Von Klaus Zehelein als Institution zur „ästhetischen Erziehung“ von Kindern und Jugendlichen gegründet, hat die Junge Oper seit 2007 Geschichte geschrieben: als Institution, bei der Kunst und Pädagogik auf Augenhöhe sind.
Stuttgart - Nein, keine „kleine Zauberflöte“. Kein „Hoffmännchen“, auch keine nachmittägliche Familienvorstellung von Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ (die ja, wie spätestens Johannes Schaafs Inszenierung im Großen Haus 1995 bewies, ohnehin eigentlich kein Kinderstück ist). Als der Stuttgarter Opernintendant Klaus Zehelein 1997 erstmals eine Premiere bei der zwei Jahre zuvor gegründeten Jungen Oper auf den Spielplan setzte, gab es so etwas in Deutschland noch nirgends; schon diese Auftaktproduktion war ein Stück, das speziell für junges Publikum geschrieben und mit Beteiligung vieler Kinder und Jugendlicher (darunter die Chöre der Musikschulen von Stuttgart und Ostfildern) aufgeführt wurde: „Der gestiefelte Kater“ des russischen Komponisten César Cui von 1913. Seither mag an der Jungen Oper viel gelacht, viel gespielt, viel ausprobiert worden sein; die Basis des Denkens indes sind tiefer Ernst und der feste Glaube an die gesellschaftliche Relevanz, ja: Unabdingbarkeit der musikalischen und der musikpädagogischen Arbeit. Auch den Anspruch, der die Musiktheater-Arbeit des Großen Hauses prägte (und bis heute prägt), hat man niemals und in keinem Belang kleingeschrumpft.
Seit nunmehr zwanzig Jahren ruht die Junge Oper Stuttgart auf drei Säulen. Da ist erstens die Aufführung, teilweise auch Uraufführung speziell für junges Publikum geschriebener und vertonter Stücke, welche die Lebenswelt der Heranwachsenden spiegeln. Da ist zweitens deren Vermittlung und Aufbereitung. Und da ist drittens die aktive Beteiligung junger Mitspieler, Chorsänger und singender Nachwuchsprofis. Unter Letzteren findet, wer alte Besetzungslisten studiert, etliche Sänger, die heute noch in Profichören oder gar als Solisten unterwegs sind. Und die anderen, die ganze Ferien und viele Abende geopfert haben, um hier als Choristen oder Statisten auf der Bühne zu stehen, kommen später als Publikum wieder. Sie haben keine Schwellenangst mehr, und vielleicht haben Sie auch verstanden, dass es in der Jungen Oper nie nur um die schöne Parallelwelt eines „Es war einmal“-Märchens geht. Wenn sich Schulen aus dem gut gepflegten, weiten pädagogischen Netzwerk der Institution für eine Produktion interessieren, dann geben ihnen Musikpädagogen eine Fülle von Material an die Hand. So werden auch aus Lehrern Wiederholungstäter. Und die Idee, Kunst und Pädagogik gleichwertig zu behandeln und Musiktheater auch als Vehikel für die Kreativität jugendlicher Zuschauer zu betrachten, hat Schule gemacht: Heute geht es nicht mehr um die Rechtfertigung eines speziell auf junge Besucher zugeschnittenen Musiktheaters, sondern zuallererst um die Erweiterung des entsprechenden Repertoires.