Sein 25-jähriges Bestehen feierte das Jugendreferat in Holzgerlingen am Donnerstagabend. Die Anwesenden diskutierten mit den Gründungsvätern der Holzgerlinger Jugendarbeit, sie schauten auf die Anfänge und blickten in die Zukunft.

Holzgerlingen - Fünf große Stellwände schmücken das Jugendkulturzentrum W3 in Holzgerlingen. Jedes Banner steht für fünf Jahre Jugendarbeit. Bedruckt sind sie mit Erinnerungen: Alten Fotos, Zitaten und Programmheften. „25 Jahre – 25 Stimmen“, so das Motto der Ausstellung. „Wir wissen, dass 25 Stimmen eigentlich nicht ausreichen, um die 25 Jahre Jugendarbeit darzustellen, aber sie zeigen die Entwicklung“, erklärt Dagmar Radler, die Jugendreferentin und Schulsozialarbeiterin in Holzgerlingen. Und darauf ist sie mächtig stolz.

 

Doch nicht nur die Jugendreferentin schaut an diesem Abend voller Freude zurück auf die diese beeindruckende Reise. Mit ihr feierten rund 60 Gäste am Donnerstagabend in der Mensa des Schönbuch-Gymnasiums das 25er-Jubiläum des Jugendreferats.

Auch der Bürgermeister Ioannis Delakos hat es sich nicht nehmen lassen, bei diesem besonderen Event dabei zu sein. „Es heißt: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen beziehungsweise zu stärken. Und das hat unser Jugendreferat in den letzten Jahren mehr als bewiesen“, lobt er die Jugendsozialarbeit. Dabei stellt er die gut funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Einrichtungen in den Vordergrund. „Durch die gute Vernetzung der einzelnen Anlaufstellen, aber auch der einzelnen Gemeinden, sind wir ein wichtiger Beratungspunkt auf der Schönbuchlichtung geworden.“

Der erste Jugendreferent begann im Jahr 1996

Doch beginnen wir von vorne. Der Startschuss fiel im Jahr 1996. Damals wurde die erste Stelle eines Jugendreferenten in Holzgerlingen geschaffen. „Der Beginn der Jugendarbeit war nicht einfach und absolut nicht selbstverständlich“, erinnert sich Wilfried Dölker, der ehemalige Bürgermeister von Holzgerlingen, in einer kleinen Talkrunde an diesem Abend. Denn um diese eine Stelle überhaupt zu ermöglichen, mussten einige Hebel in Bewegung gesetzt werden. Zusammen mit Hans Artschwager, damals Mitarbeiter, heute Geschäftsführer bei der Jugendhilfe Waldhaus in Hildrizhausen, überzeugten sie den Gemeinderat von dieser wichtigen Stelle. „Wir bekamen damals 7000 Mark vom Landesjugendamt, um eine Bedarfsanalyse durchzuführen. Damit ist dann alles ins Rollen gekommen“, berichtet Hans Artschwager aus der Anfangszeit.

Holzgerlingens erster Jugendreferent ist heute Dezernet im Landesjugendamt

Übernommen hat dann diesen wichtigen Posten des ersten Jugendreferenten Roland Kaiser. Obwohl der Jugendsozialarbeiter längst nicht mehr in Holzgerlingen tätig ist, sondern als Dezernent beim Landesjugendamt an höherer Stelle wirkt, baute er über Jahre hinweg den Grundstein der heutigen Jugendarbeit in Holzgerlingen auf. „Es gab so viele tolle Ideen, das hat mir den Einstieg wirklich erleichtert. Auch die Unterstützung des Rathauses und die Offenheit waren super“, erinnert sich Roland Kaiser. So sorgte er dafür, dass es auch Angebote für Mädchen gab, und dass zwischen den Schulen und der Stadt eine Zusammenarbeit entstand. Und mit dabei war immer das Waldhaus mit der fachlichen Kompetenz und jahrelangen Erfahrung in der stationären Jugendarbeit.

„Wir konnten die Jugendlichen dort abholen, wo sie sonst in dem ganzen Wirrwarr an Angeboten untergegangen wären“, berichtet Hans Artschwager. „Und heute ist aus dem bösen Bubenheim am Waldrand von Hildrizhausen ein Ort für jeden geworden“, fährt er mit einem Lachen fort. Denn auch für ihn ist diese Einrichtung immer ein Zuhause gewesen. Als Heimkind kam er damals in das Waldhaus und wuchs von klein an in die Jugendarbeit hinein. Er kennt die Sorgen vieler Jugendlichen und ist deswegen umso glücklicher über die heute erfolgreiche Arbeit in Holzgerlingen.

Ein kritischer Blick in die Zukunft

Trotz der Fortschritte in den letzten 25 Jahren schauen die Experten auch mit kritischem Blick in die Zukunft. „Jugendarbeit ist so dynamisch wie der Wandel in unserer Gesellschaft. Deswegen müssen wir uns auch immer wieder neu entwickeln“, erklärt Roland Kaiser. Dabei denkt er jetzt vor allem an die eineinhalb Jahre der Corona-Pandemie. „Ich denke, wir wissen noch gar nicht, was diese Zeit nun wirklich bewirkt hat. Wahrscheinlich wird es im Bereich Bildung eine immer größere Spanne zwischen den Kindern geben“, vermutet Kaiser. Aber auch den Bereich Inklusion sieht er als ein überaus wichtiges Thema an. „Wir brauchen weitere Angebote der Öffnung und durch das neue Inklusionsgesetz müssen auch wir uns weiterentwickeln“, sagt der Jugendreferent der ersten Stunde. Doch schaut man sich die Erfolgsgeschichte der vergangenen 25 Jahren an, kann man schnell zur Überzeugung kommen, das Jugendreferat in Holzegerlingen werde auch diese Herausforderungen mit Bravour meistern.

Breit gefächertes Spektrum der Jugendsozialarbeit

Jugendhilfe
 Die Jugendsozialarbeit ist ein Teil der Kinder- und Jugendhilfe. Sie hat zum Ziel, junge Menschen, die in prekären Lebenslagen aufwachsen oder individuell beeinträchtigt sind, sozialpädagogisch zu fördern und sie in ihrer Entwicklung Richtung Erwachsenwerden bestmöglich zu unterstützen.

Waldhaus
 Das Waldhaus ist einer der größten Träger der Jugendarbeit im Kreis Böblingen. Anfänglich war es als Anlaufstelle für straffällige Jugendliche gedacht, jetzt weist es vier große Standbeine auf. Es gibt die stationäre Hilfe in den Räumen des Waldhauses in Hildrizhausen, es gibt die ambulante erzieherische Hilfe für Kinder, Jugendliche, deren Familien sowie um junge Mütter. Dazu gibt es die Jugendberufshilfe für Jugendliche, die kaum Aussichten auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben. Und das weite Feld der kommunalen Jugendarbeit mit Schulsozialarbeit, offener und aufsuchender Jugendarbeit vielerorts im Kreis.