Das fiese Lachen des skrupellosen Geschäftemachers J. R. Ewing hat sich eingebrannt: Vor 40 Jahren zeigte die TV-Serie „Dallas“ eine Welt weißer, reicher Amerikaner, denen es nur ums Geld ging.

Berlin - Vor vielen Jahren, an einem Dienstag im April, erleben Millionen Zuschauer einen eigenartigen Fernsehabend. Erst begrüßt sie um 20 Uhr die „Tagesschau“-Sprecherin Daniela Witte freundlich mit den Worten: „Im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl ist es offenbar zu dem gefürchteten GAU gekommen, dem größten anzunehmenden Unfall.“

 

Gut zwei Stunden später stirbt auf demselben Sender in der Serie „Dallas“ auch noch Bobby Ewing bei einem Autounfall. Der Öl-Erbe, gespielt von Patrick Duffy, ist den Fans der US-Seifenoper seit 1981 sehr ans Herz gewachsen. Am Mittwoch (30. Juni) jährt sich die deutsche Erstausstrahlung der Serie zum 40. Mal.

Die Klimakrise war noch kein Thema

Bis 1991 verfolgen „Dallas“-Fans die Intrigen, Possen und Tragödien der texanischen Familie Ewing, die im Dauerclinch mit dem Barnes-Clan liegt: weiße Männer mit Westernstiefeln und Cowboyhüten im Kampf um Öl, Macht, Geld und hübsche Frauen.

Öl ist in den 80ern noch ein unschuldiger Energieträger. Klimakrise, Meeresspiegel, Treibhauseffekt - alles für die breite Öffentlichkeit kein Thema. Man labt sich lieber am Luxusleben der Ewings, der weißen Southfork-Ranch, dem Swimmingpool, den Luxusautos. Man kann „Dallas“ auch als letztes Aufbäumen jener sehen, die Öl als Segen betrachten.

Die Frauenfiguren bleiben blass

„Die Serie ist aus heutiger Sicht ein televisionärer Abgesang auf die Old Economy, aber auch die traditionelle Familie“, erläutert die Fernsehforscherin Joan Kristin Bleicher. „Da gab es noch Old-Style-Firmenbosse, die sich gegenseitig bekämpften und mit ihrem Reichtum protzten. Zuhause wartete die Ehefrau mit dem Whisky.“ Von der sanften Miss Ellie bis zur zickigen Lucy – die Frauenfiguren blieben blass, da mochte die texanische Sonne noch so sehr knallen.

Der größter Strippenzieher der CBS-Serie ist der Ölmagnat J. R. Ewing, eine Zeit lang der bekannteste Fiesling der Welt. J. R. treibt seine Frau Sue Ellen (Linda Gray) mit Seitensprüngen und seelischer Grausamkeit immer tiefer in den Alkoholismus und scheut im Kampf gegen seine Widersacher nahezu vor nichts zurück. J. R.-Darsteller Larry Hagman sagte einmal über seine Rolle: „Er ist einzigartig. Ich glaube, dass jeder Mensch auf der Welt – Afrikaner, Südamerikaner, Russe oder Chinese – jemanden wie J. R. in der Familie hat. Jeder kann sich damit identifizieren und sagen: Ich kenne diesen Typen.“

Hagman wurde mit J. R. verwechselt

Die Wissenschaftlerin Bleicher erinnert an den Slogan der „Dallas“-Fangemeinde: „We love to hate J. R.“ („Wir lieben es, J. R. zu hassen.“). Und sie sieht ihn noch heute als exemplarischen Schurken: „Dank #metoo hat sich das Hasspotenzial ja eher gesteigert.“

Hagman (1931–2012) wirkte authentisch auf die Zuschauer. Einmal schlug ihm eine alte Dame in einem Hotel in Dallas ihre Handtasche so heftig ins Gesicht, dass er vom Stuhl gerissen wurde. „Ich habe Sterne gesehen“, erzählte Hagman. „Sie hat gesagt: „Du Ratte, wie kannst Du Sue Ellen nur so behandeln?“ Dann hat sie sich aber entschuldigt, weil sie vergessen hatte, dass sie die Waffe ihres verstorbenen Mannes in der Tasche hatte. Sie hat mich also härter getroffen als sie wollte.“

Eine Unverschämtheit gegen über dem Publikum

Doch zurück zum überfahrenen Bobby. Was dieser Szene folgte, war eine der größten Unverschämtheiten gegenüber dem Publikum in der gesamten Fernsehgeschichte: Bobby stirbt zum Ende der achten Staffel in Episode 191. Er wird auch betrauert und begraben, ist aber in Folge 222 plötzlich wieder am Leben. Seine Frau Pamela (Victoria Principal) betritt das Bad und ist völlig konsterniert: Bobby steht da unter der Dusche. Angeblich hat sie die ganze Handlung der neunten Staffel nur geträumt.

Bis heute ärgern sich manche über die verschwendete Lebenszeit, die sie damals mit dieser „Traumstaffel“ verbracht haben. Dass das vielen in Erinnerung ist, zeigt aber auch, wie viel Einfluss „Dallas“ hatte.