Eine von Profis geführte Tour zu Stuttgarts schönsten Aussichtspunkten. Oder mit dem Glas in der Hand Stuttgarts Weinlandschaft inspizieren. All das war während des Lockdowns nicht möglich. Doch jetzt sind die Fremdenführer wieder auf Achse.

Digital Desk: Lotta Wellnitz (loz)

Stuttgart - Stuttgartern einen neuen Blickwinkel auf ihre Stadt geben, ihnen Ecken zeigen, die sie noch nie gesehen haben, das will Andrea Welz. Die Stadtführerin ist ein „Urgestein“, wie sie selbst sagt. Seit 25 Jahren führt sie Touristen, Arbeitskollegen oder Freundesgruppen durch die unterschiedlichsten Winkel von Stuttgart. Nach sieben Monaten kann sie das endlich auch wieder vor Ort. Denn: Die Stuttgart Marketing GmbH startet am Wochenende nach der langen Coronapause mit einem vollen Programm. An drei Tagen gibt es über 35 verschiedenen Stadtführungen. Das Motto dabei: den Stuttgartern die eigene Stadt näher und die Menschen wieder zusammenzubringen.

 

Stadtführerin Welz kennt sich auch in Paris aus

„Es ist super, dass es endlich wieder losgeht.“, freut sich Stadtführerin Welz. Sie studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften und arbeitet seit 1996 freiberuflich als „Gästeführerin“, wie sie sich selbst gerne bezeichnet. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen haben während der vergangenen Monate gelitten. In der Event-, Kultur- und Tourismusbranche sind die Aufträge von heute auf morgen eingebrochen, so schlimm wie sonst nirgends, sagt Welz. Wie viele andere hat auch sie zu Beginn der Beschränkungen Coronahilfen beantragt. Dann hat sie sich ein zweites Standbein aufgebaut. Sie hält mithilfe der Videokonferenzsoftware Zoom digitale Vorträge wie „Banksy in Paris“ und bringt Menschen mithilfe von Fotos aus ihrem eigenen Archiv Kunst und Kultur näher.

Digitale Führungen kamen gut an

Auch die Stuttgarter-Marketing GmbH hat während der Coronapandemie auf Digital umgestellt. Viele Stadtführungen sind auf Youtube zu sehen. Die 360-Grad-Filme kamen laut Geschäftsführer Armin Dellnitz „hammer“ an. Zwar koste das alles sehr viel Geld, sei es aber wert, so Dellnitz. Man wollte den Menschen in Zeiten von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen „Lust auf die Stadt machen“.

Die Maskenpflicht entfällt im Freien

Das gleiche Ziel verfolgt sein Team auch am kommenden Wochenende, der wirtschaftliche Aspekt spielt da eine untergeordnete Rolle, sagt Dellnitz: „Wenn es gut läuft, steht die schwarze Null.“ Wichtiger ist allerdings, dass die Menschen nach der langen Pause endlich wieder rausgehen, sich – coronakonform – treffen und Neues über ihre Stadt erfahren. Viele seien wegen der Pandemie immer noch vorsichtig und unsicher, meint der Geschäftsführer. Deswegen ist er froh, dass alle Stadtführungen im Freien und mit Abstand stattfinden können. Gemäß den geltenden Hygienevorschriften sind Gruppen zwischen zehn und 15 Leuten pro Tour erlaubt. Ein negativer Test sowie ein Geimpft- oder Genesenennachweis ist nicht nötig. Sofern der Mindestabstand eingehalten werden kann, braucht es auch keine Maske.

Weltkulturerbe oder Stäffele – das ist die Frage

Die Kunstgeschichte- und Literaturwissenschaftlerin Welz wird am Wochenende die Unesco-Welterbe-Tour in der Weissenhofsiedlung leiten. Interessierte lernen dabei die beiden Häuser des weltberühmten Architekten Le Corbusier oder weitere Bauten von anderen Künstlern kennen wie die des Stuttgarters Richard Döcker. Aber nicht nur Kunstinteressierte, auch Sportsfreundinnen und -freunde kommen auf ihre Kosten. Sie können bei der „Stäffeles-Touren“ die ein oder andere der 400 Stuttgarter Freilufttreppen erklimmen und die Stadt von ihren schönsten Aussichtspunkten betrachten. Wem das zu anstrengend sein sollte, der könnte mit der Seilbahntour hinauf zum Waldfriedhof. Oder, vor allem bei Kindern beliebt: „Spatz Theo weiß alles“. Dabei werden den Jüngsten besondere Stuttgarter Gebäude und deren Geschichten auf spielerische Weise nähergebracht.

Jetzt muss nur noch das Wetter halten

Stadtführerin Welz hat lange auf ihre erste Tour mit richtigen Besucherinnen und Besuchern gewartet. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass die Pandemie endlich überwunden wird und uneingeschränkte Begegnungen wieder möglich sind. Kurzfristig hat sie aber vor allem einen bescheidenen Wunsch: „Gutes Wetter.“ Wenn das eintritt, steht den Stadtführungen nichts im Weg.