Die Stuttgarter Konzerthalle LKA feiert am Samstag ihren dreißigsten Geburtstag. Der Backstagebereich ist ein Popmuseum, Betreiber Thomas Filimonova eine Anekdotenmaschine. Wir haben mit ihm über Bushido gesprochen, über Courtney Love und seine treuesten Gäste.

Stuttgart - Der Backstagebereich der Konzerthalle LKA/Longhorn in Stuttgart-Wangen ist ein Museum der Popkultur. Betreiber Thomas Filimonova hat nicht nur die Wände, sondern nun auch den Fußboden und die Decke des kleinen Raumes rechts oberhalb der Bühne mit Plakaten aus den vergangenen drei Jahrzenten beklebt. Die Exponate erzählen vom Nirvana-Auftritt im August 1991, vom Eminem-Konzert von 1999 oder von Cro aus dem Jahr 2012, der sich auf seinem Poster artig dafür bedankt, im LKA proben zu dürfen.

 

Als die Konzertlokation LKA/Longhorn im März 1984 von Thomas Filimonova und seinem Partner Udo Heller gegründet wird, schiebt Rapper Cro noch Wolken. Filimonova heißt damals noch Müller, wohnt mit seiner amerikanischen Freundin auf dem Gelände der Patch Baracks und schlägt sich als Geschäftsführer der legendären Diskotheken Tao und Oz die Nächte um die Ohren. Zu der Zeit herrscht – man glaubt es kaum – an den Türen der Gastronomie in Stuttgart eine Art kalter Krieg: Amerikaner müssen draußen bleiben. Als ihn befreundete GIs darum bitten, einen Club für die in Stuttgart stationierten Soldaten zu eröffnen, mietet er mit Heller eine Lagerhalle in Stuttgart-Wangen an und gründet den Longhorn Country & Western Saloon.

Vom Country-Club zur Konzerthalle

Bald ist das Longhorn so bekannt, dass es als einer der größten Country- und Western-Clubs außerhalb der USA gilt. Filimonova schwärmt noch heute: „Die Amerikaner waren ein sehr angenehmes Publikum mit einem starken Zusammenhalt. Wenn es mal Ärger gab – und das kam selten vor – haben die das untereinander geregelt.“

Als 1987 diverse Konzertagenturen auf die Halle aufmerksam werden, erweitert das Longhorn sein Programm um Konzertveranstaltungen – Rock, Punk und Soul halten Einzug in Wangen. Die Hallengröße spielt dabei eine entscheidende Rolle: 1 500 Personen passen ins Longhorn – mehr als die Röhre oder das Alte Schützenhaus zu bieten hatten. So entwickelt sich das Longhorn immer mehr zu einer Konzertlocation und verkraftet auch den Abzug der meisten US-Soldaten nach dem Ende des Golfkriegs 1991. 1993 werden Halle und Name runderneuert, aus dem Longhorn wird das LKA für Longhorn-Kultur-Austausch.

Nach dem Röhre-Aus ist das LKA wichtiger denn je

Als Konzerthalle ist das LKA für die Landeshauptstadt heute wichtiger denn je. Nach der wegen Stuttgart 21 viel zu früh erfolgten Schließung der Röhre und dem temporären Aus für das Zapata – Letzteres soll im kommenden Jahr wieder an den Start gehen – ist das LKA eine der wenigen Einrichtungen, die Konzerte in dieser Größe veranstalten können. Hier spielen Bands, die für die musikalische Bildung einer Stadt entscheidend sind: zu groß für kleine Clubs, (noch) zu klein für die ganz großen Hallen. „Momentan nehmen wir Rücksicht auf die Situation in der Stadt und lassen auch freitags und samstags Konzerte zu“, so Filimonova.

Privat sucht Filimonova, den alle Tommy nennen, heute immer häufiger die Ruhe. Das hat mehrere Gründe. Zum einen kann sich Stille ganz großartig anhören, wenn man beinahe jeden Abend ein Konzert veranstaltet. Zum zweiten tut sich Filimonova mit einigen Bands heute schwer. Das künstlerische Œuvre eines Bushido hält Filimonova für überschaubar und kann sich im Gespräch ganz herrlich über die Gossensprache des bösen Buben aus Berlin echauffieren. Zum dritten hatte Filimonova vor zehn Jahren einen Gehirnschlag. Eineinhalb Jahre hat der Workaholic anschließend gebraucht, um sich wieder ins Leben zurückzukämpfen.

Erinnerungen an eine zugedröhnte Courtney Love

Bei diesem gravierenden Einschnitt hält sich Filimonova, der mittlerweile die deutsche und die russische Staatsbürgerschaft besitzt, im Gespräch aber nicht lange auf. Viel lieber spricht er über das treue Publikum, das zu seinen 70er-Jahre-Partys pilgert. „Bei denen würde es mich nicht wundern, wenn die eines Tages mit Rollator zum Tanzen kommen.“ Außerdem ist der LKA-Chef eine wandelnde Anekdotenmaschine: Wenn er von Courtney Love erzählt, der Witwe von Kurt Cobain, die ein halbes Jahr nach dem Suizid des Nirvana-Sängers im Drogen-Delirium auf der LKA-Bühne über David Hasselhoff herzieht, weht ein Hauch von großer Popgeschichte durch den Backstageraum.

Dieses bezaubernde Popmuseum wird übrigens bald erweitert. Als nächstes wird die Tanzfläche mit Plakaten gepflastert. Mit beiden Beinen auf dem Boden der Pop-Geschichte: viel besser könnte man Filimonova und sein LKA nicht zusammenfassen.

Zum Jubiläum werden im LKA am Samstag um 20 Uhr 700 geladene Gäste erwartet, von 23 Uhr an ist die Konzerthalle bei Mixed Music für alle Feierwütigen geöffnet.