Auch Albert Einstein hat „Mensch ärgere Dich nicht“ gespielt. Und sich geärgert. Von ihm ist der Satz überliefert: „Atome spalten ist ein Kinderspiel, verglichen mit einem Kinderspiel.“ Deshalb hielt sich Alfons Haas nicht mit Atome spalten auf, er wagte Schwierigeres und entwickelte ein preisgekröntes Brettspiel.

Stuttgart - Man sollte öfters entspannen. Das bringt einen auf gute Ideen. Vor der Geburt des ersten Kindes gönnten sich der Stuttgarter Ingenieur Alfons Haas und seine Frau einen Urlaub in einer Wellness-Oase. Beim Ausruhen am Pool blätterte Haas durch Zeitschriften, las einen Artikel über Lobbyisten und dachte sich: Da könnte man ein Spiel daraus machen. Dann kam das erste, dann das zweite Kind, die Zeit war knapp. Schließlich wurden die Abende wieder selbst bestimmter, also setzte er sich hin und tüftelte. Das Ergebnis ist das Brettspiel: „Lobby – Deine grüne Mission“. Da rangeln etwa Firmenchefin Liv Grün, Lobbyist Manny Schmierer, Leiharbeiter Charlie, Investmentbanker Werner Zocker darum, die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Da muss man etwa seinem „Aktienfonds ein grünes Image verpassen“, Windkraftwerke oder Öko-Aktien kaufen. Blöd nur, dass immer etwas dazwischenkommt.Rebellen erobern Solarparks in Marokko, das Kartellamt bestraft Preisabsprachen der Ölmultis, Juchtenkäfer stoppen den Bau eines Kraftwerks, und die Bestechung eines Politikers durch Windkraftbetreiber wird ruchbar. Wieim richtigen Leben also. „Doch vor allem muss ein Spiel Spaß machen“, sagt Haas. Also gab er es seinem Bruder und dessen Familie in den Urlaub mit. Zum Testen. Haas: „Ich habe mir gesagt, wenn es ihnen nicht gefällt, lasse ich es.“ Es gefiel. In Günzburg ließ er bei Ludofact das Spiel herstellen. In einer Auflage von 700 Stück. Eine Kleinstserie, Figuren und Kartenform sucht man aus dem Bestrand zusammen, neue Werkzeuge zu machen ist unbezahlbar. Auch so kam eine fünfstellige Summe an Kosten zusammen. Haas war es das wert, getreu dem Motto von Henrik Ibsen: „Etwas Gescheiteres kann einer doch nicht treiben in dieser schönen Welt, als zu spielen.“

 

Ein Spiel über Lobbyisten? Soll man den Nachwuchs wirklich behelligen mit dem Ernst des Lebens. Nun, der ist längst angekommen in den Kinderzimmern. Oder weiß noch jemand, wer zuerst da war, Darth Vader oder Lego? Wer jünger ist als 15 glaubt doch, George Lucas habe den Todesstern höchstpersönlich aus dänischen Bausteinen gebastelt. Lizenzspielzeug nennt man das im Fachchinesisch, wenn Spiderman, Lilyfee, Micky Maus oder Jedi-Ritter und Konsorten als Plüschfiguren, Puzzle, Bausätze oder Figuren vermarktet werden. Eine halbe Milliarde Euro Umsatz machte die Branche 2015 damit. Mittlerweile können auch Playmobil-Männchen einen Porsche 911er fahren. Firmenpatriarch Horst Brandstätter wehrte sich stets gegen solche Geschäfte, in seiner Plastikwelt sollte die Fantasie regieren. Er starb 2015, seine Nachfolger spielen mit härteren Bandagen. Und dass Spielwarenabteilungen aussehen, als habe ein rosa Riese drübergekotzt, hat natürlich damit zu tun, dass sich das Sandschäufelchen besser verkauft, wenn es eines für Prinzessinen und eines für Piraten gibt. Und den roten Bobbycar konnten Brüderlein und Schwesterlein fahren, heute braucht es je eines in Pink und Blau. In den USA ist man wie immer schon weiter, da gibt es die Plastikhandgranate nicht nur in schwarz, sondern für die Mädchen auch in bunt.

Den Umweltpreis der Stadt Stuttgart hat Haas mit seinem Spiel für ältere Kinder ab zehn Jahren und Erwachsene (29,90 Euro) gewonnen. Dafür gab’s eine Urkunde. Weil die beim Vermarkten nicht hilft, hat er selbst ein Emblem entworfen, eine Glühbirne. Die Stadt hat’s abgesegnet, er klebte sie auf seine Spiele. Und schaffte es so in den Buchhandel. Lobbyismus in eigener Sache. Übrigens, das Spielbrett hat die Form eines Windrads. Also eine rundum runde Sache.