40 000 Muslime der Gruppe der Ahmadiyya haben in Karlsruhe ihr Jahrestreffen gefeiert. Ihr Oberhaupt Kalif Mirza Masroor Ahmad gab sich zwar betont unpolitisch, aber er sagte, nicht alle Flüchtlinge könnten in Europa integriert werden.

Karlsruhe - Im Innenhof des Karlsruher Messegeländes ist ein roter Teppich ausgelegt, an dem bunt gekleidete Kinder kleine Deutschlandfähnchen schwenken. Männer und Frauen jubeln, als der Kalif durch das Spalier schreitet. Zum Auftakt hisst Mirza Masroor Ahmad, das Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft, die Fahne der Ahmadiyya Muslime Jamaat. Er ist eigens aus London für diese Veranstaltung angereist. Von Freitag an versammelten sich am Wochenende fast 40 000 Muslime aus ganz Deutschland in Karlsruhe zu ihrem Jahrestreffen Jalsa Salana und machten die dm-arena zu einer Moschee – diesmal allerdings unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen.

 

Die Kinder am Rande des roten Teppichs sind getrennt nach Mädchen und Buben, auch beim Freitagsgebet wird nach Geschlechtern unterschieden. Der deutsche Bundesvorsitzende Abdullah Uwe Wagishauser – ein Konvertit, spricht von „einem rein spirituellen Treffen“, Gebet und Besinnung stünden im Vordergrund. Deshalb wehrt er sich auch gegen den christlich geprägten Begriff „Kirchentag“, dort sei „alles sehr viel politischer“. Es gehe bei dem Treffen in Karlsruhe darum, „Energie zu tanken“.

Der Kalif lebt im Exil in London

Auch der Kalif Mirza Masroor Ahmad warnt später bei seiner ersten Ansprache die Gläubigen in der vollbesetzten Messehalle davor, „sich in weltlichen Dingen zu verlieren“, es gehe darum „sich Gott zuzuwenden“. Er hält seine Rede in Urdu, der traditionellen pakistanischen Amtssprache. Der Kalif ist in Pakistan geboren – er lebt aber schon lange im Exil in London, seit die Ahmaddy, wie man sie meist abkürzt, politisch verfolgt werden. Für die in den 1880er Jahren in Britisch-Indien gegründete Gemeinschaft gilt der erste Kalif als Nachfolger des Messias, das zieht ihnen unter den verschiedenen Strömungen der Muslime weltweit teilweise Hass zu.

Der 65-jährige Mirza Masroor Ahmad wurde im Jahr 2003 zum Kalifen der Gemeinschaft gewählt, für die Gläubigen ist er seitem „seine Heiligkeit“. Und dabei alles andere als unpolitisch. Zum fünften Mal fand die Jahresversammlung nun in Karlsruhe statt, zum ersten Mal nahm er sich viel Zeit für die Fragen der deutschen Öffentlichkeit. Er ging dabei auch auf Fragen zu Flucht und Vertreibung ein. „Not all refugees can be integrated“ – nicht alle Flüchtlinge könnten in Europa integriert werden, sagte er dem Reporter eines mazedonischen Senders.

„Liberal und wertkonservativ“

In eher leisen, aber klaren Worten sagte er, der Islam, den er kenne, sei geprägt von Liebe, Frieden und Toleranz. Zuvor in der Messehalle hatte er in seiner Ansprache betont, das Jahrestreffen „sei ein Trainingscamp, um sich weiter zu entwickeln“, es gehe dabei „um eine Reform der Herzen“ und um einen liebevollen Umgang mit anderen Menschen. Bei der Integration in einem Gastland müsse jeder „die Gesetze des Landes akzeptieren und sich als loyaler Mitbürger verhalten“.

Der deutsche Sprecher der Ahmaddys, Abdullah Uwe Wagishauser, nannte seine Gemeinschaft „eine liberale, aber wertkonservative“ Gruppierung. Man wolle „Zeichen setzen gegen Extremismus und Terror“, war vor dem Treffen angekündigt worden. Das Gebet erfolgte an den drei Tagen in den Messehallen getrennt nach Geschlechtern: beim Gebet der Frauen – etwa am Samstag, sah man viele Väter mit Kindern an der Hand. Manan Haq, der Sprecher der Gemeinschaft in Baden-Württemberg, sagte, der Kalif habe die Ehemänner „ausdrücklich ermahnt, sich an der Erziehung der Kinder zu beteiligen“.

Die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen in den Messehallen – rund 5000 Personen waren für die Organisation und die Sicherheit zuständig – zeugten von der allgemeinen Verunsicherung im Umgang mit dem Islam. Der Kalif Mirza Masroor Ahmad warb um Verständnis, man solle „bereitwillig kooperieren“ mit den Sicherheitsleuten. Abdullah Uwe Wagishauser befasst sich auch mit dem zunehmenden Rechtspopulismus. Man müsse „die Leute mit ihren Fehlern stellen“, fordert er.

Bisher vier Moscheen um Land

Die Ahmaddy, wie man sie meist abkürzt, sind einer der größten organisierten Islamverbände mit 37 000 Mitgliedern und seit mehr als 60 Jahren in Deutschland vertreten. Bundesweit gibt es rund 40 Moscheen der Gruppe, die ältesten davon in Hamburg (1957) und Frankfurt (1959). Sie sind die einzige in Deutschland (in Hessen und Hamburg) als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte muslimische Religionsgemeinschaft. In Baden-Württemberg haben sie das beantragt.

Im Südwesten haben die Ahmadiyya Muslime derzeit die größten Gemeinden in Mannheim, Stuttgart und in Waiblingen. Zum Gebet treffen sie sich in rund 25 Gemeinden im ganzen Land in Gebetszentren. Eigene Moscheen konnten sie in Weil der Stadt (seit 2008), Mannheim (seit 2010) sowie in Pforzheim und Bruchsal (jeweils seit 2012) errichten. In Waiblingen wird in Kürze die Grundsteinlegung für eine Moschee erwartet.