Im vergangenen Jahr sind die größten Unternehmen in Baden Württemberg teilweise deutlich gewachsen. Bisher halten sie auch an den Prognosen fürs laufende Jahr fest. Doch die Dynamik hat merklich nachgelassen, hat eine Umfrage ergeben.

Stuttgart - Noch im Frühsommer war für die Wirtschaft im Südwesten die Welt in Ordnung. Viele Unternehmen hatten ein erfolgreiches Jahr 2013 hinter sich, was sich auch in der StZ-Rangliste mit teilweise deutlichen Zuwächsen bei Umsatz und Beschäftigung widerspiegelt. Und der Schwung, mit dem die Konzerne ins neue Jahr gestartet waren, hielt bis zum Frühsommer an. Die Dynamik in Schwellenländern wie China sorgte für fröhliche Managermienen, die US-Konjunktur hatte sich merklich belebt. Selbst krisengeschüttelte Euroländer zeigten wieder „Lebenszeichen“ zeigen, wie die Industrie-und Handelskammer der Region Stuttgart im Mai in ihrem Konjunkturbericht schrieb.

 

Doch jetzt, wenige Monate später, hat sich die Stimmung merklich eingetrübt. Wirtschaftsforscher vom ZEW in Mannheim „befürchten, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland 2014 weniger stark ausfallen wird, als bislang erwartet“, steht im aktuellen Finanzmarktreport. Die Konjunktur in wichtigen Euroländern wie Italien und Frankreich, so erläutern die Wissenschaftler, nehme doch nicht so recht Fahrt auf. Hinzu kommen die geopolitischen Spannungen – die Konflikte in Russland und der Ukraine sowie im Nahen Osten –, die „spürbare Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben“. Betroffen seien vor allem exportorientierte Branchen wie die Fahrzeugindustrie und der Maschinenbau, sagt Jan Hogrefe vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. So sind die Exporte aus dem Südwesten nach Russland im ersten Halbjahr wertmäßig um 16 Prozent gesunken, hat das Statische Landesamt ausgerechnet.

Keine Frage, die die konjunkturellen Perspektiven sind derzeit eher unklar. Ein Sprecher der IHK Stuttgart nimmt gar das Wort „Kaffeesatzleserei“ in den Mund. „Ende Oktober werden wir erneut eine Aussage zur Konjunkturentwicklung auf einer dann vollständigeren Datenbasis machen können“, sagt Carmina Brenner, die Präsidentin des Statistischen Landesamtes. Die IHK Stuttgart fragt im September bei ihren Mitgliedern nach, vertröstet ein Sprecher. Und der Maschinenbau in Baden-Württemberg hat erstmals im Juni geschwächelt. War dies nur eine Verschnaufpause oder schon der Vorbote für einen Abschwung? Viele Aufträge seien verhandelt, aber nicht freigegeben, sagt Dietrich Birk, Geschäftsführer des VDMA in Baden-Württemberg. Der VDMA hat für Deutschland seine Umsatzziele 2014 kassiert, in Stuttgart wartet man ab.

Und wie beurteilen die Unternehmen im Land die Aussichten?

Der Aufschwung der internationalen Automobilmärkte ist nach wie robust, sagt ein Daimler-Sprecher. Für den Pkw-Weltmarkt werde 2014 ein weiteres Rekordjahr erwartet – trotz schwierigen Umfelds in vielen Schwellenländern und der schwachen Konjunktur in der Eurozone. Deutlich stärker schlage sich die konjunkturelle Schwäche dagegen bei den Nutzfahrzeugen nieder. Daimler hält an seiner Prognose fest. „Im Frühjahr habe ich für 2014 ein Umsatzwachstum für die Bosch-Gruppe zwischen drei und fünf Prozent prognostiziert. Jetzt gehe ich davon aus, dass der Zuwachs eher an der Obergrenze liegen wird, vorausgesetzt, das Wachstum geht in der zweiten Jahreshälfte so weiter“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner Ende Juni im StZ-Interview. Dieser Satz gelte weiterhin, sagt ein Sprecher. Erst auf der Nutzfahrzeug-Messe IAA im September soll es Neues geben. Aber: In Russland sei wegen der politischen Lage mit einer generellen Eintrübung des Geschäftsklimas zu rechnen; dort rechnet der Zulieferer mit einem Nachfragerückgang. 700 Millionen Euro hat Bosch 2013 in Russland umgesetzt, das sind nur 1,5 Prozent des Konzernumsatzes.

Der Laserhersteller Trumpf in Ditzingen gibt sich gelassen. Eine zunehmende konjunkturelle Verunsicherung sei nicht zu spüren, sagt ein Sprecher. Und fügt hinzu: Schwierig sei die Lage derzeit aber in Brasilien und Russland, was sich „in stagnierenden Auftragseingängen und Umsätzen auswirkt“. Der Maschinenbauer Voith in Heidenheim rechnet mit „Bremsspuren“. ABB, Anbieter von Kraftwerken, spricht nebulös von einem „volatilen Marktumfeld“. Und der Optikkonzern Zeiss in Oberkochen erwartet weniger Wachstumsimpulse, auch wegen der nachlassenden Dynamik in den Schwellenländern und der belastenden Wechselkursentwicklungen. Nur die Geschäfte des Mischkonzerns Freudenberg in Weinheim liegen „absolut im Plan“. Auch der Schraubenhändler Würth bleibt bei der Prognose.

Und so bleibt die Spannung, mit welchen Zahlen sich die Unternehmen im nächsten Jahr präsentieren werden, bestehen. Unverkennbar ist, dass die Verunsicherung gestiegen ist. Es gibt indes auch andere Regionen, in denen die Geschäfte gut laufen. Die USA gehören dazu. Doch auch im nächsten Jahr ist kaum Bewegung auf den Spitzenplätzen der StZ-Tabelle zu erwarten. Wer die aktuelle Liste zur Hand nimmt, dem fällt ZF Lenksysteme auf, die in der StZ-Tabelle aus dem Stand auf Platz 24 gelandet sind. Die Tochter von Bosch und ZF wurde im vergangenen Jahr nicht übersehen. Vielmehr war sie in den Zahlen der Mütter enthalten. Doch die neuen Vorschriften zur Rechnungslegung verbieten das nun. Nicht nur Bosch und ZF, die den Umsatz auch für 2012 entsprechend angepasst haben, sind betroffen, sondern auch Freudenberg. Auffallend ist zudem, dass einige Unternehmen – wie Mahle – besonders kräftig gewachsen sind. Der Kolbenhersteller hat das nicht aus eigener Kraft geschafft, sondern Kühler-Behr übernommen.

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