Das Komma ist Sprungbrett für Bands, Ort des kreativen Austauschs und Kultur-Hotspot. In diesem Jahr feiert es sein 30-jähriges Bestehen. Wie es um die Zukunft des Hauses steht, darüber haben wir mit Andreas Jacobson und Jörg Freitag gesprochen.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Esslingen - Mit einem großen Fest feiert das Jugendhaus Komma im Juli seinen 30. Geburtstag. Alle auf dem Lorch-Areal ansässigen Institution vom Kommunalen Kino über die Spinnerei bis zum Interkulturellen Forum machen mit und feiern sich gemeinsam als Kultur-Hotspot der Stadt. Mit seinen über 100 Veranstaltungen pro Jahr ist das Komma der Publikumsmagnet auf dem Areal. Mit dem Ruf, regionale Gruppen auf die Bühne zu holen und jungen Bands ein Karriere-Sprungbrett zu sein, ist das Haus weit über die Esslinger Stadtgrenzen hinaus bekannt – und viel mehr als nur ein Jugendhaus.

 

Dank des herausragenden Gespürs von Jörg Freitag, der seit 2002 den Kulturbereich im Komma leitet, spielen hier die Bands von übermorgen. An Beispielen mangelt es nicht: Die deutschlandweit erfolgreichen und hochgelobten Stuttgarter Punker Die Nerven hatten im Komma ihren Proberaum und erste Auftritte. Ebenso die Stuttgarter Band Die Selektion. Freitag setzt Esslingen auf die Karte von Bands, die ansonsten in Paris, Berlin, Sydney oder Kopenhagen spielen: Zum Beispiel waren 2005 The Gossip zu Gast, 2007 No MeansNo, 2010 Future Islands und 2014 Sleaford Mods (Hier geht’s zum Video vom Auftritt).

„Jörg gilt als Trüffelschwein, was Bands angeht“, sagt der Leiter des Jugendhauses, Andreas Jacobson. Er ist für die pädagogische Seite verantwortlich. „Die Ausrichtung des Komma war seit seiner Gründung 1987 in einer Vielschichtigkeit gedacht“, sagt Jacobson. Vor 1987 war das Esslinger Jugendhaus in der ehemaligen Synagoge Im Heppächer untergebracht. Weil die ehemalige Tuchfabrik auf dem Lorch-Areal leer stand, wurde hier der Grundstein für das heutige Komma gelegt. (Historische Fotos gibt’s in unserer Bilderstrecke)

Streit mit benachbartem Hotel

„Als Jugendhaus bieten wir niederschwellige Angebote für Jugendliche, dazu gehören Kulturveranstaltungen und Diskussionen ebenso wie Infoveranstaltungen, Workshops und die Offenheit unseres Hauses. Wir glauben, dass sich jeder Mensch in Kultur finden und entwickeln kann, daher sehen wir uns hier als Ort der Selbstverwirklichung“, sagt Jacobson. Mit Angeboten für Menschen zwischen 14 und 27 Jahren, einer Kneipe und Probenräumen und ist das Komma die zentrale Anlaufstelle für junge Leute in Esslingen. „Mittlerweile sind wir der urbanste Ort in der Stadt“, sagt Freitag, der eine Ausgehkultur und ein reges Nachtleben außerhalb des Kommas in Esslingen vermisst. „In einer Stadt mit mehr als 90 000 Einwohnern müsste doch mehr los sein. Wenn hier kein Nachtleben stattfindet, ziehen die Jungen weg aus der Stadt, zum Beispiel nach Stuttgart“, meint Freitag, der das popkulturelle Herz Esslingens schlagen lässt. Und das nicht immer ganz ohne Schwierigkeiten: Seit einigen Jahren steht das Komma im Streit mit dem benachbarten Öko-Hotel Eco-Inn, das sich wegen Lärm vom Komma und der Kneipe fünf bis neun gestört fühlt. 2016 ist der Streit eskaliert und wird nun durch Anwälte betreut. Eine Einigung gibt es bislang nicht.

Unterstützung von der Stadt und dem Kulturamt

Abgesehen von diesem negativen Umstand kann sich das Komma vor positiven Rückmeldungen kaum retten. Dabei arbeitet die Einrichtung des Kreisjugendrings mit drei Stellen, die auf vier Personen verteilt sind, höchst effektiv. „Hinzukommen zahlreiche Ehrenamtliche, ohne die unsere Arbeit nicht möglich wäre“, sagt Freitag.

Von der Stadt Esslingen fließen jährlich 20.000 Euro an das Komma, weitere Einnahmen erwirtschaftet das Haus selbst, etwa durch Vermietungen und Veranstaltungen oder Drittmittel. Die Miete auf dem Lorch-Areal trägt die Stadt. Einzelne Projekte werden vom Kulturamt bezuschusst. „Wir fördern das Komma mit etwa 2500 Euro jährlich“, sagt der Kulturamtschef Benedikt Stegmayer. Er hält die Einrichtung für unverzichtbar: „Das Komma ist ein wesentlicher Player in Sachen Kultur für Jugendliche in der Stadt. Ich hoffe, dass es uns in der Qualität noch lange erhalten bleibt. Das wollen wir durch Kooperationen mit anderen Kultureinrichtungen in Esslingen unterstützen.“

Kooperationen sollen das Komma in die Zukunft führen

Mehr Kooperationen wie etwa die mit der Villa Merkel, der Württembergischen Landesbühne und der Fachhochschule Esslingen und vor allem mit Schulen hat sich auch das Komma für die Zukunft auf die Fahnen geschrieben. „Wir wollen weg von offenen Nachmittagen, hin zu noch mehr aktiven Angeboten, Workshops und Projekten. Wir sehen uns als Bildungspartner von Schulen und können Jugendlichen andere, interessengebundene Angebote als leistungsorientierte Bildungseinrichtungen bieten“, sagt Jacobson. Freitag stellt sich etwa Workshops zu digitalen Themen wie Videoschnitt, 3-D-Drucken oder Sicherheit im Internet oder auch musikalische Themen wie DJ-Workshops vor. „In Sachen Veranstaltungen setzen wir mit Konzerten, Lesungen, Poetry-Slams und Infoveranstaltungen weiterhin auf Zeitgeistkultur jenseits des Mainstreams“, sagt Freitag. Bleibt zu hoffen, dass der Streit um angebliche Lärmbelästigungen sich in Zukunft nicht auf den popkulturellen Herzschlag der Stadt auswirken wird.

Sommerfest und Party auf dem Lorch-Areal

Am 15. Juli feiern die Institutionen auf dem Lorch-Areal ihren 30. Geburtstag. Von 20 Uhr an läuft im Biergarten des Lux Reggaeton aus dem Komma-Proberaum. Zwischen 20 und 22 Uhr findet in der Spinnerei ein Songwriter-Abend des Feierabendkollektivs statt. Und ab 21 Uhr spielen im Komma Marcus Korb-Modular, Ago, Golden Disko Ship und verschiedene DJs. Um 23 Uhr läuft im Kommunalen Kino der Film „Bunch of Kunst“, eine Doku über Sleaford Mods, die 2014 im Komma spielten und heute große Hallen füllen. Der Eintritt für alle Events ist frei.

Komma Sommerfest
Eine Woche vorher, am 8. Juli findet das Sommerfest im Komma statt. Zusammen mit dem Winterfest ist es eines der Highlights der Einrichtung. Hier spielen die Bands Goat aus Japan, Girlie aus Berlin, Pigeon aus Leipzig, nxtlvl alien gang aus Saarbrücken und Lord Pusswhip aus Reykjavík.

Beispielhaft für zahlreiche Veranstaltungen hier ein Video vom Jungen Kulturfestival Best Off Festival, das 2016 im Komma veranstaltet wurde.

Zur Homepage des Komma gehts hier: www.komma.info