Vor 20 Jahren hat der Kopftuchstreit in Deutschland die Gemüter erhitzt. Heute vermisst die damals betroffene Fereshta Ludin Signale des Staates für Vielfalt und Toleranz.

Stuttgart - Auch 20 Jahre nach dem Start ihres juristischen Kampfs gegen das Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen vermisst Fereshta Ludin deutlichere Signale des Staates für Vielfalt und Weltoffenheit. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht 2015 Verbote für unzulässig erklärt und es unterrichteten heute in vielen Bundesländern Lehrerinnen mit Kopftuch, dennoch gebe es „heute nicht so viel zu feiern“, sagte Ludin am Donnerstag in Stuttgart.

 

Es sei schade, dass immer noch über das Thema gesprochen werden müsse. Aktuell etwa gebe es mancherorts Debatten über Kopftuch-Verbote für Schülerinnen unter 14 Jahren oder für Richterinnen und Staatsanwältinnen. „Man wird nicht untreu, nur weil man ein Tuch trägt oder einen Turban“, ist Ludin überzeugt. Das Kopftuch sei keineswegs ein politisches Statement oder Zeichen für Protest und Abgrenzung. Ludin forderte vom Staat eine Haltung, die besagt: „So lange sich die Frauen nicht gegen den Staat auflehnen, sind wir offen.“

Ludin, die heute an einer Privatschule in Berlin unterrichtet, wurde 1998 in Baden-Württemberg nicht in den Schuldienst übernommen, weil sie Kopftuch trug. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2003 zu ihrem Fall hatten Bundesländer Verbote eingeführt. Die meisten schafften diese jedoch wieder ab, nachdem 2015 in einem neuen Urteil pauschale Verbote für nicht grundgesetzkonform erklärt wurden.