Zweieinhalb Chancen reichen den Stuttgartern in der dritten Liga zu einem 2:1-Sieg bei Holstein Kiel. Damit festigt das Team seinen Platz in der Spitzengruppe.

Stuttgart – Eiskalte Chancenverwertung gepaart mit defensiver Disziplin – das sind zwei Tugenden, die in der dritten Liga nachhaltigen Erfolg garantieren. Den Beleg für diese These trat in der Vorsaison Fast-Aufsteiger Holstein Kiel mit seiner gefürchteten Pressing-Maschine an. Am Samstag aber erfuhren die Störche im eigenen Stadion, wie schlecht es sich anfühlt, wenn der Gegner diese Eigenschaften auf den Rasen bringt. Zwei individuelle Schnitzer der Nordlichter bestraften die Stuttgarter Kickers durch Gerrit Müller (34.) und Erich Berko (47.) gnadenlos und drehten damit den 0:1-Rückstand durch Dominik Schmidt (22.) zum letztlich keineswegs unverdienten 2:1-Auswärtssieg.

 

Kein Wunder, dass die Spieler aus Degerloch trotz eines Sonne-Wolken-Regen-Mix an der Förde um die Wette strahlten. „Wir hatten zwei Momente, die wir in Tore umgemünzt haben. Wir hatten wenig Ballbesitz, haben aber viel Kampf in die Waagschale geworfen“, sagte der Kickers-Trainer Horst Steffen. „Das war ein hartes Stück Arbeit“, ergänzte der Mittelfeldakteur Bentley Baxter Bahn, der per Freistoß (72.) für den dritten Gefahrenmoment vor dem Kieler Gehäuse gesorgt hatte.

Nein, ein fußballerisches Feuerwerk war es nicht, was die Beteiligten den 5112 Zuschauern (darunter 150 syrische Flüchtlinge, die auf Einladung der Kieler das Geschehen verfolgten) servierten. Der Holstein-Cheftrainer Karsten Neitzel hatte nach neun Gegentreffern in den vergangenen drei Spielen besonderes Augenmerk auf die Stabilisierung der hinteren Regionen gelegt. Ein Plan, der zu Beginn die um Ballkontrolle bemühten Störche in die richtige Flugspur zu weisen schien.

Einen 18-Meter-Knaller von Steven Lewerenz (9.) entschärfte der Kickers-Torwart Rouven Sattelmaier mit einer Flugparade. Dann aber erinnerten sich die Kieler, dass im Rahmen strategischer Abnutzungskämpfe Standards durchaus hilfreich sein können. Eckball, Kopfball, Tor – schon lagen die Gastgeber in Front. Nichts deutete zu diesem Zeitpunkt auf Stuttgarter Torgefahr hin. Doch nach Steilpass von Fabian Baumgärtel unterlief Dominik Schmidt ein folgenschwerer Stellungsfehler – Gerrit Müller nahm das Geschenk dankend an und erzielte den Ausgleich.

Fortan knirschte es im Räderwerk der Kieler gewaltig. Erst recht, als Berko nach dem ersten Kickers-Eckball per Kopf für die schwäbische Führung gesorgt hatte. „Da gab’s einen Bruch in unserem Spiel. Der steht in direktem Zusammenhang mit unseren letzten Ergebnissen“, erklärte Neitzel später. Der Kickers-Außenverteidiger Fabio Leutenecker glaubte nach der Wiederholung des Erfolgserlebnisses vom Finale der vergangenen Saison (2:0) dennoch weiter an die Qualität der Norddeutschen: „Hier in Kiel kommen nicht viele Mannschaften nach einem 0:1 zurück.“ Der Wahrheitsgehalt dieser These wird an der Ostsee allmählich angezweifelt.