Bei einer Katastrophenschutzübung testen rund 400 ehrenamtliche Einsatzkräfte im oberen Murrtal, wie gut der Rems-Murr-Kreis auf ein verheerendes Hochwasser vorbereitet ist. Dabei spielt eine Sandsackfüllmaschine eine wichtige Rolle.

Seit 8 Uhr morgens geht es an diesem Samstag rund: mehr als 400 Einsatzkräfte aus dem ganzen Rems-Murr-Kreis räumen umgestürzte Bäume von Straßen, retten Menschen aus vom Hochwasser bedrohten Gebäuden, füllen im Akkord Sandsäcke und fahnden mit Rettungshunden nach Vermissten. Die Katastrophenschutzübung, mit der sich der Landkreis auf einen extremen Starkregen und dessen mögliche Folgen vorbereiten will, läuft gut. Nur das Wetter spielt nicht so richtig mit – es herrscht blauer Himmel und Sonnenschein.

 

Im trüben Wasser hilft nur tasten

Jürgen Krauß, der Kreisvorsitzende der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), und seine Leute bleiben aber dennoch nicht trocken. Sie suchen einen Waldweiher bei Sulzbach nach Vermissten ab, denn die Wassermassen haben – so die Vorgabe – die Teilnehmenden eines Zeltlagers überrascht. Zwei Taucher sind im Wasser, ihre Kollegen an Land sind durch jeweils ein langes, gelbes Seil mit ihnen verbunden. Angesichts des trüben Wassers bleibt den Tauchern nur, den Boden Stück für Stück abzutasten. Bei einem kleinen Gewässer lässt sich das machen, bei größeren arbeiten die Retter mit Sonargeräten. Die Unterwasser-Schallsuchgeräte zeigen Erhebungen am Grunde des Gewässers. Die Stellen werden dann mit Bojen markiert und gezielt abgesucht. Am Weiher bleibt die Suche logischerweise ergebnislos. „Wir haben für die Übung niemand versenkt“, scherzt einer der Helfer.

Vermisstensuche mit Drohne und Hunden

Am Waldrand kreist über einer großen Wiese eine schwarze Drohne. Unter ihr, im Gras, sind acht Rettungshunde verschiedener Organisationen aktiv. „Diese Hunde kommen immer dann zum Einsatz, wenn eine Person vermisst wird“, sagt René Wauro, Kreisbrandmeister und Leiter der Stabsstelle für Brand- und Katastrophenschutz. Er erklärt, dass es im Landkreis sowohl Flächensuchhunde als auch Mantrailerhunde gebe. Erstere könnten Flächen von bis zu 30 000 Quadratmetern absuchen und menschlichen Geruch anzeigen, die Mantrailer hingegen nach einer Geruchsprobe einen bestimmten individuellen Geruch verfolgen. Beides müsse aber intensiv geübt werden.

In Murrhardt, nahe des Harbach-Kreisels, befüllen Feuerwehrleute im Akkord Sandsäcke. Bei Hochwasser brauche es diese – und zwar schnell, sagt Stefan Hein, zu dessen Dezernat die Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz gehört: „Das kann man per Hand machen, aber das dauert.“ Daher hat sich der Landkreis im Jahr 2011, nach dem Hochwasser im Raum Backnang, eine Sandsackfüllmaschine geleistet, mit der sich bis zu tausend Säcke pro Stunde befüllen lassen. Insgesamt sollen an diesem Tag 40 Tonnen Sand in Plastiksäcke zu je 20 Kilo verpackt werden.

Sandsäcke werden im Akkord befüllt

Dass die Maschine ausgerechnet in Korb stationiert sei, habe strategische Gründe, sagt Simon Holder, der Pressesprecher der dortigen Feuerwehr: „Korb hat selbst keine großen Gewässer, wir sind bei einem Hochwasser also nicht als Erste betroffen. Außerdem liegen wir recht zentral und sind daher schnell im Rems- oder im Murrtal.“

Ein Lastwagen mit Greifarm kippt den Sand Schaufel für Schaufel in den Trichter der Maschine, um die fünf Helfer an jeweils einer Öffnung stehen und die immer gleichen Handgriffe verrichten: den Sack einspannen, Hebel nach links drehen, Sand einrieseln lassen, bis der Sack zu drei Vierteln befüllt ist. Dann den Hebel nach rechts drehen und den Sack zuschnüren. Dass die Einsatzkräfte aufrecht stehen können, ermögliche ein deutlich ergonomischeres Arbeiten als die Handbefüllung, sagt Simon Holder.

In der Bahnhofstraße Sulzbach herrscht Land unter

Ein Ort, an dem Sandsäcke gebraucht werden, ist Sulzbach. Dort steht die Bahnhofstraße unter Wasser – an diesem Tag gewollt und zu Übungszwecken. Erhard Werthwein von der Feuerwehr erinnert sich noch gut, wie es hier beim letzten Hochwasser 2011 ausgesehen hat. Der Fischbach und die Murr, die hier zusammenfließen und nun gemütlich unter der Brücke hindurchplätschern, waren zu einem reißenden, mehrere Meter hohen Fluss angeschwollen, sodass das Wasser sich bis auf Höhe der Brücke staute. In den vergangenen Jahren habe seine Gemeinde Mauern, Pumpwerke und Dämme gebaut, um sich für ein Jahrhunderthochwasser zu rüsten, sagt der Bürgermeister Dieter Zahn. So sei die Ausgangslage selbst bei einem Hochwasser wie es alle 500 Jahre vorkomme noch besser als beim letzten Mal.

„Das Murr-Hochwasser 2011 und die Ereignisse im Ahrtal zeigen, dass es wichtig ist, vorauszuschauen und sich vorzubereiten“, sagt auch der Landrat Richard Sigel: „Umso wichtiger ist, dass wir uns im Bereich Katastrophenschutz immer besser aufstellen: Von einem kreisweiten Pegelmessnetz zur Hochwasservorhersage über ein flächendeckendes Sirenennetz bis hin zu regelmäßigen Übungen mit allen Beteiligten wie heute.“