In der Gastronomie müssen in der Warnstufe alle ungeimpften Gäste einen PCR-Test vorweisen. Stuttgarts Wirte haben sich damit arrangiert, doch bei einem für den Umsatz wichtigen Thema besteht noch große Unklarheit.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Seit Mittwoch heißt es für Ungeimpfte in der Gastronomie: Wir müssen leider draußen bleiben. Denn den wenigsten dürfte es wert sein, für einen Kneipenbesuch oder Abend im Restaurant viel Geld in einen PCR-Test zu investieren. Stuttgarts Wirte reagieren dennoch gelassen auf die Einschränkungen – auch diejenigen, und das sind die meisten, die bis zuletzt nach der 3-G-Regel gewirtschaftet haben.

 

Mitarbeiter weiterhin mit Maske

Eric Bergmann, Chef der mehrfach ausgezeichneten Bar Jigger & Spoon, hat zwar eine dezidierte Meinung zu Impfgegnern, „wollte aber niemanden ausschließen“. Angst vor einem „Shitstörmchen“ von radikalen Impfverweigerern habe er aber keine gehabt, wie er sagt. Man hatte sich nicht für die 2-G-Option entschieden, weil die Aussicht auf Service ohne Maske „nicht kriegsentscheidend“ sei. In der Warnstufe müssen Mitarbeiter in der Gastronomie ohnehin Maske tragen. Der Anteil von Gästen mit Antigentest sei zuletzt verschwindend gering gewesen, nun begleite ihn aber die „Angst vor gefälschten Impfpässen“.

Nützt der Druck auf Ungeimpfte?

Bergmann hofft darauf, dass die Einschränkungen für manche auf Dauer „so nervig werden, dass sie sich doch noch impfen lassen“. Ralf Groher von der Bar in der Augustenstraße, hält zwar nicht viel vom Druck auf Ungeimpfte, aber „deutlich über 90 Prozent“ seiner Gäste seien schon geimpft. Man habe sich immer streng an alle Bestimmungen gehalten, sagt er. So dürften die Leute in der engen Location nicht rumstehen, notfalls müssten Neuankömmlinge an einem der Tische draußen warten.

Vereinzelte Absagen von Gruppen

Allerdings: Just für den ersten Tag der geltenden Warnstufe hatte sich eine Gruppe zu einem Whisky-Tasting in der Bar angemeldet, darunter zwei Ungeimpfte, so dass der Termin auf unbestimmt verschoben wurde. Das Tasting zu einer geschlossenen Veranstaltung umzudeklarieren und keine anderen Gäste reinlassen, wollte Groher nicht.

Mit vereinzelten Absagen von Gruppen müssen auch andere Wirte leben. Wie Birgit Grupp, die Chefin vom Paulaner am Postplatz und dem benachbarten Stadtbesen. Auch komme es vor, dass Gäste ihren Impfpass vergessen – vor allem ältere, die ihn nicht digitalisiert im Smartphone bei sich tragen. Generell aber sagt sie: „Wenn ich ein Jahr zurückdenke, ist es doch toll, dass wir überhaupt geöffnet haben!“

Ist Außenbewirtung eine Option?

Ihren Außenbereich bespielt Grupp weiterhin und hat Heizlampen aufgestellt. Dies kann auch eine Möglichkeit für Ungeimpfte sein, die draußen allerdings einen Antigentest vorweisen müssen. Soweit es das Wetter zulässt, bewirtet man in der Alten Kanzlei außen die Flanke zum Schillerplatz, wie der Geschäftsführer Dennis Shipley sagt. Gegenüber am Schlossplatz hat Osman Madan vor Carls Brauhaus ein großes Zelt aufgestellt. Und vor der Plieninger Garbe baut man zwei Zelte auf, die aber von vornherein nur für Geimpfte zugänglich sein sollen. Der Geschäftsführer Marius Schlatter sagt: Zuvor habe man „als Unternehmen keine Vorteile in der 2-Regelung gesehen“ und wollte keine Gäste verprellen. Nun aber sei man froh, „dass die Politik die Verantwortung nicht mehr den Gastronomen zuschiebt“.

Unklarheiten wegen Weihnachtsfeiern

Den Zeltaufbau vor der Garbe habe man bereits im Frühjahr geplant, als zusätzliche Entlastung und als Option für Weihnachtsfeiern. Aber gerade bei diesem Thema „gibt es noch viele Unsicherheiten“, sagt Nima Nafeei, Geschäftsführer von Burgerheart und den Stuttgarter Oh-Julia-Filialen. In Carls Brauhaus werden diesbezüglich erst einmal keine Reservierungen für Dezember angenommen. Auch über die genauen Bestimmungen der geltenden Warnstufe seien laut Nafeei viele Gäste nicht richtig informiert. Aber ob 3 G oder nun 2 G – vor Ort sei immer mindestens ein Mitarbeiter damit beschäftigt, die Nachweise zu checken.

Wirte müssen hinter Kontrollen her sein

Dass sich viele Gäste schwertun mit den Überprüfungen, berichtet Rosario Lamattina vom Perbacco an der Tübinger Straße, obwohl die allermeisten geimpft seien. „Bei einem Drittel müssen wir schon vehement nach dem Nachweis fragen. Manche behaupten dann, wir seien die Einzigen in Stuttgart.“ Günther Oberkamm vom Augusten-stüble ist da ebenso eisern. Seine Frau prüfe schon an der Tür die Dokumente, und wer nur ein Weckglas to go oder eine Flasche Wein holt, müsse als Ungeimpfter auf der Straße warten. Wie alle von uns befragten Wirte hat auch Oberkamm bislang nach der 3-G-Regel gearbeitet – er sagt, um nicht Öl ins Feuer der Skeptiker zu gießen, denen er aber in Diskussionen „klare Kante“ zeige.

Streitigkeiten in Familien

Dass die Schnelltests immer mehr aus dem Fokus geraten, bedauert Dennis Shipley von der Alten Kanzlei. Er lasse sich weiterhin dreimal die Woche testen, schließlich sind auch Geimpfte nicht gänzlich vor dem Virus geschützt. Obwohl es aufgrund der 1-A-Lage in der City einen hohen Durchlauf gibt, sei seit Beginn der Pandemie kein einziger positiver Fall bei ihm aufgeploppt, „und wir sprechen hier von Zehntausenden“, so Shipley.

Vincent Klink, Patron der Wielandshöhe, sagt: „Der Beruf des Gastwirts ist nicht leichter geworden“, aber an vieles habe man sich gewöhnt und das Geschäft laufe gut. Auch bei ihm seien zuletzt kaum noch Gäste mit Testergebnis erschienen, allerdings seien jetzt zwei Absagen aufgrund der 2-G-Regel zu verzeichnen. Von Familien, in denen es wohl Streitigkeiten gegeben habe. Klink spricht von einem „Misstrauen gegenüber dem Staat in der jungen Generation“, was bei dem ganzen Hin und Her in der Pandemie auch verständlich sei.