Queen Henni (vorne) auf der Bühne mit den Vorständen der Aids-Hilfe Stuttgart sowie dem Moderator Jürgen Hörig (Zweiter von rechts) Foto: Lichtgut/Max Kovalenko
Als Auftakt zu 40 Jahren Aids-Hilfe Stuttgart hat es im Friedrichsbau Varieté einen in jeder Hinsicht bewegenden Abend gegeben. Mit Musik und Tanz, mit Gedenken an die Toten und Dank an die vielen Ehrenamtlichen.
Statt eines großen Balls sollte es dieses Jahr eine kleine Gala sein – aus der dann aber doch ein ziemlich großartiger Abend für die Aids-Hilfe Stuttgart geworden ist. Das liegt vor allem an Andreas Winter, der neu im Vorstand des Vereins mit Laura Halding-Hoppenheit und Michael Deobald ist und das Programm zusammengestellt hat. Schließlich ist der ehemalige Fraktionschef der Grünen im Gemeinderat nicht nur als Gründer der Freien Musikschule immer schon ein Kulturmensch durch und durch gewesen.
Profitieren kann die Gala auch vom Spielort, dem Friedrichsbau Varieté, das seit Jahren der Aids-Hilfe verbunden ist. Es bietet nicht nur räumlich, sondern auch mit Darbietungen aus der aktuellen „Ballroom“-Revue den Rahmen: mit dem Breakdance-Jongleur Sören Geisler, dem Laserkünstler Nikolay Matev und mit einer Aerial-Silk-Nummer von Cassandra May Raineri. Wie der Moderator Jürgen Hörig sagt, „sehr symbolträchtig mit der roten Schleife“, die auch von vielen Gästen der Stadtgesellschaft getragen wird, darunter Landtagspräsidentin Muhterem Aras, der ehemalige Intendant des Renitenztheaters, Sebastian Weingarten, und Jörg Klopfer von in.Stuttgart.
Gedenken an die 36 Millionen Aids-Toten weltweit
Vor den mal heiteren, mal bewegenden kulturellen Höhepunkten des Abends gibt es auch ernste Momente. Queen Henni trägt als „Miss Aids-Hilfe Stuttgart“ ein Galakleid mit 360 roten Schleifen, in Gedenken an die 36 Millionen Aids-Toten weltweit. Trotz der Wirksamkeit neuer Therapien kann das Virus immer noch tödlich sein – vergangenes Jahr starben 630 000 Erkrankte –, weil längst nicht alle Menschen Zugang zu einer medizinischen Versorgung haben.
Cassandra May Raineri bei ihrem Auftritt bei der Aids-Hilfe-Gala Foto: Lg/Max Kovalenko
Alexandra Sußmann, Stuttgarts Bürgermeisterin für Soziales, Gesundheit und Integration, erinnert in ihrer Begrüßung daran, dass sich nach Jahren der Ausgrenzung von „Ansteckungsverdächtigen“ erst durch die Worte von Rita Süssmuth langsam etwas in der Gesellschaft geändert habe. „Es kann doch nicht sein, dass wir die Menschen bekämpfen und nicht die Krankheit!“ Laura Halding-Hoppenheit hat selbst erlebt, wie Todkranke noch auf dem Sterbebett in der Klinik von ihrer Familie verstoßen wurden. Und Andreas Winter erzählt, dass sich ein alter Schulfreund erst nach langer Funkstille meldete mit: „Ich bin seit 30 Jahren HIV-positiv“.
Dennoch: 40 Jahre Aids-Hilfe Stuttgart können auch gefeiert werden, denn „trotz aller Krisen in der Welt dürfen wir uns über viel Zuspruch freuen“, so Andreas Winter. An diesem Abend ist das nicht zuletzt durch den Auftritt der Künstlerinnen und Künstler zu Ehren und zugunsten der Aids-Hilfe zu spüren. Damiano Maiolini von „The Voice of Germany“ singt „Unchained Melody“ von Elvis. Eric Gauthier, der nicht persönlich anwesend sein kann, weil seine Truppe vor ausverkauftem Haus in München spielt, hat einige seiner Tänzerinnen und Tänzer geschickt. Bruna Andrade wirbelt zur Musik von Antony and the Johnsons, die Gauthier Dance Juniors tanzen zu Maurice Ravels „Bolero“ auf Trampolinen.
Gefeiert wurde bis in den frühen Morgen
Und noch mehr Nachwuchs begeistert: Die Jungen Solisten Stuttgart spielen die drei Sätze aus Antonio Vivaldis „Winter“ und begleiten Nils Wanderer bei einer der schönsten Arien überhaupt – „Lascia ch’io pianga“ von Georg Friedrich Händel. Der aus Ludwigsburg stammende Countertenor, der auf dem Sprung zu einer Weltkarriere ist, zeigt aber auch, warum er der „Wanderer zwischen den Welten“ ist. Mit Frithjof Rödel an Gitarre und Keyboard interpretiert er unter anderem „Total Eclipse“ von Klaus Nomi. Auch dies ein Gedenken nicht nur an eines der ersten prominenten Aids-Opfer.
Die grandiose Gala war der Auftakt zum Jubiläumsjahr der Aids-Hilfe Stuttgart, in dem es noch viele Möglichkeiten zu spenden gibt. Wie etwa die der Weinstube Fröhlich, deren Erlös eines „fröhlichen Sonntags“ mit einem Scheck von 1500 Euro überreicht werden konnte. Der Abend ging mit DJane Alegra Cole bis in den Morgen, und das an einem Dienstag. Aber wie sagte Jürgen Hörig augenzwinkernd: „Wer keine Bilder auf Instagram postet, kann morgen ja krank machen.“