1979 wurde die Katzenhilfe Stuttgart gegründet. Seit 40 Jahren sind die Mitglieder im Einsatz für Tiere, um die sich sonst keiner sorgt. Zwei Gründungsmitglieder berichten von Erlebnissen in Messiwohnungen und Weinbergen, von Katzen- und Menschenschicksalen.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Kaltental - Teils sind es schwere Schicksale, die den Einsatz der Ehrenamtlichen nötig machen. Katzen, die von Autos angefahren wurden und schwer verwundet auf der Straße liegen und scheinbar niemandem gehören. Messiwohnungen, in denen 30 Katzen in einem völligen Durcheinander ihr trauriges Dasein fristen müssen. Misshandelte Tiere und Besitzer, die mit der Haltung der Vierbeiner völlig überfordert sind. Katzen, die heimatlos werden, weil ihre Besitzer sterben und sich kein neues Zuhause findet. „Erben wollen die Verwandten, aber sich um die Katzen kümmern, will oft keiner“, sagt Brigitte Petzel. Von ihr kam vor 40 Jahren die Initiative, die Katzenhilfe Stuttgart ins Leben zu rufen. Zusammen mit 22 anderen Ehrenamtlichen hat sie den Verein mit Sitz in Kaltental am 24. Januar 1979 gegründet. „Viele Katzenschicksale sind mit Menschenschicksalen verknüpft“, sagt Ursula Wolf, ebenfalls eine der Mitbegründerinnen der Katzenhilfe.

 

„Mein Herz hängt seit meiner frühsten Kindheit an Katzen“, sagt Petzel. Schon vor der Gründung der Katzenhilfe hat sie sich um ausgesetzte Tiere gekümmert, ebenso wie viele andere Vereinsmitglieder. „Diese Hilfen mussten einfach koordiniert werden.“ Vor allem in den Anfangsjahren sei es ein harter Kampf ums Geld gewesen. Denn kranke Katzen müssen tierärztlich versorgt werden, Kater und Katzen kastriert und Futter an den Futterstellen verteilt werden. „Es gab keine Käfige zu kaufen, mit denen die Katzen eingefangen werden konnten. Wir haben selbst Kisten entworfen, die teilweise heute noch so nachgebaut werden“, erzählt Ursula Wolf. Nicht immer allerdings fangen die Mitglieder die Katzen ein. „Mir haben sie eines Nachts eine Kiste mit zwei Katzenbabys vor die Tür gestellt. Die kleinen waren stundenlang in der Kälte, bis ich sie morgens gefunden habe“, erinnert sich Petzel.

„Die erste Katze vergisst man nicht“

Ihre allererste Notfallkatze, erzählt sie, sei auf der Waldburgstraße in Vaihingen angefahren und schwer verletzt worden. „Sie hatte vier Welpen“, sagt die Tierschützerin. Die Mutterkatze überlebte den Unfall nicht. „Ich musste die gerade einmal zwei Wochen alten Babys von Hand aufziehen“, sagt Petzel. Eine Erfahrung, die sich ihr ins Gedächtnis gebrannt hat. „Die erste Katze vergisst man nicht.“

Ursula Wolf war lange Zeit als Einfängerin aktiv in der Katzenhilfe. Teils habe es Tage gedauert, bis an Futterstellen die letzte Katze eingefangen werden konnte. Besonders die Karlshöhe im Stuttgarter Westen und der Pfaffenwaldring am Unicampus in Vaihingen seien Schwerpunkte gewesen. Manchmal sind die Tierschützer auf dem Bauch durch Weinberge gekrochen, um Katzen einzufangen. „Im Hallschlag haben wir mal eine Katze abgeholt, der jemand die Ohren abgeschnitten hatte“, erinnert sich Wolf. Bei all den traurigen Erlebnissen habe es in den 40 Jahren aber auch Freudentränen gegeben. Etwa, wenn eine schwerkranke oder verletzte Katze sich wieder vollständig erholt hat. „Oder wenn ein schwer vermittelbarer Fall doch noch ein Zuhause gefunden hat“, sagt Petzel. „Es ist ein ständiges Auf und Ab zwischen schönen und weniger schönen Erlebnissen.“

Es fehlt vor allem an Pflegeplätzen

Die Arbeit und die Ziele der Katzenhilfe unterscheiden sich heute wenig zu denen von 1979. Die Mitglieder setzen sich für die Tiere ein, für die es sonst keiner tut. Viele der eingefangenen Katzen sind vermittelbar. Andere werden nie zutraulich. Sie werden kastriert und an den Futterplätzen wieder freigelassen. Woran es fehle, sei vor allem an aktiven Mitgliedern, die sich unter anderem bei den Einfangaktionen beteiligen. „Und an Pflegeplätzen, an denen die Katzen unterkommen, bis sie ein Zuhause gefunden haben“, sagt Wolf. Wie viele Katzen sie selbst mit den Jahren aufgenommen hat, kann sie nicht zählen. „Es müssen Tausende gewesen sein.“ Immer mal wieder haben die Pfleger Katzen behalten. Oft seien es die besonders scheuen gewesen. „Viele Menschen wollen keine Katze, die sich nicht streicheln lässt. Dabei ist es ein unglaubliches Gefühl, wenn so eine Katze nach Monaten das erste Mal eine Berührung zulässt“, sagt Wolf.

Auch Brigitte Petzel ist schon auf Pflegekatzen „sitzengeblieben“. „Das war ein richtiges Durcheinander, teilweise mit 15 Katzen“, sagt sie. So hat die Tierschützerin neben den vielen misshandelten Katzen schon querschnittsgelähmte Vierbeiner aufgenommen, ebenso Epileptiker. Ohne die Unterstützung ihrer Familien sei das nicht möglich gewesen, sagen Petzel und Wolf. „Wir sind froh, dass unsere Männer das alles mitgemacht haben“, sagt Petzel.