Hermann Melville ist gerade einmal 30 Jahre alt, als er 1849 auf Umwegen auf seinen monströsen Roman „Moby Dick“ zusteuert. Das Buch wird aus einem geachteten einen verachteten Schreiber machen, der als Zollinspektor anheuern muss. Sein Ruhm setzt erst viel später ein; dafür hält er bis heute.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Stuttgart - Er war ein alter Mann, und er fischte allein in einem Boot im Golfstrom, und seit vierundachtzig Tagen hatte er keinen Fisch gefangen“, ist wahrlich kein schlechter Anfang für einen Roman. Ernest Hemingway, der hier zitiert wird, war Journalist. Er wusste, wie man Leser in eine Geschichte hineinzieht, und natürlich kannte er Herman Melvilles „Moby Dick“, dessen „mythische Weltschau“ (Hanjo Kesting) Hemingway in „Der alte Mann und das Meer“ von 1952 auf eine simple Parabel herunterbricht. Vorbildhaft interessierte ihn allein die Essenz von Melvilles Story: Mann jagt Wal, Wal tötet Mann (und Mannschaft, bis auf einen). Der Rest an Rhetorik auf den – je nach Ausgabe – fast 1000 Seiten war Hemingway zu viel. „Rosinen im Kuchenteig“ – wenn Melville seitenlang über den „Kopf des Pottwals“ respektive des Grönlandwals anatomische Vergleiche anstellte – überlas er. An Melvilles Romananfang kam Hemingway trotzdem nicht vorbei: „Call me Ishmael.“ Geht es gefangennehmender? Elektrisierender?