Mit dem Porsche 919 Hybrid wollen die Zuffenhausener bei den 24 Stunden von Le Mans wieder um den Gesamtsieg fahren – nach 16 Jahren Pause. Die Fahrer Marc Lieb und Timo Bernhard können es kaum erwarten.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Bei Porsche gehen die Uhren genau. Um 9.19 Uhr präsentierten sich die Werksfahrer Marc Lieb und Timo Bernhard im Museum in Zuffenhausen – und luden zu einer Sonderausstellung ein. Sie trägt den Namen „24 Stunden für die Ewigkeit“ und zeigt die Sportwagen, mit denen der Stuttgarter Autobauer bei den legendären 24 Stunden von Le Mans 16 Gesamtsiege holte. Die Ausstellung fängt an beim Porsche 356 SL. Das mit 46 PS doch eher schwachbrüstige Modell war 1951 im Einsatz. Und die Geschichte endet beim 919 Hybrid – deshalb der Start, pünktlich um 9.19 Uhr. Mit diesem Sportwagen nehmen Lieb und Bernhard am 14. und 15. Juni 2014 die 24 Stunden von Le Mans unter die Räder.

 

Dem Termin im Juni fiebern die Zuffenhausener nach 16 Jahren Abstinenz geradezu euphorisch entgegen – fast so, als würden sie in die Formel 1 einsteigen. Die Rückkehr in die erste Prototypen-Kategorie in Le Mans, die so genannte LMP1-Klasse, ist auch der Versuch, an die erfolgreiche Tradition des Herstellers beim Dauerlauf in Nordfrankreich anzuknüpfen. Eigens für Entwicklung und Bau des Sportwagens wurden in Weissach zwei Gebäude errichtet, eines für die Verwaltung, im anderen wird geschraubt. Insgesamt 230 Menschen gibt die Le-Mans-Rückkehr Arbeit – darunter 30 Ingenieuren. An der Rennstrecke sind Mitte Juni dann insgesamt 115 Mitarbeiter im Einsatz.

Porsche gibt also wieder mächtig Gas im Motorsport. Wie die Schulbuben spitzten Marc Lieb und Timo Bernhard die Ohren, als das Porsche-Urgestein Norbert Singer durch die Ausstellung führte und Anekdoten erzählte. Bei allen 16 Erfolgen war der Ingenieur Singer entweder als Sportchef oder als Rennstratege dabei. Den ersten Gesamtsieg errang der Porsche 917 im Jahr 1970. Doch besonders beeindruckt hatte die aktuellen Piloten Lieb und Bernhard der Porsche 935: „Moby Dick“. Der Schluckspecht musste Ende der 70er Jahre alle 38 Minuten aufgetankt werden – und raste am Ende in Frankreich trotzdem auf den sechsten Gesamtrang.

Ein Platz in der Ahnengalerie der Le-Mans-Helden

Ihren Platz in der Ahnengalerie der Le-Mans-Helden wollen sich jetzt auch Marc Lieb und Timo Bernhard sichern. Die erste echte Probe beim Langstreckenrennen in Silverstone am vergangenen Wochenende bezeichnen sie als gelungen. Bei einem Doppelerfolg von Toyota belegte ein 919 Hybrid den dritten Platz, das zweite Auto fiel aus – allerdings kamen in England auch die starken Dieselfahrzeuge von Audi wegen Kollisionen nicht ins Ziel. Am übernächsten Wochenende folgt beim Sechs-Stunden-Rennen von Spa dann die Generalprobe für Le Mans. „In Silverstone haben wir den Grundstein gelegt – aber in Spa geht unser Lernprozess weiter“, sagt der Ludwigsburger Marc Lieb.

Sein Kollege Timo Bernhard, der mit seinen Kollegen Brendon Hartley und dem ehemaligen Formel-1-Piloten Mark Webber in Silverstone Dritter wurde, kann das Le-Mans-Abenteuer kaum erwarten. „Ich bin 1999 zu Porsche gekommen, und dort hat man mir die Chance gegeben, als Rennfahrer zu reifen“, sagt der heute 33-jährige Saarländer mit einem Augenzwinkern. „Damals hieß es, wenn du gut bist, darfst du in Le Mans in der höchsten Klasse starten“, ergänzt er – und nun sei es endlich so weit.

500 PS und ganz viel Strom

Der Zwei-Liter-Turbomotor des 919 Hybrid leitstet etwa 500 PS. Unterstützt wird er mit dem Hybridsystem, das beim Bremsen und durch Abgase frei werdende Energie in Batterien speichert. Diese Power wird dem Turbo zugeschaltet und beschleunigt das Auto dann vor allem aus den Kurven heraus. Die verbrauchte Strommenge beim Sechs-Stunden-Rennen in Silverstone war so hoch wie die, die eine Normalfamilie in einem Monat benötigt – es handelt sich dabei also um eine gewaltige Zusatzkraft für den Benziner.

Technisch übertrifft der Porsche sogar Formel-1-Autos – aber darum geht es nicht in Le Mans. Es geht um einen prestigeträchtigen Sieg gegen Toyota und Audi. Am Sonntag, dem 15. Juni, wissen Lieb und Bernhard, ob es geklappt hat. Um 16 Uhr wird abgewunken – und zwar pünktlich.