Auch nach 40 Jahren auf dem Thron denkt Königin Margrethe II. von Dänemark nicht an einen Rücktritt.

Kopenhagen - Zum Wesen der Monarchie gehört, dass Jubel und Trauer eng verbunden sind, weil der Antritt eines neuen Regenten vom Ableben des alten abhängt. So hat auch die dänische Königin Margrethe ihre Thronjubiläen bisher diskret begangen, weil der Todestag ihres Vaters Frederik IX. am 14. Januar 1972 in ihrer Erinnerung schwerer wog als ihr schüchterner Beginn als damals 32-jährige Regentin. Doch so ist es nun einmal, und so soll es bleiben. "Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass dies eine Aufgabe ist, die man hat, solange man lebt", erwiderte sie in einem Interview kurz vor dem 40. Jahrestag ihrer Einsetzung auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt. Legerer drückte sie es vor einigen Jahren aus: "Ich bleibe, bis ich aus den Pantoffeln kippe."

 

Ginge es nach ihren Untertanen, müsste dies nicht so sein. Zwar genießt das Königshaus die Zustimmung von mehr als zwei Dritteln seiner Bürger und ist damit populärer als alle anderen europäischen Monarchien, und Margrethe ist auf allen Ranglisten die Nummer eins. Doch eine Mehrheit meint auch, dass die Königin jetzt (elf Prozent) oder zumindest bald (40 Prozent) zu Gunsten ihres Sohnes Frederik abdanken solle. Nicht, weil sie ihres Staatsoberhauptes überdrüssig wären, sondern weil sie ihr noch ein paar gute Jahre ohne Protokoll gönnen würden. Das wäre auch im Sinn ihres Gemahls, des französischstämmigen Prinz Henrik (vordem: Henri), der kein Hehl daraus macht, dass er den Lebensabend lieber auf seinem Schlösschen in den Weinbergen von Cahors verbrächte als im kalten und ihm nur selten gewogenen Dänemark.

Beruf geht vor Familie

Doch Margrethe hat die beruflichen Pflichten immer schon über die familiären gesetzt, und vor einer Lebensaufgabe läuft sie nicht davon. Das Jubiläum "40 Jahre für Dänemark" wird mit einem einwöchigen Festakt opulenter begangen als frühere Jahrestage, als ob man unterstreichen wolle, dass dies kein Abschied sei. Zu Tausenden werden die Dänen auf den Schlossplatz pilgern, um ihre Königin mit einem neunfachen Hurra zu ehren, so wie damals vor vierzig Jahren, als eine bleiche, schwarz gekleidete junge Frau auf dem Balkon von Christiansborg stand. "König Frederik IX. ist tot. Lang lebe Ihre Majestät Königin Margrethe II.", mit diesen Worten rief der damalige Ministerpräsident Jens-Otto Krag die neue Regentin aus, und die dicht gedrängte Menge jubelte ihr zu.

Dabei war es ein bitterkalter Tag, und viele hatten gefürchtet, dass es eine Zeremonie ohne Publikum werde. "Die Sympathie, die mir entgegenströmte, hat mir viel Kraft gegeben", sagte Margrethe später, und dieses Wohlwollen hat sie bewahrt, 40 Jahre lang. Auch als sie jetzt zu Neujahr ihre traditionelle Ansprache hielt, standen die festlich gekleideten Gäste wie jedes Jahr in fast allen dänischen Heimen vor dem Fernseher und lauschten ihren Worten. Und obwohl ihre Sprache antiquiert ist, ihre Frisur vorsintflutlich und ihre Rede von Rhetorikern als banal eingestuft wurde, nickten die meisten zufrieden: "Gut gemacht, Margrethe!" Tags darauf hielt die Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt eine viel bessere Rede und wurde dennoch scharf kritisiert. Für eine Königin gelten eben andere Maßstäbe.

Die Königin als stabiles Element des Wandels

Margrethe hat in ihrer Regentschaft acht Regierungschefs erlebt und turbulente Zeiten durchgemacht, in denen ihr Land der EU beitrat, den Euro verwarf, Krisen und Höhenflüge meisterte, in den Krieg zog und von einer mono- zu einer multikulturellen Gesellschaft wurde. Doch die Königin war stets dieselbe, das stabile Element in einer Zeit des Wandels, die Mehrheit der heute lebenden Dänen hat nie ein anderes Staatsoberhaupt gekannt.

Vor vierzig Jahren war die Monarchie weit umstrittener als heute, nur 42 Prozent bejahten in den antiautoritären Jahren das Erbkönigtum. Doch Margrethe, erst 1953 durch eine Verfassungsänderung, die die weibliche Thronfolge zuließ, von der Prinzessin zur Kronprinzessin aufgestiegen, meisterte die Herausforderung. Dass sie als erste Frau seit den Tagen der vor 700 Jahren verstorbenen Margrethe I. Königin wurde, habe ihr die Sache erleichtert, sagt sie: "Wäre ich ein Mann gewesen, hätten mich alle mit meinem Vater verglichen." So konnte sie eigene Wege gehen, die sie zum Rollenmodell für viele junge Frauen machte. Als zwar oft belächelte, aber durchaus selbstbewusste Künstlerin, die malt, stickt, Kostüme designt und Choreografien entwirft, hat sie ihren Ausgleich zu den protokollarischen Pflichten gefunden.

Als Mutter kleiner Kinder - ihre Söhne waren bei ihrer Einsetzung zwei und drei Jahre alt - sei sie ungeeignet gewesen, gestand sie später, als Gattin habe sie ihrem mit seiner Rolle unzufriedenen Prinzgemahl nicht immer Rückhalt geboten. Doch zu ihren erwachsenen Söhnen hat sie ein gutes Verhältnis, und ihrem Mann hat sie die notwendige Anerkennung und Freiheit gegeben. Mit ihren Enkeln erlebt sie jetzt auch noch die Freude an Kleinkindern. Doch Kronprinz Frederik vorzuwinken und sich selbst dem Oma-Dasein hinzugeben, kommt nicht infrage: ihre Lebensaufgabe ist, meint sie, eine andere.

Dänen lieben ihr Königshaus

Umfrage: Königin Margrethe II. muss sich auch nach 40 Jahren auf dem Thron keine Sorgen um ihren Job machen: 82 Prozent der Dänen befürworten die Monarchie. Dies geht aus einer vor einigen Tagen veröffentlichten Umfrage der Marktforschungsfirma Voxmete hervor. Zwölf Prozent sagten, sie seien für eine Abschaffung der Monarchie. Margrethe habe als Königin „Wohlwollen geschaffen“ und sich im Volk beliebt gemacht, sagt der Historiker Sebastian Olden-Jørgensen von der Universität Kopenhagen.

Nachfolge: Als die 31-jährige Kronprinzessin Margrethe 1972 zur Königin ausgerufen wurde, standen nur 42 Prozent der Dänen hinter dem Königshaus mit seiner mehr als tausendjährigen Geschichte. Der Kopenhagener Historiker Jes Møller führt die Wende auf eine erstaunliche Leistung zurück: „Die Königin hat in ihrer gesamten Amtszeit nicht einmal einen Fuß verkehrt gesetzt.“ Die Beliebtheit der Royals setzt sich auch in der nächsten Generation fort. Besonders Mary, die Frau des Thronfolgers Frederik, trägt zur Popularität bei. Es sei „ein großes Vergnügen, sie sich als zukünftige Königin vorzustellen“, sagt Olden-Jørgensen.