Der Wunsch nach einer Reduzierung der 41-Stunden-Woche scheint den Beamten in Baden-Württemberg verwehrt zu bleiben. Der Innenminister lehnt diese ab. Der Beamtenbund ist enttäuscht, sieht aber positive Signale – ausgerechnet bei den Grünen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Mit Unverständnis reagiert der Landesvorsitzende des Beamtenbundes, Kai Rosenberger, auf die Absage des Innenministeriums an eine Arbeitszeitverkürzung für die mehr als 220 000 Landes- und Kommunalbeamten. „Wenn nicht jetzt, wann dann wollen wir von den 41 Wochenstunden wegkommen – in einer Zeit, in der es Baden-Württemberg so gut wie nie geht?“, sagte er unserer Zeitung mit Blick auf den Haushaltsüberschuss von gut zwei Milliarden Euro. Davon müsse der öffentliche Dienst profitieren. „Man darf uns nicht immer nur hinhalten.“

 

Immer öfter höre er aus den Fachgewerkschaften den Wunsch der Mitglieder nach einer geringeren Wochenarbeitszeit. Das Thema Work-Life-Balance, die Ausgeglichenheit von Arbeitszeit und Freizeit, habe „dermaßen Fahrt aufgenommen“. Zuvor hatte die SPD-Fraktion in einem Antrag die Landesregierung aufgefordert, die 40-Stunden-Woche einzuführen. „Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat“, so Fraktionschef Andreas Stoch. „Dazu gehört, unseren Beamten attraktive Arbeitsbedingungen gewährleisten zu können.“ Seit fast 15 Jahren arbeiten die Beamten 41 Stunden, die Tarifbeschäftigten jedoch 39,5 Stunden. Im Wettbewerb um die besten Köpfe sei eine Angleichung unvermeidlich.

Kein „Motivationsschub“ beabsichtigt

Innenminister Thomas Strobl (CDU) ließ eine klare Ablehnung erteilen: „Eine Verringerung der Arbeitszeit für Beamte ist derzeit nicht beabsichtigt“, hieß es – obwohl man darin ein „Signal der Wertschätzung“ und einen „Motivationsschub“ sähe. Die 40-Stunden-Woche wäre aber mit hohem Aufwand verbunden. Errechnet wird – bei einer vollständigen Kompensation der entfallenden Arbeitszeit – ein Bedarf von 1731 Stellen, der zu seiner Haushaltsmehrbelastung von gut 180 Millionen Euro führen würde. Nicht enthalten sind jedoch die Lehrer. Somit könnte „im negativsten Szenario“ ein Mehraufwand von bis zu 427 Millionen Euro entstehen. In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2021 sei eine Vorsorge dafür nicht getroffen worden.

In Bayern läuft es besser für den öffentlichen Dienst

Rosenberger ist auch etwas unglücklich über das taktische Vorgehen der SPD. „Auch bei guten Anträgen tut sich die Landesregierung schwer, wenn sie von der Opposition kommen“, sagt der Landesbund-Chef. „Dann lehnt sie grundsätzlich erst einmal ab.“ Die Erfolgsaussichten würden dadurch eher sinken. Die Verhältnisse seien anders als in Bayern, wo sämtliche Fraktionen einer Besserstellung des öffentlichen Dienstes zugestimmt hätten. „Bei uns werden selbst vernünftige Vorschläge der Opposition ungern angenommen.“

Aufgrund der erwartbaren Reaktion sei der SPD-Antrag somit eher kontraproduktiv. „Das heißt noch lange nicht, dass wir die Hoffnung aufgeben.“ Er sei nicht nur mit den Fachleuten der CDU, sondern auch mit dem Staatsministerium in guten Gesprächen. Es gebe Signale, dass sich die Grünen an dieser Stelle bewegen könnten.

Online-Petition hat die 50 000er-Marke übersprungen

Von 16 Bundesländern haben nur vier die 41-Stunden-Woche – zudem der Bund. Dazu passt, dass noch bis zum Donnerstag eine Online-Petition an den Bundestag läuft – mit dem Ziel, die Arbeitszeit der Bundesbeamten auf die 39 Stunden der Angestellten abzusenken. Das Quorum von 50 000 Unterstützern wurde am Dienstag überschritten, sodass die Chance auf eine Debatte im Petitionsausschuss besteht.

Rosenberger begrüßt die Petition: „Unsere Leute versuchen sich solidarisch zu zeigen.“ Es könne nur nützlich sein, wenn der Bund die Arbeitszeit reduziere. „Je mehr von der 41-Stunden-Woche loskommen, desto größer wird der Druck auf unsere Landesregierung.“ Bei der Petition handelt es sich um eine Privatinitiative. Der Deutsche Beamtenbund unterstützt sie „moralisch“, wie ein Sprecher des Dachverbandes sagte. Ebenso stünden viele Fachgewerkschaften und Mitglieder dahinter. „Die Logik ist in unserem Sinne.“ Wegen einer juristischen Feinheit wird sie nicht offiziell mitgetragen: Die Antragsteller berufen sich nicht, wie es notwendig wäre, auf die Bundesarbeitszeitverordnung.