Der Leiterplattenhersteller Multek macht sein Böblinger Werk dicht – bis wann, ist noch offen. Klar ist hingegen, dass damit gut 400 Männer und Frauen ihre Stelle verlieren werden.

Stuttgart/Böblingen - Der Leiterplattenhersteller Multek will sein Werk in Böblingen mit gegenwärtig gut 400 Beschäftigten schließen. „Aufgrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation musste Flextronics die schwierige Entscheidung treffen, den Standort von Multek in Böblingen zu schließen“, heißt es in einer Mitteilung. Einen Termin für die Schließung gibt es noch nicht, da alle Aufträge in Abstimmung mit den Kunden abgearbeitet werden sollen. Betriebsratschef Bernd Hörmann geht davon aus, dass die Fertigung noch bis mindestens Ende September läuft.

 

Der Leiterplattenspezialist Multek hat das Werk in Böblingen 1998 von Hewlett-Packard (HP) übernommen. Mittlerweile gehört Multek zu dem global tätigen Auftragsfertiger Flextronics, der von den USA (San Jose/Kalifornien) und Singapur aus operiert. Multek/Flextronics hat nach eigenen Angaben auf seiner Internetseite weltweit zehn Leiterplattenwerke. Leiterplatten werden immer billiger, was die Hersteller unter Druck setzt. Betriebsratschef Hörmann kann sich noch an Zeiten erinnern, als die sogenannten Boards für ein Mobiltelefon 48 Dollar kosteten – verglichen mit 1,60 Dollar heute. Multek konzentriert nun offenbar die Leiterplattenproduktion und hat deshalb sein Werk Northfield/Minnesota kurz vor Weihnachten umgewidmet. Der Konzern setzt immer stärker auf den Standort China, wo bereits 9000 bis 10 000 der weltweit 12 000 Beschäftigten tätig sind.

Mit dem Werk ging es mit den Jahren bergab

Nach Angaben des Betriebsrats und der IG Metall kommt das Ende für das Werk Böblingen nicht überraschend. Bereits im vergangenen Jahr wurden nach Hörmanns Angaben etwa 130 Arbeitsplätze abgebaut. Dabei kam es nicht zu Entlassungen; die Beschäftigten verließen das Unternehmen auf der Grundlage eines Interessenausgleichs und Sozialplans mit Abfindungen. Der Sozialplan hat noch eine Laufzeit bis Oktober 2016. Theoretisch könnte auch die Schließung des ganzen Werks auf dieser Grundlage abgewickelt werden. Aus Sicht von Jutta Dahlmann, die sich bei der Stuttgarter IG Metall um das Unternehmen kümmert, dient dieser Sozialplan aber dazu, einzelne Personalmaßnahmen zu behandeln und nicht die Schließung des gesamten Standorts. In Gesprächen mit der Geschäftsleitung soll unter anderem geklärt werden, ob und in welchem Umfang eine Transfergesellschaft finanziert werden kann. Die Aussichten der Beschäftigten auf einen neuen Arbeitsplatz schätzt die Gewerkschaft nicht sehr rosig ein. Das Durchschnittsalter der Belegschaft liegt bei 48 Jahren. In der Produktion arbeiten 270 Mitarbeiter; 130 Beschäftigte sind in indirekten Bereichen tätig.

Mit dem Werk in Böblingen ging es in den zurückliegenden Jahren bergab. Um die Jahrtausendwende herum waren noch 870 Menschen hier beschäftigt. Die Arbeitnehmervertreter klagen auch darüber, dass an dem Standort kaum noch investiert wurde. Angaben zur Umsatz- und Ertragslage sind nicht verfügbar. Flextronics hat in den drei Monaten von Oktober bis Dezember 2012 einen Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar verbucht – 18 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der operative Gewinn betrug 35 (Vorjahr: 141) Millionen Dollar.