Der Parcours von Dirk und Karin Eichmann lockt seit fünf Jahren Bogenschützen nach Schlichten – doch jetzt droht ihm droht das Aus. Die Betreiber fürchten um ihre Existenz.

Schorndorf - Der Holzpfeil schwirrt durch die Bäume und bleibt in der Flanke eines Wolfes stecken. Doch das Tier bleibt trotz des Treffers ruhig sitzen – die Figur ist aus einem speziellen Kunststoff gefertigt. So wie alle anderen Ziele in dem 3-D-Parcours für Bogenschützen, der sich in einem Waldstück bei Schorndorf-Schlichten befindet.

 

Der treffsichere Schütze ist der Inhaber Dirk Eichmann. Zusammen mit seiner Frau Karin hat er vor rund zehn Jahren zum Bogensport gefunden: „Ich habe etwas gesucht, bei dem ich entspannen kann und zur Ruhe komme“, sagt der 57-Jährige, der nach mehreren Burn-Out-Erkrankungen in Frühpension ist. Bei einem ersten Kurs hat die ganze Familie Feuer für den traditionellen Feldbogensport gefangen: „Ich gehe gerne wandern. Draußen im Wald unterwegs zu sein und zu schießen – das ist eine perfekte Kombination“, sagt Karin Eichmann.

In dem Bogen-Parcours wird sogar für die Meisterschaften trainiert

Am Rand des Schorndorfer Ortsteils Schlichten hatten sie sich auf ihrem eigenen Waldgrundstück zunächst eine Strohwand mit aufgemalten Zielscheiben hingestellt. Bald gab Dirk Eichmann den ersten Kurs, kaufte die ersten Tiere für den Parcours. „Ich habe gedacht, ich probiere es einfach mal.“

Mittlerweile sind im Sommer 20 bis 30 Schützen pro Woche im Bogenland unterwegs. Sie können auf 40 verschiedene Tiere schießen, die Pfeile müssen dafür bis zu 50 Meter weit fliegen. Es gibt eine Trainingsgruppe, die sich auf deutsche oder europäische Meisterschaften vorbereitet. Karin Eichmann selbst ist derzeit amtierende deutsche Meisterin, die 47-Jährige trainiert in der Wettkampfsaison dreimal in der Woche auf dem Gelände.

Selbst aus 40 Kilometern Entfernung kommen Bogenschützen angereist

Dirk Eichmann gibt regelmäßig Kurse, hat eine Ausbildung zum Bogensportleiter beim Deutschen Feldbogen-Sportverband gemacht. Betriebsausflügler empfängt er genauso wie Firmen, die zur Teambildung kommen. „Wir wurden von einem Verlag angerufen, der einen neuen Freizeitführer für die Region herausgeben und uns aufnehmen möchte“, sagt Karin Eichmann stolz. Das Bogenland habe ein Einzugsgebiet von 30 bis 40 Kilometern – auch, weil es ähnliche Anlagen nicht so oft gibt. Die nächsten Parks befinden sich in Donzdorf oder in der Nähe von Gschwend.

Die Arbeitsstunden, die beide in das idyllische Grundstück mit dem plätschernden Bach gesteckt haben, sind unzählbar. „Aber die Leute fühlen sich total wohl bei uns, das macht alles wett. Da ist eine richtige Gemeinschaft entstanden“, sagt Dirk Eichmann. Seine Frau Karin ergänzt: „Dieses Gelände ist unser Baby.“

Die Verlängerung der Genehmigung wird zur ungeahnt hohen Hürde

Umso bitterer ist es für die beiden, dass die Zukunft ihres Geländes in den Sternen steht. Die vor fünf Jahren ausgestellte Genehmigung läuft bald ab und die Verlängerung gestaltet sich kompliziert. Im April hat Dirk Eichmann die erste Anfrage gestellt, seit Herbst befasst sich die Stadtverwaltung Schorndorf damit. „Je weiter wir gegraben und gebuddelt haben, desto komplexer ist der Sachverhalt geworden. Wir wollen es richtig machen und alle Details prüfen“, sagt der erste Bürgermeister Edgar Hemmerich, in dessen Zuständigkeitsbereich der Fall liegt. „Der Vorgang füllt bei uns bereits den zweiten dicken Ordner.“

Für die Fläche sei als rechtliche Grundlage das Landeswaldgesetz anzuwenden, zudem seien für Wald nicht nur die Stadt, sondern auch das Kreisforstamt und die obere Forstbehörde, angesiedelt beim Regierungspräsidium Tübingen, zuständig. Bevor die Stadt Schorndorf eine Betriebserlaubnis erteilen könne, müsste erst eine forstrechtliche Erlaubnis erteilt werden.

Nicht einfacher macht den Fall, dass die Fläche zwar wie Wald aussieht, aber laut Recherchen von Dirk Eichmann in weiten Teilen eigentlich als Wiese verzeichnet ist. Auch das ist eines der Dinge, die laut Hemmerich noch geklärt werden müssen. Angestrebt sei bisher, die Waldflächen in eine Sportstättenfläche umzuwandeln – was eben nur von der oberen Forstbehörde veranlasst werden könne.

In dieser Woche soll es eine große Besprechung in der Schorndorfer Stadtverwaltung geben, „an der alle teilnehmen, die mit dem Vorgang zu tun haben“, sagt Edgar Hemmerich. Dabei soll es auch um baurechtliche Fragen gehen. Danach soll es eine abschließende rechtliche Empfehlung für Dirk Eichmann und das Kreisforstamt geben. „Wir werden Herrn Eichmann bei dem weiteren Verfahren wohlwollend begleiten und ihm helfen. Das Bogenland ist ja auch eine Bereicherung für die Gemarkung“, sagt Hemmerich, der noch keine Prognose über den Ausgang des Verfahrens abgeben kann, aber mit Auflagen rechnet. „Eine wichtige Frage ist zum Beispiel die Verkehrssicherheit – inwiefern etwa Waldspaziergänger davor geschützt sind, in das Gelände zu geraten.“

Die Eichmanns wollen ihren 3-D-Parcours nicht aufgeben

Karin und Dirk Eichmann berichten, dass sie der Stadt bereits mehrfach angeboten haben, ihre Anlage und ihr Hobby bei einem Vor-Ort-Termin zu präsentieren. Sie erzählen zudem, dass sie jeden Schützen prüfen, und nur dann in den Park lassen, wenn er die entsprechende Erfahrung hat und über eine eigene Haftpflichtversicherung verfügt. Passiert sei noch nie etwas, „und wir haben auch keine Beschwerden bekommen“, sagt Dirk Eichmann.

Er zeigt die Netze und Matten, die hinter den Tieren gespannt sind, hinter denen ein verschossener Pfeil theoretisch weiterfliegen könnte. „Wir halten alle Regeln des Deutschen Feldbogen-Sportverbandes ein“, sagt Dirk Eichmann, der um seine Existenz fürchtet. „Wir haben so viel Herzblut hineingesteckt. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal von vorne anfangen könnten“, sagt er. Und Karin Eichmann sagt: „Das ist ein magisches Grundstück, das wir niemals aufgeben wollen.“