Schwaben-Comedy mit festen Ritualen: Albin Braig und Karlheinz Hartmann sind seit 30 Jahren „Hannes und der Bürgermeister“. Im Fernsehen machen sie Quote - und wundern sich manchmal selbst.

Rust - Die Rollen sind klar verteilt seit drei Jahrzehnten. Albin Braig und Karlheinz Hartmann sind „Hannes und der Bürgermeister“. Auf der Theaterbühne sind die beiden Schwaben ein erfolgreiches Duo. „Hannes und der Bürgermeister“ ist zu ihrem Markenzeichen, zum Stück ihres Lebens geworden. Mit ihm feiern Braig und Hartmann nun doppeltes Jubiläum. Seit genau 30 Jahren spielen sie es. Und seit 20 Jahren sind sie mit ihm im Fernsehen - mit einer eigenen Sendereihe. Bei „Hannes und der Bürgermeister“ schauen regelmäßig Millionen zu, Braig und Hartmann sind Publikumslieblinge.

 

„Über diesen Erfolg kann man sich schon wundern. Es ist ja immer das Gleiche“, sagt Albin Braig (64) augenzwinkernd zwischen zwei Auftritten im Europa-Park in Rust bei Freiburg. Bei „Hannes und der Bürgermeister“ bleibt seit 30 Jahren alles beim Alten. Seit der Premiere des Stücks 1985 hat sich optisch nichts verändert: Das Intro ist gleich, auch die Kulissen und Kostüme sind identisch.

„Sogar das Telefon auf dem Schreibtisch ist das, was vor 30 Jahren schon da stand“, sagt Hartmann (65). Das gehört zum Erfolgsrezept. Denn ob auf der Bühne oder im Fernsehen: Das Stück kommt bewusst ohne Show aus. Und trifft den Geschmack der Zuschauer. Es ist ein vertrauter Rahmen, der jedes Mal neu mit Inhalt gefüllt wird. Der Wortwitz steht in dem Zwei-Mann-Stück im Vordergrund.

Schwäbische Comedy mit kabarettistischem Anspruch

„Hannes und der Bürgermeister“ ist schwäbische Comedy mit kabarettistischem Anspruch, Volkstheater mit festen Ritualen. Es spielt in einem Rathaus einer schwäbischen Kleinstadt. Der schlitzohrige Amtsbote Hannes, gespielt von Braig, sitzt dort im Chefzimmer dem Bürgermeister alias Hartmann gegenüber. Die Hierarchie ist klar. Doch der scheinbar tollpatschige Hannes hat stets die Lacher und Sympathien auf seiner Seite. Und geht letztlich als Sieger - und mit dem Schnaps vom Bürgermeister - vom Platz.

„Die Obrigkeit trifft auf das Volk“, sagt Braig, der die Texte schreibt. Der Bürgermeister agiere von oben herab - und der Amtsbote trickst ihn aus: „Es ist die Figur des kleinen Mannes, mit dem sich jeder identifizieren kann.“ Die Zuschauer stünden daher auf seiner Seite, positive Resonanz bekomme er. Sein Schauspielkollege erhält dafür Post von echten Bürgermeistern. „Sie versichern mir ihre Solidarität und klagen über unser gemeinsames Leid“, sagt Hartmann, dem die Rolle des Bürgermeisters auf den Leib geschrieben ist.

Seit 20 Jahren läuft das Stück im Fernsehen. 226 Folgen wurden schon ausgestrahlt, sagt Günter H. Klotz vom Südwestrundfunk (SWR) in Stuttgart: „Es gehört zu den beliebtesten Sendungen im SWR Fernsehen.“ Pro Ausgabe schalten dem Sender zufolge bis zu 1,2 Millionen Zuschauer ein. „Nächstes Jahr wird es neue Folgen geben“, sagt Klotz. Die Dreharbeiten starten - vor Publikum - Anfang Dezember in der Stadthalle Leonberg. Das ist der feste Produktionsort der Sendereihe.

Die Schauspieler kennen sich seit der Grundschule

Braig und Hartmann, die zwei Protagonisten, kennen sich seit der Grundschule. Sie gründeten in den 1970er Jahren in Stuttgart ein Elektronikunternehmen, das sie gemeinsam führten. Nach Feierabend standen sie auf der Theaterbühne. Dieses Hobby wurde schließlich der Beruf, ihr Unternehmen verkauften sie. „Hannes und der Bürgermeister“ war zu Beginn lediglich ein Stück eines Theaterabends mit unterschiedlichsten Programmpunkten. Doch die Zuschauer wollten das humorvolle Aufeinandertreffen des Amtsboten mit dem Bürgermeister immer wieder sehen. Und so entstanden neue Geschichten.

Braig opfert dafür den Urlaub: „Während meine Frau am Meer ist, sitze ich am Computer und schreibe.“ Die Geschichten stammen aus dem Leben. „Vor allem muss der Inhalt stimmen, ohne ein bisschen Tiefgang geht es nicht.“ Politisches ist ebenso dabei wie Gesellschaftliches.

Schwäbische Mundart ist das Kennzeichen des Stücks, von dem eine Folge rund 15 Minuten dauert. „Der Dialekt macht die beiden Figuren authentisch und liebenswert“, sagt Braig: „Zudem gibt es uns die Möglichkeit, mit Sprache zu spielen. Auf Hochdeutsch würde das nicht so funktionieren.“ Gesprochen werde daher auch weiter in Mundart - aber so, dass es jeder verstehen kann.

Eigenes Theater gegründet

Mit der „Mäulesmühle“ bei Leinfelden-Echterdingen haben Braig und Hartmann ihr eigenes Theater gegründet. Zudem gehen sie mit „Hannes und der Bürgermeister“ auf Tour durch Süddeutschland. Und bringen danach die Szenen ins Fernsehen. „Besucher im Theater und der Tour-Auftritte haben bei uns den Vorrang. Sie bekommen die neuen Folgen zuerst zu sehen.“

An die Rente denken Amtsbote Hannes und sein Bürgermeister nicht. „Solange uns die Menschen sehen wollen, spielen wir“, sagt Hartmann. Themen und Geschichten gebe es genug