Das älteste Unternehmen Mannheims ist fast so alt wie die Kurpfalzmetropole selbst. Wirtschaftlich erfolgreich hat die Brauerei Eichbaum zwar oft den Besitzer gewechselt, nie aber den Namen.

Mannheim - Kurfürst Carl Theodor hat in Mannheim die Kunst und die Musen gefördert; an einfachen Arbeitern war er nach Einschätzung von Historikern weniger interessiert. Seine Porzellanmanufaktur hat er deshalb lieber im pfälzischen Frankenthal angesiedelt. Später prägten berühmte Erfinder von Karl Drais bis Carl Benz den Ruf der aufstrebenden Industriestadt an Rhein und Neckar. Hier wurden Eisenbahnschienen, Automobile, Traktoren und Luftschiffe gebaut. Doch das älteste Unternehmen der Stadt ist kein Industriebetrieb, sondern eine Brauerei: die Eichbaumbrauerei. 333 Jahre alt wird sie – und kann damit auf eine Tradition zurückblicken, die fast so alt ist wie die Stadt. Wie in deren Geschichte ist es auch mit der Eichbaumbrauerei bergauf und bergab gegangen. „Dreihundert Jahre können nicht immer glanzvoll sein, weil die Zeiten nicht immer glanzvoll waren“, sagt der Direktor des Mannheimer Stadtarchivs Ulrich Nieß.

 

Oft lagen – wie nach dem pfälzischen Erbfolgekrieg – Stadt und Brauerei gleichzeitig darnieder. Auch die jüngste Vergangenheit war mehr als turbulent, nachdem Eichbaum 1970 zunächst von Henninger in Frankfurt übernommen wurde und 1998 unter das Dach der Getränkekonzerns Actris von Dietmar Hopp kam. Doch seit 2010 bewegen sich die Mannheimer wieder unabhängig. Dank eines geglückten Management-Buyouts firmieren sie wieder wie einst als Privatbrauerei. Mit einem Ausstoß von 1,7 Millionen Hektoliter im Jahr ist Eichbaum die größte Brauerei in Baden-Württemberg.

Der Gründer hieß Jean de Chene – auf Deutsch Eiche

Angefangen hat alles am 3. Oktober 1679, als der Mannheimer Rat einem Bürger der Stadt die Erlaubnis für eine Brauwirtschaft in der heutigen Fressgasse erteilte. Jean de Chaine – je nach Quelle auch „de Chene“ oder „Chesne“ geschrieben – hieß der Mann, der, wie die Hälfte der Mannheimer, nach dem 30-jährigen Krieg aus Frankreich und Wallonien zugewandert war, um die entvölkerte Stadt dem Wunsch des Kurfürsten Karl Ludwig entsprechend wieder zu beleben. Le Chêne heißt auf Deutsch Eiche. So erteilte der Rat dem Inhaber die Genehmigung, an seine „Behaußung einen Schildt zum Aichbaum anzuhenken“.

Die neue Wirtschaft, die, wie seinerzeit üblich, ihr Bier selbst braute, wechselte zwar schon ein Jahr später das erste Mal den Besitzer, doch der Grundstein für die Eichbaumbrauerei war gelegt. Mit der „Schildgerechtigkeit“ blieb der Name beim Haus. Die Nachfrage nach dem Gerstensaft war groß – nicht zuletzt wegen der in der Festung stationierten Soldaten. „Jedenfalls übertraf der Bierausstoß der mindestens 25 Mannheimer Brauhäuser den Weinausschank erheblich“, heißt es in der Chronik zum Eichbaum-Jubiläum, die der frühere Brauereivorstand Adolf Drüppel und der Historiker Michael Caroli im Auftrag des Mannheimer Stadtarchivs und des Unternehmens verfasst haben.

Als Mannheim kapitulierte, schloss auch die Brauerei

Wenig später war es allerdings wieder vorbei mit Bier, Wein und der ganzen Stadt. Nach dem Tod Karl Ludwigs ließ der Bruder des französischen Königs und Gemahl der Lieselotte von der Pfalz, Philipp von Orléans, französische Truppen aufmarschieren, um seinen Anspruch auf das Erbe der Kurpfalz zu untermauern. Am 13. November 1688 musste die Festung Mannheim kapitulieren; ein halbes Jahr später war die Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Viele Einwohner, auch der Eichbaum-Wirt, fanden Zuflucht in Hanau.

Von dort kommt zehn Jahre später zur erneuten Stadtgründung auch Jean Blanchard, der Spross einer wallonischen Brauerfamilie, und lässt den Eichbaum wiederaufleben. Die Geschäfte laufen gut, die Übersiedlung des Kurpfälzischen Hofs von Heidelberg nach Mannheim um 1720 bringt einen Schub. Mitte des 18. Jahrhunderts gibt es 71 Brauhäuser in der Residenzstadt, der Grüne Eichbaum zählt zu den etablierten unter ihnen.

Schnell wechselten über die Jahrzehnte die Besitzer

1789, mit dem Umzug Carl Theodors nach München, gibt es erneute Turbulenzen. Nach der französischen Revolution strömen zuerst Emigranten nach Mannheim, in ihrem Gefolge kommen wieder französische Truppen. 1820 verkaufen Blanchards Erben den Eichbaum für 10 000 Gulden. Ihr Nachfolger hat weniger Erfolg. 1827 wird das Anwesen „samt allen Gerätschaften“ versteigert. Neuer Besitzer wird der junge Braumeister Heinrich Forschner aus Schriesheim; er nützt die einsetzende Belebung der Wirtschaft im nunmehr badischen Mannheim.

Die Stadt erhält einen Freihafen, auf dem Rhein beginnt die Dampfschifffahrt, 1840 fährt in der Region die erste Eisenbahn. Forschner wagt mit der Brauerei den Sprung von der Innenstadt über den Neckar und baut in der Käfertalerstraße ein erstes großes Bierlager. Nach seinem Tod und dem Verkauf an die Brüder Hofman aus Siegelsbach im Kraichgau geht der Ausbau weiter. 1871 liegt Eichbaum auf Platz drei der 14 Brauereien der Stadt, 1881 erfolgt die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Schon wenig später, noch vor dem Ersten Weltkrieg, ist Eichbaum die führende Brauerei in Mannheim. Sie liefert Bier bis nach Darmstadt und Heilbronn, und auch der Fabrikant Carl Benz bestellt dort seinen Gerstensaft. Heute brauen 220 Mitarbeiter Bier und Limonade. Das meiste wird in der Region getrunken. Exportiert wird in 50 Länder, von China bis ins Baltikum. „Wir können mit der Entwicklung sehr zufrieden sein“, zieht der Brauereichef Jochen Keilbach zum Jubiläum Bilanz.