Mit Zukäufen wollen die Unternehmen aus Baden-Württemberg ihr Angebot abrunden. Die größte Übernahme wagte ein Unternehmen am Bodensee. Wir zeigen die 50 größten Unternehmen in Baden-Württemberg.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

 

Stuttgart - Der größte Sprung wurde am Bodensee gewagt – aber es war kein Sprung ins kalte Wasser, sondern eine wohl kalkulierte Aktion: ZF mit Sitz in Baden-Württemberg, ehemals als Zahnradfabrik Friedrichshafen firmierend, hat im vergangenen Jahr den amerikanischen Autozulieferer TRW übernommen. Mit einem Umsatzplus um 58 Prozent wurde das Unternehmen vom Schwäbischen Meer weltweit einer der größten Autozulieferer, in Deutschland erzielen nur noch Bosch und Continental einen höheren Umsatz. Auch in der Tabelle der Stuttgarter Zeitung mit den 50 größten Unternehmen aus Baden-Württemberg machte ZF einen großen Sprung nach vorne: Von Platz sieben auf den vierten Rang.

Und der Übernahmehunger der „Seehasen“ ist noch nicht gestillt: Mit Knorr-Bremse aus München liefern sie sich ein heftiges Rennen um den schwedischen Lkw-Bremsenhersteller Haldex. ZF selbst hat bisher keine Lkw-Bremsen im Programm – und auch der Drang nach Übernahmen scheint unbegrenzt. Damit es keine Windstille gibt, will das Unternehmen auch sein Geschäft mit Getrieben für Windräder ausbauen – durch den Kauf des Getriebegeschäfts von Bosch Rexroth. Anderswo gilt: Gekauft wird, um die Produktpalette abzurunden oder auszubauen – an Geld scheint es nicht zu mangeln.

Mahle verdrängt Würth

Auch der Stuttgarter Kolbenhersteller Mahle war mit von der Partie, als die Zulieferer zugriffen: Mit der Übernahme des Bereichs Thermotechnik vom US-Zulieferer Delphi machte sich auch Mahle zu neuen Ufern auf. In der StZ-Tabelle gab es dafür aber nur eine Verbesserung um einen Rang – diesen aber lief Mahle immerhin dem stets auf Expansion bedachten weltweit größten Händler für Schrauben und Befestigungstechnik ab: Die Künzelsauer Würth-Gruppe rutschte um einen Platz auf Rang zwölf ab. Auch der Lackieranlagenbauer Dürr schaffte einen großen Sprung nach vorn, allerdings mit einem Zukauf, der wenig mit dem bisherigen Geschäft zu tun hat: Durch die Übernahme von Homag, eines Herstellers von Holzbearbeitungsmaschinen aus dem Schwarzwald, kletterte Dürr von Platz 38 auf Rang 27. Bosch hat seine Erlöse durch den kompletten Erwerb von ZF Lenksysteme und Bosch Siemens Hausegeräte zwar ebenfalls kräftig gesteigert, an der Reihenfolge der drei umsatzstärksten Unternehmen aber änderte dies nichts – zu groß ist der Abstand zu Daimler und der Schwarz-Gruppe.

Bilfinger und Voith verzeichnen Umsatz-Plus

Manche Umsatzsteigerung in der Tabelle indes wirkt positiver als sie ist. So etwa, wenn das Bauunternehmen Bilfinger über einen kleinen Zuwachs berichtet. Die Mannheimer haben nur Zahlen für die Geschäfte angegeben, die fortgesetzt werden sollen – was davon ablenkt, dass sie dieses Jahr immer wieder Teile des Unternehmens verkauft haben. Ähnlich sieht es bei Voith aus: Auch dort ist der Umsatz nach Angaben des Unternehmens leicht gestiegen – rechnet man allerdings die verkauften Bereiche Deutsche Industriewartung (DIW) und Voith Industrial Service heraus, sieht die Sache anders aus – für 2014 nämlich war der Umsatz noch auf fast 5,4 Milliarden Euro beziffert worden.

Neu unter den 50 größten Unternehmen im Südwesten ist Fuchs Petrolub aus Mannheim – die Geschäfte des Schmierstoffherstellers laufen wie geschmiert. Abgestiegen ist dagegen Alstom Deutschland. Das Unternehmen ist inzwischen aufgeteilt, einen Teil hat der US-Konzern General Electric übernommen.

Die Konjunktur im Südwesten ist gut

Nicht nur ihren Umsatz, auch die Zahl der Beschäftigten haben die meisten Unternehmen erhöht – und das nicht nur durch Zukäufe, sondern auch weil die Konjunktur gut läuft. Dies dürfte sich nach Meinung von Andreas Richter, dem Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Stuttgart (IHK), auf absehbare Zeit auch nicht ändern. Richter jedenfalls sieht nach dem, was er aus den Unternehmen hört, lediglich ganz kleine Wölkchen am Himmel. Allenfalls einen leichten Rückgang der Nachfrage im Inland betrachten Firmen als mögliches Risiko – und natürlich den Mangel an Fachkräften.

Unsere interaktive Grafik

Unsere interaktive Grafik zeigt, wo die 50 größten Unternehmen im Land zu finden sind. Ein Klick auf das jeweilige Kreissymbol öffnet ein Infofenster mit genaueren Angaben zu Mitarbeitern, Umsatz und der Platzierung im Vorjahr. Wenn Sie den Mauszeiger über das Symbol bewegen, öffnet sich das jeweilige Firmenlogo (diese Funktion steht bei Handys und Tablets nicht zur Verfügung). Die Einfärbung der Karte zeigt zudem, wie viele Industriebeschäftigte in einem Land- oder Stadtkreis arbeiten - dort, wo die 50 Größten sind, gibt es in der Regel auch besonders viele Industriebeschäftigte. Auch hier erscheinen durch das Darüberbewegen des Mauszeigers beziehungsweise ein Klick auf die Fläche weitere Informationen. Die zugrundeliegenden Daten stammen vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, das zur Industrie das Verarbeitende Gewerbe und den Bereich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden zählt. Gezählt werden nur Betriebe mit mindestens 20 Mitarbeitern.

Die Quellen dieser interaktiven Grafik waren das statistische Landesamt und eigene Recherchen.