Im kommenden Schuljahr wird es 28 neue Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg geben. Damit wächst die Schulart nur halb so stark wie in diesem Schuljahr. Die Opposition wertet das als schwindenden Rückhalt. Die Bildungsgewerkschaft GEW lobt den Ausbau in Schritten.

Stuttgart - Vor drei Jahren haben die ersten 41 Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg ihre Arbeit aufgenommen. Im nächsten Schuljahr wird es die Schulart an 299 Standorten geben. Zum Vergleich: Im Land gibt es 378 Gymnasien und 429 Realschulen. für das Schuljahr 2016/17 wurden 28 von 33 Anträgen genehmigt.

 

Für Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ist die Gemeinschaftsschule inzwischen eine „etablierte Schulart“, die die „regionale Schullandschaft bereichert“. Sie unterrichtet Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen gemeinsam. „Damit bietet diese Schulart vielen Schulstandorten neue Entwicklungsperspektiven“, sagt Stoch.

Mit 28 Genehmigungen ist der fünfte Ausbauschritt der Schulart der mit Abstand kleinste. Zum aktuellen Schuljahr gab es 62 neue Gemeinschaftsschulen, in den beiden Vorjahren 81 und 87. Daraus folgert die oppositionelle CDU, „die Anzahl neuer Gemeinschaftsschulen ist um mehr als die Hälfte eingebrochen“. Ihr bildungspolitischer Sprecher Georg Wacker erklärt weiter, an gut der Hälfte der aktuellen Gemeinschaftsschulen seien in diesem Schuljahr die Anmeldezahlen für die fünften Klassen zurück gegangen.

Opposition macht schwindenden Rückhalt aus

Auch Timm Kern (FDP) folgert aus den Genehmigungszahlen, „das Prestigeobjekt der grün-roten Landesregierung verliert zunehmend an Rückhalt“. Beide Oppositionellen heben hervor, dass nur eine reine Realschule Gemeinschaftsschule werden wolle. Es sei nicht das Konzept der Schulart, das die Kommunen überzeuge, sondern „die demografische Not“.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) indes unterstützt den schrittweisen Ausbau der Schulart. Doro Moritz, die Landesvorsitzende der GEW kritisierte vielmehr, dass in den ersten Genehmigungsrunden eher zu schnell und zu viele Schulen genehmigt worden seien. Die Gewerkschafterin lobte, die grün-rote Regierung habe seit 2011 „richtige und wichtige Reformen angepackt“. Allerdings bräuchten die Veränderungen Zeit. Moritz sprach von „mindestens zehn Jahren“. Nach drei Jahren könne im Bildungsbereich niemand abgeschlossene Projekte erwarten.

Die Koalition habe „einen beträchtlichen Reformstau vorgefunden“. Es habe keine Konzepte zum Wegbrechen der Hauptschulen und den rückläufigen Schülerzahlen gegeben, Krippenplätze hätten gefehlt, die Bildungschancen seien stark von der sozialen Herkunft abhängig und bei der Umsetzung der Verpflichtung zur Inklusion sei das Land hinterhergehinkt.

GEW verzichtet auf Wahlempfehlung

Die GEW-Chefin gab keine Wahlempfehlung ab. „Unsere Mitglieder brauchen keine“. Sie kündigte aber an, dass Parteien, die sich gegen die Reformen stellen würden, mit dem Widerstand der Gewerkschaft rechnen müssten.

Nicht zufrieden ist die GEW mit den Arbeitsbedingungen der Lehrer. Ein Aufstiegsplan für Hauptschullehrer fehle ebenso wie die angemessene Ausstattung für die Reformen. Keine Partei äußere sich in ihrem Wahlprogramm dazu, wie es mit den Lehrerstellen weitergehe, wenn von 2020 an keine neuen Schulden gemacht werden dürften, sagte Moritz. Sie verlangt, dass 2020 auch die 3096 Stellen erhalten bleiben, die noch auf der Streichliste stehen. Zunächst wollte die Regierung zum Verdruss der GEW 11 600 Lehrerstellen streichen.