Markus Babbel hat die Mannschaftsstruktur radikal verändert. Nun stehen der Trainer und sein Team vor dem badischen Derby in Freiburg an einem kritischen Punkt.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Sinsheim - Markus Babbel schwant nichts Gutes. Denn der Trainer der TSG 1899 Hoffenheim hat zuletzt eine immer klarere Vorstellung davon bekommen, dass sein Vorhaben, die nach wie vor vorhandene fußballerische Qualität des Bundesligisten mit einer neuen Mentalität zu paaren, Geduld erfordert. Die Zeit dazu hat sich Babbel jedoch kaum selbst zugestanden, weil er die Kraichgauer vor Saisonbeginn zu einem Europapokalaspiranten ausrief. Und jetzt verfügt der Chefcoach tatsächlich nicht über die Zeit, um den Umbau der Mannschaft mit Ruhe anzugehen.

 

Als großes Problem entpuppt sich dabei, dass der Plan, der Mannschaft ein neues Gesicht zu verpassen und ihr damit gleichzeitig einen frischen Siegergeist einzupflanzen, nur bis zu dem Punkt aufgegangen ist, als dass elf neue Namen auf der Kaderliste stehen. Gefestigter präsentiert sich Hoffenheim dagegen nicht. Vielmehr zeigt sich früh in der Saison, dass Babbel zwar die Struktur im Team aufgebrochen und die Hierarchie sogar gebrochen hat, um in Hoffenheim den schnellen Erfolg zu erzielen. Doch auch dieser braucht seine Zeit.

Zu früh für Saisonziele?

Das liegt vor allem daran, dass der Trainer zwar Führungsspieler weggeschickt (Tom Starke), auf die Tribüne verbannt (Andreas Beck) und die Bank gesetzt (Sejad Salihovic) hat, doch die als Säulen auserkorenen Tim Wiese, Matthieu Delpierre oder Eren Derdiyok die Last eines Umbruchs im Hauruck-Verfahren (noch) nicht stemmen können. Sie waren bisher zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als das sie der Mannschaft von 1899 helfen konnten. „Die erfahrenen Spieler müssen nun aber entscheidend mithelfen, dass es die jüngeren Spieler wieder einfacher haben“, sagt Babbel.

Nun mag man einwerfen, dass ja erst zwei Spieltage absolviert sind, und es noch viel zu früh erscheint, um neue Saisonziele auszurufen oder gar in Hektik zu verfallen. Allerdings liegen aber auch erst zwei Spieltage (plus ein Pokaldebakel) hinter den Hoffenheimern – und sie bewegen sich schon auf eine fulminante Krise zu.

So kommt der Begegnung am Sonntag beim SC Freiburg mehr Bedeutung zu, als allen anderen dritten Spieltagen des Vereins zuvor. Gelingt 1899 ein Sieg im badischen Derby, dann beruhigt sich das Umfeld vorerst wieder. Doch verliert Hoffenheim erneut, dann stehen Babbel als Trainer und Manager jene Grundsatzdebatten ins Haus, die den Club schon lange begleiten und bereits öfters erschüttert haben.

Da gilt es, Optimismus zu verbreiten

Die Fragen nach der Transferpolitik, der Teamfähigkeit der Spieler und ihrem Hang zur Bequemlichkeit würden bohrender werden. Und nicht zuletzt Babbel selbst würde verstärkt in der Kritik stehen. Der 40-Jährige weiß das. Er fürchtet sich auch nicht davor. Es ist nur so, dass er früh in eine Verteidigungshaltung geraten ist. Nach der Pokalblamage gegen einen Berliner Viertligisten nahm Babbel eine Teilschuld auf sich, nach der Ligapleite gegen Frankfurt gestand er Fehler ein. Doch viel mehr kann er nicht auf seine Kappe nehmen, ohne größeren Schaden zu erleiden. Nur: plausible Erklärungen für die sportliche Misere hat er auch noch nicht geliefert.

Deshalb sind sie in Hoffenheim schon froh darüber, dass der Gönner und Gesellschafter Dietmar Hopp sich zuletzt über die Lage von Team und Trainer öffentlich nur selten geäußert hat. Wissend, dass jedes seiner Worte das Gegenteil bewirken kann. Spricht er Babbel großartig das Vertrauen aus, heißt es, es sei fünf vor zwölf im Kraichgau. Kritisiert er den Chefcoach, heißt es, es sei bereits drei vor zwölf.

Nun macht Babbel das, was ein Trainer in heiklen Phasen auch tun muss: Optimismus verbreiten. „Mir ist wichtig, dass die Mannschaft Rückschläge abschüttelt und weitermacht“, sagt er. Aus gutem Grund. In den vergangenen Partien brach die Elf nach dem ersten Gegentor in sich zusammen. Und im Club mag sich keiner ausmalen, wie es wohl sein würde, wenn sich das Team die Tabelle länger von unten ansehen müsste. Das ist das sensible Ensemble nicht gewohnt, denn bisher waren die Hoffenheimer Gutstarter und verfügten für Krisenzeiten über einen Punktepuffer. Nur diesmal ging es gleich schlecht los.