Bei der finalen Abstimmung befürwortet eine klare Mehrheit die Pläne des württembergischen Fußballverbands. Die große Frage ist nun: wann und wie geht es weiter?

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Filder/Stuttgart - Die große Party muss aus bekannten Umständen ausfallen. Die Reaktionen auf den Facebookseiten sind aber prompt gefolgt. „!!! Aufsteiger !!!“ So, mit insgesamt sechs Ausrufezeichen, steht es beim TSV Rohr. Aus Sielmingen schmettern sie derweil ein „Wir sind stolz auf euch Jungs! 100 % Blau-Weiß“ in die virtuelle Welt. Nachdem der Verbandstag am Samstag wie erwartet den coronabedingten Abbruch der Fußballsaison in Württemberg beschlossen hat, ist es fix: Vier Mannschaften aus dem Verbreitungsgebiet der Filder-Zeitung steigen als Meister auf – neben den erwähnten Rohrer und Sielminger Kickern auch jene des TSV Plattenhardt sowie die Hoffelder Frauen. Absteigen muss heuer keiner. Freilich: außer Gewinnern gibt es auch Verlierer – und vor allem die Frage, wann und wie es nun weitergehen wird.

 

Aktuell immerhin existierten für die Beteiligten offensichtlich keine wirklichen Zweifel mehr, was zu tun ist: 264 der 278 Delegierten des außerordentlich einberufenen Verbandstags nahmen an der Abstimmung teil, und 94,96 Prozent davon votierten für den Vorschlag, den die Verantwortlichen des Württembergischen Fußball-Verbands (WFV) in den vergangenen Wochen erarbeitet hatten. Schluss mit dem Spielbetrieb 2019/2020. Gewertet wird die Runde auf Basis der seit Mitte März ruhenden Tabellenzwischenstände, allerdings mit Hilfe einer Quotientenregel, welcher der unterschiedlichen Anzahl absolvierter Spiele unter den einzelnen Teams Rechnung trägt.

Plattenhardter Happyend

Von Letztgenanntem profitiert zuvorderst der TSV Plattenhardt. Die Filderstädter klettern dadurch in der Bezirksliga vom zweiten auf den ersten Platz. Sie überrunden ihren Überraschungsrivalen SV Sillenbuch noch, wobei jener aber eh bereits angekündigt gehabt hatte, auf ein etwaiges Aufstiegsrecht zu verzichten.

Für die Plattenhardter bedeutet dieses Happyend einer wechselhaften Saison die so lange herbeigesehnte Landesliga-Rückkehr. Endlich! Nach zuvor acht vergeblichen Anläufen. „Es fühlt sich ein bisschen komisch an, dass es auf eine solche Weise geschieht. Aber wir freuen uns natürlich sehr“, sagt der Abteilungsleiter Sascha Krammer, dessen Mannschaft am Abend dann, als das Ergebnis aus der Verbandszentrale verlautete, Improvisationskunst bewies. Die Spieler prosteten sich aus der Ferne zu. In der eigenen Whatsappgruppe stellte jeder sein persönliches Jubelbild ein.

Frauen auf der Verliererseite

Die „richtige Aufstiegsfeier“ soll es laut Krammer auch noch geben. Allerdings erst, wenn dies die Verhaltensregeln in der momentanen Krisenzeit wieder erlauben. Und dann auch nur partiell. Kurios: eigentlich hätten sie im Weilerhau beim jetzigen Urnengang zwei konträre Meinungen haben müssen. Ein Verein im Zwiespalt der Gefühle. So sehr den Männern die nun gültige Beschlusslage entgegen kommt, so sehr hätte es in den eigenen Reihen auch Argumente für die zweite zur Debatte gestandene Version gegeben: jene, die Saison frühestens von September an fortzusetzen. Die Plattenhardter Frauen ihrerseits hätten jedenfalls allein damit die Chance gewahrt, ihre Aufstiegspläne noch zu realisieren. Nun bleibt ihnen in ihrer Landesliga-Staffel nur der zweite Platz, mithin die Niete. Die Relegationsspiele der Vizemeister fallen wie berichtet ersatzlos weg.

Auch andere Fildermannschaften gehören zu den Verlierern. Zum Beispiel der SV Tunaspor Echterdingen, der ebenfalls aufgrund der Quotientenregel in seiner Kreisliga-B-Staffel von der Spitze rutscht. Oder der Landesligist SV Bonlanden, aus dessen erhoffter Aufholjagd in Richtung vorderste Tabellenplätze nun nichts mehr wird. Skeptisch betrachtet der Trainer der Schwarz-Weißen, Klaus Kämmerer, die jetzige Entscheidung allerdings eher aus einem anderen Grund. „Dadurch, dass es keine Absteiger gibt, bläht man die Ligen auf“, moniert er. Die Seinen etwa werden fortan 18 statt 15 Gegner haben. Klingt nach Mammutprogramm.

Bonlandener Kritik

Kämmerers Befürchtung, darüber hinaus: „Nun läuft man Gefahr, dass man zwei Spieljahre an die Wand fährt, nicht nur dieses, sondern auch noch das nächste.“ Besser gefallen hätte es ihm, hätte man sich am bayerischen Beispiel orientiert. Im Nachbarbundesland hatten die Macher bereits vor mehreren Wochen ein Weiter der Saison im Herbst beschlossen – inzwischen mit einschneidendem Folgeplan: Aus 2019/2020 wird ein 2019/2020/2021. Die eigentliche nächste Runde 2020/21 fällt dafür aus.

In Württemberg wird es jene geben. Die Frage, die bleibt, ist: wann? Und wie? In diesem Fall nicht mit sechs Ausrufe-, sondern vielen Fragezeichen. Unverändert befindet der Fußball sich im Corona-Schwitzkasten. Mannschaftssport mit Abstandsregeln, Körperkontaktverbot – so lange dies gilt, ist die Kickerbranche auf Eis gelegt. Beim WFV hofft man nun auf „baldige positive Signale“ von Seiten der Politik. Zusammen mit den Schicksalsgenossen aus Süd- und Nordbaden hat die Verbandsspitze ein Schreiben an die Sport- und Kultusministerin Susanne Eisenmann verfasst. „Es ist wichtig, da jetzt in einen Dialog zu kommen. Es geht darum, alsbald in die Normalität zurückkehren zu können“, sagt der WFV-Geschäftsführer Frank Thumm.

Nächste Saison nur Einfachrunde?

Das hieße: wieder normal trainieren können – um dann tatsächlich im September wieder in den Wettbewerb einzusteigen. Falls nicht? Laut Thumm „liegen Alternativmodelle in der Schublade“. Sollte die Zwangspause noch deutlich länger anhalten, wäre es etwa denkbar, die nächste Saison lediglich in einer Einfachrunde auszuspielen. Keine Hin- und Rückspiele, sondern jeweils nur eine Partie. So würde man Zeit und Spieltage einsparen.

Das wäre erneut eine Entscheidung mit Zähneknirschen – in dieser Angelegenheit dann auch in Rohr, Sielmingen, Hoffeld und Plattenhardt. Aber wer kann derzeit schon wissen, was Corona noch bringt?