schmidt und Willy Brandt Planungschef war.