Inmitten des Einkaufstrubels bietet die Kirche St. Eberhard an der Königstraße einen Ort der Besinnung und der Ruhe. Mit einem festlichen Pontifikalgottesdienst haben die Gläubigen das 200-jährige Jubiläum gefeiert.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Längst vergessen sind die Zeiten, als man Suchenden den Weg zur Domkirche St. Eberhard mit den Worten „Das ist die beim McDonald’s“ wies. Inzwischen hat sie eine würdigere Nachbarschaft erhalten. Wo einst der Geruch von Frittenfett auf die Königstraße zog, liegt nun Kaffeeduft in der Luft. Die Domkirche ist nun „die neben dem Haus der Katholischen Kirche“ – das natürlich nicht in erster Linie ein Café ist, so aber viel Publikum anlockt.

 

Dadurch ist St. Eberhard nicht nur von seiner Widmung her, sondern auch in der Wirklichkeit das, was die Kirche von jeher ist: eine zentrale Anlaufstelle für Katholiken im Zentrum der Landeshauptstadt, in der nach wie vor die Protestanten deutlich in der Überzahl sind. Am Sonntag schlossen die Gemeindemitglieder mit einem Pontifikalgottesdienst die Feiern zum 200-jährigen Bestehen ihres Gotteshauses an der Königstraße ab.

Wie Häfen im Meer habe Gott die Kirchen in der Welt angelegt, damit sich die Menschen aus dem Wirbel der Welt mit ihren irdischen Sorgen dahin retten können, sagte der Bischof Gebhard Fürst. Dieses Bild passt seiner Ansicht nach hervorragend zu der Kirche, die inmitten des Einkaufstrubels an der Königstraße ein Raum ist, der so ganz anders ist als alle drum herum: „Hier muss niemand etwas kaufen, leisten, produzieren“, sagte der Bischof.

Der König schenkte den Katholiken das Grundstück

Die Kirche hat ihren Standort an der Königstraße seit dem Jahr 1808. Zwei Jahre zuvor war die Ausübung des katholischen Glaubens unter königlichen Schutz gestellt worden. Nach mehreren Zwischenstationen als Gäste in anderen Gotteshäusern erhielten die Katholiken den Platz an der Königstraße zugewiesen. Es entstand hier der erste römisch-katholische Sakralbau nach der Reformation in Stuttgart – wenn auch protestantisches Material dafür verwendet wurde. Denn bauen ließ sie der König aus den Steinen der Schlosskirche auf der Solitude, die man dort abtrug. Aufgrund der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. Einzig der Turm stammt noch original aus dieser Zeit.

Der Weihetag der Kirche St. Eberhard ist der 1. Oktober. Bis zum Sonntag feierten die Katholiken das 200-Jahr-Jubiläum. Und damit feierten sie auch die zentrale Bedeutung, nicht nur für Stuttgart, sondern für die gesamte Diözese. Im Jahr 1978 wurde sie zur Konkathedrale, also zur Kirche eines Bischofssitzes, erhoben. Für diese Funktion musste sie umgebaut werden.

Sparsamkeit kann auch Herzlichkeit ausdrücken

Wenn der Bischof nun auch noch seinen Amtssitz nach Stuttgart verlegen würde, würde ihn das freuen, sagte der Oberbürgermeister Wolfgang Schuster in seinem Grußwort. Es sei wichtig, dass die Kirchentüren inmitten des Einkaufstrubels der Königstraße „ganz weit offen stehen für jedermann“, so Schuster. Die Kirche in der Innenstadt sei für viele Menschen ein „Ort der Entschleunigung“.

Ähnlich sieht auch der stellvertretende Ministerpräsident Nils Schmid die Rolle von St. Eberhard. Mit dem Haus der Katholischen Kirche gebe es ein wunderbares Beispiel der Öffnung in die Stadt hinein. Als Finanzminister gefällt Schmid die Entstehungsgeschichte der Kirche: Gebaut aus einer abgetragenen und damit recycelten Kirche, zeige St. Eberhard, dass in Baden-Württemberg „Sparsamkeit auch Herzlichkeit“ ausdrücken kann.