Von Internetsucht bis Trauma reichen die seelischen Verwerfungen, die bei der Psychologischen Familien- und Lebensberatung der Caritas in Geislingen therapiert werden und damit gleichzeitig gesellschaftliche Veränderungen spiegeln. Und das bereits seit 40 Jahren.

Geislingen - In der Uracher Straße 31 in Geislingen kümmern sich acht Fachkräfte der Psychologischen Familien- und Lebensberatung der Caritas um die Anliegen und Nöte von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Damit spiegeln sich hier aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wider wie beispielsweise die Zunahme von Patchworkfamilien, wirtschaftliche Unsicherheit und neue Krankheiten wie die Internetsucht. Zusätzliche Herausforderungen erleben der Leiter Gerhard Betz und sein Team durch die interkulturelle und religiöse Vielfalt in der Stadt – und das alles nun bereits seit 40 Jahren.

 

Interkulturelles Profil geschärft

Von den Spannungen innerhalb der türkischstämmigen Bevölkerung in Geislingen, die durch den Putschversuch in der Türkei ausgelöst wurden, habe er nichts in der Caritas-Beratungsstelle mitbekommen, berichtete Betz, der den interkulturellen Austausch in Geislingen fördern möchte. Diesen Austausch bereicherte die Psychologische Familien- und Lebensberatung Geislingen beispielsweise bei den diesjährigen städtischen Interkulturellen Wochen mit mehreren Veranstaltungen zur interreligiösen Begegnung. Außerdem veranstaltete die Beratungsstelle einen Fachtag für Therapeuten und Berater, der kultursensible Beratung thematisierte rund um Christentum, Islam und jüdischen Glauben.

Ein Spiegel der Gesellschaft

Schon seit Jahren habe die Beratungsstelle ihr interkulturelles Profil geschärft, erklärte Betz. Ihm ist der Hinweis wichtig, dass auch nach Auslaufen der Werkstatt für interkulturelle Kompetenz, genannte Wink, in der Uhlandstraße die Psychologischen Familien- und Lebensberatung Geislingen weiter Menschen mit Migrationshintergrund berate. Rückblickend auf 40 Jahre Beratungsarbeit, stellte Betz fest, dass die gesellschaftlichen Veränderungen längst auch bei seinem Team angekommen seien. Dazu zählte der langjährige Leiter der Beratungsstelle die medialen Herausforderungen seiner Klientel, die bis zur Internetsucht führten, und den „Abschied von der idealen Familie“, wie der Therapeut und Diplom-Sozialarbeiter die Herausforderungen an Patchworkfamilien nennt. Gleichzeitig führten die modernen Arbeits- und Lebensverhältnisse zu mehr Stressfaktoren, Kinder träten früher in die länger dauernde Pubertät ein und die eigenen Eltern, die heute länger lebten, kämen als Pflegefälle dazu.

Die Aufgaben sind sehr vielfältig

Anlaufstelle
: Die Psychologische Familien- und Lebensberatung hilft weiter bei Fragen und Problemen rund um die Themen Zusammenleben, Entwicklung und Erziehung von Kindern, Schwierigkeiten im Kindergarten, in der Schule, in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz sowie bei Krisen in der Partnerschaft und Herausforderungen für Menschen, die mit Krankheit, Behinderung oder Tod konfrontiert sind.

Flüchtlinge
: Die Beratungsstelle hat einen traumatherapeutischen Schwerpunkt eingerichtet. Seit Oktober 2015 erhalten Flüchtlinge hier kostenlos psychologische Beratung und Therapie. Dazu werden Übersetzer aus dem städtischen Dolmetscherpool benötigt.

Außenstelle
: Seit 2006 gibt es an der Geschwister-Scholl-Realschule und in der Johann-Georg-Fischer-Gemeinschaftsschule ein Beratungsangebot für alle Süßener Familien.