Während sich die Forschung zum 3D-Druck rasant entwickelt, bleibt die neue Technik der breiten Masse noch fremd. Nun hat sich in der Region ein kleines Start-up-Unternehmen angesiedelt, das 3D-Druck für Firmen und Privatleute anbietet.

Stuttgart - Die rasanten Entwicklungen im Bereich des 3D-Drucks sorgen immer wieder für Aufsehen: Erst im November 2013 wurde bekannt, dass eine amerikanische Firma eine funktionstüchtige Handfeuerwaffe ausgedruckt hat. Ähnlich revolutionär geht es im Bereich der Medizintechnik zu: Zähne, Knochen, Organe – all das soll in Zukunft gedruckt und im menschlichen Körper eingesetzt werden.

 

Außerhalb medizinischer oder industrieller Labors und Werkstätten sind 3D-Drucker allerdings nicht oft anzutreffen. Auch in Stuttgart und Umgebung hatte sich bislang kein professioneller Anbieter etabliert. Das fiel 2012 Heiko Weiß, einem Stuttgarter Studenten, und Thilo Brückner, einem freien Programmierer aus Neustetten, ins Auge. Eine Marktlücke in einer industriell starken Region, welche die zwei Freiberufler schließen wollen. Sie gründeten ihre eigene Firma, Scanotec, und eröffneten am vergangenen Samstag ihren Showroom in Neustetten bei Rottenburg am Neckar.

100.000 Euro für einen Drucker

Mit dem Ankauf eines 3D-Druckers war es für die beiden dabei nicht getan. Bevor die gewünschten Objekte gedruckt werden können, müssen sie dreidimensional eingescannt werden. Mit dem Angebot auf dem Scanner-Markt waren Weiß und Brückner allerdings nicht zufrieden und entwickelten in mühevoller Kleinarbeit ein eigenes Scan-System. Dabei verbauten die beiden Hobby-Tüftler im Verlauf von eineinhalb Jahren mehr als einen Kilometer Kabel und 120 Kameras.

„Viele 3D-Scanner machen keine Momentaufnahmen. Der Scan-Prozess kann sich über mehrere Minuten hinziehen“, erklärt der 29-jährige Weiß. Das kann bei unruhigen Objekten wie Kleinkindern oder Haustieren für Probleme sorgen. Die schnelleren und genauerer Laser-Scanner sind laut Weiß keine gute Alternative, da sie gesundheitsschädlich sein könnten. Den Prototypen im Neustettener Showroom, der momentan noch aus viel Holz und weißen Laken besteht, wollen Weiß und Brückner noch weiterentwickeln und bald auch verkaufen oder vermieten. Funktionstüchtig ist er bereits. Doch die zwei Freiberufler wollen nicht nur tüfteln, sondern vor allem Privatleute in ihren Showroom in Neustetten locken.

Mini-Ich aus Gips, Silber oder Wachs

Der 3D-Drucker im Büro arbeitet, emsig flitzt der Druckerkopf kreuz und quer und trägt so Schicht um Schicht dunkelblauen Kunststoffs auf. Am Ende soll eine Figur von Brückners Kopf dabei herauskommen, im Moment ist davon nur ein kleiner Sockel sichtbar. Noch 404 Minuten bis zur Fertigstellung, kündigt ein Bildschirm oberhalb des Geräts an – zweifellos eine zeitintensive Technik. Der Firmendrucker kann allerdings nur Kunststoff verarbeiten und einfarbige Figuren herstellen. Die hochwertigeren bunten Gipsfiguren, die viele Kunden bevorzugen, werden mit teureren Druckern hergestellt, die circa 100.000 Euro kosten – zu viel für ein kleines Start-up-Unternehmen. „Wir scannen die Leute hier bei uns und geben die dreidimensionalen Modelle an unsere Partner-Unternehmen weiter. Die drucken dann die kleinen Figuren für uns aus“, erklärt der 55-jährige Brückner.

Im Regal stehen schon zahlreiche kleine Gipsfiguren, unter anderem zwei 15 Zentimeter große Miniaturen der zwei Firmengründer selbst. Die Figuren liegen erstaunlich leicht in der Hand, die Oberfläche ist rau. 245 Euro kostet eine solche Gipsfigur und bleibt damit ein teurer Spaß. Bei der Materialwahl können die Kunden wählen zwischen Kunststoff, Sterlingsilber, Wachs, Gips, Keramik und Aluminium-Polyamid.

Anfragen aus der Industrie haben die beiden auch schon erhalten. So hat eine Firma um Hilfe gebeten, die nicht mehr verfügbare Ersatzteile für eine ihrer Maschinen drucken lassen will. In eben diesem Bereich sehen Experten momentan auch den größten Nutzen der neuen Technologie. Wie viele Privatkunden die beiden Tüftler darüber hinaus in ihren Neustettener Showroom locken werden, wird sich zeigen.